
Vor dem Beginn jeder Mission, die ihr im Hauptquartier der X-Men auswählt, müsst ihr euch ein Team aus vier X-Men zusammenstellen. Das sich ein solches Konzept hervorragend für einen Multiplayer-Modus eignet sollte jedem einigermaßen erfahrenen Videospieler logisch erscheinen. Und so kann man mit bis zu 3 Freunden den Kampf gegen die Gegnermassen aufnehmen. Wer jetzt allerdings glaubt er käme damit leichter durch den Storymodus, der wird schnell sein blaues Wunder erleben, denn: Je mehr menschliche Mitstreiter desto höher der Schwierigkeitsgrad.

Das hauptsächliche Problem bei einem Genre-Mix wie X-Men Legends ist, dass meist eines der Genres zu kurz kommt. Und so verhält es sich auch mit diesem Spiel. Action bietet das Game reichlich, so strömen euch die Gegner meist zu dritt oder zu viert entgegen und es gilt diese dann durch unterschiedliche Schlagkombos auszuschalten. Leider beschränkt sich das trotz der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten mit dem Analogstick lediglich auf zwei Buttons. Das mag beim GameCube-Controller noch logisch erscheinen, sind hier der A- und der B-Button die einzigen wirklichen Action-Tasten. Da es sich bei dem Spiel aber um einen Multiplattformtitel handelt, der somit auch auf PlayStation2 und Xbox erscheint, verwundert es schon etwas, dass man nicht noch zwei weitere Buttons mit in das Kampfsystem eingebunden hat. Nichts desto trotz bietet X-Men Legends ein breites Spektrum von Schlag-, Tritt- und Sprungangriffkombos. Da das Spiel und die Anleitung den Spieler aber diesbezüglich ziemlich allein lassen, heißt es „selbst ausprobieren“.

Leider kommt der Rollenspielanteil bei der ganzen Action doch etwas zu kurz. So beschränkten sich die Entwickler lediglich auf die Möglichkeit die Fähigkeiten der einzelnen X-Men weiter zu verbessern und sich das Team selbst zusammenstellen zu können. Die Levels sind äußerst linear strukturiert und auch Personen, mit denen man sprechen kann und die somit die Geschichte weiter vorantreiben, sucht man leider vergebens. Wer ein reines Rollenspiel haben möchte sollte sich lieber das kürzlich erschienene Tales of Symphonia anschauen.
Für Fans bietet X-Men Legends einige kleine Extras. So kann man sich kurze Filmchen oder auch Comics aus alten Zeiten anschauen. Diese gilt es natürlich erst einmal freizuschalten. Somit ist selbst für Spieler, denen das Game zu leicht ist, die Langzeitmotivation garantiert.

X-Men Legends bietet einen sehr interessanten Grafik-Mix. So sind die Umgebungen im Spiel streng realistisch gehalten, während die Charaktere allesamt im sehr umstrittenen Cell Shading Look daherkommen. Da man das Spiel aber aus der Vogelperspektive steuert gehen viele Grafikdetails verloren. Hinzukommt noch, dass auch X-Men Legends mit dem Standartproblem von Multiplattformtiteln auf dem GameCube zu kämpfen hat: So erscheint das komplette Bild leider etwas verwaschen und ungenau. Warum manche Third-Party Entwickler das Problem im Gegensatz zu Nintendo selbst noch immer nicht in den Griff bekommen haben, ist mir schleierhaft. Unabhängig davon ist die Grafik von X-Men Legends sehr harmonisch und solide und fügt sich hervorragend ins X-Men Universum ein.
Wer beim Sound von X-Men Legends ein akustisches Feuerwerk à la Halo oder Shenmue erwartet, den muss ich hiermit enttäuschen. So bietet das Spiel zwar eine einwandfreie Sprachausgabe, die nach belieben auch mit deutschen Untertiteln unterlegt werden kann, famose Sounds finden sich leider keine. Auch die musikalische Untermalung ist eher durchschnittlich. Ebenso wurde der angeblich im Spiel vorhandene Dolby Pro Logic 2 Sound nicht konsequent genug umgesetzt. Hier hätte man weitaus mehr leisten können.

Die Steuerung des Titels erweist sich als ebenso simpel wie praktisch. Ihr steuert euren X-Man mit dem Analogstick, mit A und B greift ihr die Gegner an. Unter Verwendung des X-Buttons aktiviert ihr situationsabhängige Aktionen, wie das Aufheben von Gegenständen oder das Benutzen von Speicherpunkten. Der Y-Knopf lässt euren X-Man springen. Gelegentlich empfiehlt es sich eines der im Spiel genügend vorhandenen Medipacks zu sich nehmen. Diese verwendet ihr mit Hilfe des Z-Knopfes. Etwas frustriert hat mich allerdings die manuelle Justierung der Kamera, da diese sehr steif geraten ist. Zwar setzt die automatische Kamera das Spielgeschehen meist perfekt in Szene, hin und wieder muss man aber auch schon einmal selbst Hand anlegen.
Die Jungs und Mädels von Raven Software haben sich bei X-Men Legends wirklich Mühe gegeben und sich Gedanken gemacht. Etwas, was man bei Filmumsetzungen leider nur sehr selten erlebt. Das Kampfsystem ist umfangreich, die Rollenspielaspekte wurden konsequent, wenn auch etwas zu selten, ins Spiel eingebaut, die Sprachausgabe ist in Ordnung, die Grafik hat ihren ganz eigenen Charme auf Grund der Mischung mit der Cell Shading Optik… Zusammengefasst kann man sagen, das X-Men Legends überraschenderweise ein wirklich ein gutes Spiel geworden ist. Zwar flattert damit noch lange kein Toptitel in die Händlerregale, X-Men Fans können aber bedenkenlos zuschlagen, zumal der Umfang des Spiels, nicht zu letzt wegen der vielen freispielbaren Extras, ebenfalls in Ordnung geht. Spieler, die vorher noch nie mit den X-Men in Kontakt gekommen sind sollten sich den Titel lieber erst etwas genauer ansehen, bevor sie dafür 60€ auf die Ladentheke legen.