NIER im Test

Xbox 360XboxPlayStation3
Wir schreiben das Jahr 2010. Die Spielergemeinde hat sich mittlerweile von Square-Enix’ dreizehnte Final Fantasy Episode erholt und schreit nach neuem Spielefutter. Tja, der beliebte japanische Entwickler hätte da noch etwas in der Hinterhand, nämlich das Action-Adventure NIER. Leicht und verdaulich, genau das richtige nach einem „final-fantastischen“ Rollenspiel-Mammut. Doch macht der Titel auch satt oder ist er nur ein Übergangs-Häppchen für den diesjährigen Frühlingsendspurt vor dem Sommerloch?

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Um nicht für Verwirrung zu sorgen, eins vorneweg. Ja, es gibt zwei verschiedene Versionen von Nier. In Japan erschien der Titel für die Xbox 360 unter dem Namen Nier Gestalt, für die PlayStation 3 wieder rum als Nier Replicant. Der Unterschied zwischen den beiden Fassungen ist das Alter des Hauptprotagonisten Nier und seine Beziehung zu dem Mädchen Yonah. Während in Replicant unser Held jung und knackisch ist und sich um seine Schwester kümmert, handelt es sich bei Gestalt um einen alten, faltigen Vater, welcher sich um seine Tochter sorgt. US-Zocker und wir Europäer bekamen allerdings nur eine Version des Spiels, nämlich Gestalt, und somit den simplen Titel Nier. Egal, ob junger oder alter Hauptcharakter, die Geschichte ist dieselbe: Eine vor dem Zerfall stehenden Welt wird von allerlei Monstern und Krankheiten heimgesucht. Von letzterem, auch bekannt unter dem Namen Runenpest, ist leider eure geliebte Tochter Yonah befallen. Gemeinsam mit einem sprechenden und sarkastischen Buch namens Grimoire Weiss und der streitsüchtigen Kämpferin Kaine macht sich unser Held Nier auf der Suche nach einem Gegenmittel für Yonah’s Krankheit. Doch schnell erkennt Nier eine größere Gefahr und mutiert zum Weltretter. Klingt nach typischer Action-Adventure-Kost, doch gerade durch die Charaktere wird die Geschichte in einem unerwarteten Licht dargestellt. Die fiesen und messerscharfen Kommentare des schwebenden Buches lockern das düstere Ambiente des zerfallenen Planeten auf, so dass man die dennoch sehr packende Geschichte nicht zu ernst nimmt. Die immer-pöbelnde Kaine setzt allerdings noch einen drauf und verwendet einen immens großen Wortschatz an bösen „Pfui“-Wörtern, um dem untypischen Fantasy-Flair den letzten Schliff zu verpassen. Dies ist auf dem ersten Blick völlig unerwartet und motiviert neben der spannenden und dramatischen Storyline zum Weiterspielen.

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Natürlich wird die Welt nicht kampflos vor dem Untergang bewahrt. Hack’n’Slay typisch wird per Button-Smashing allerlei Getier und Ungeheuer erledigt, mit Magie sogar etwas spektakulärer. Hier kommt wieder das sprechende Buch zum Einsatz, welches euch schwebend mit diversen Zauber zur Seite „steht“. So schießen riesige Magiepfeile oder auch Fäuste aus den Buchseiten, um die Weltkarte für die Nachwelt sicherer zu gestalten. Wer nicht auf Blocken und Ausweichen per Seitensprung verzichten will, hat leider nur zwei Tasten frei für Zauber. Diese müssen nämlich mit Hilfe des Magie-Menüs konfiguriert werden. Glücklicherweise gibt es eine Schnellwahl-Taste für dieses Menü, doch nervig ist es trotzdem. Auf ein klein wenig Rollenspielelemente wollte Square-Enix wohl doch nicht verzichten und verpasst dem Spiel noch ein Level-Up-System. Nach jedem erlegten Gegner erhält der Spieler Erfahrungspunkte, mit denen Nier schließlich um eine Stufe aufsteigt und eine größere Gesundheits- und Magieleiste spendiert bekommt. Nebenbei lassen sich auch diverse Mordinstrumente, hauptsächlich Schwertwaffen, sowie auch Zaubersprüche, je zwei mal durch sogenannte „Wörter“ verbessern. Diese sorgen bei manchen Gegnertypen für Vorteile, doch um für jeden Widersacher die passende Waffe zu haben, muss ständig im Arsenal hin und hergeschaltet werden, was sich wohl niemand während des rund 20 stündigen Abenteuers über sich ergehen lassen wird. Natürlich gibt es auch einige Ruinen und Höhlen zu erforschen, an deren Ende meist ein fetter Endgegner aufwartet. Hier zeigen sich immer öfter Parallelen zu einem grün gekleideten Abenteurer aus dem Hause Nintendo. Es werden Schlüssel und Karten gesammelt, sowie kleinere Rätsel gelöst, die allerdings nicht viel Hirnschmalz benötigen. Richtig hervorstechend sind dabei die Kameraperspektiven, mit denen die Entwickler wohl viel gespielt haben. So werden manche Räume aus einer festplatzierten Vogelperspektive, wie zu alten und jetzt auch neuen Zeiten des besagten Grünlings, gezeigt, sowie auch Plattform-mäßig in 2D. Bei letzterem nagt allerdings die Genre-typische ungenaue Steuerung, wodurch die Sprungpassagen nur sehr träge ausfallen. Auch ist die Kamera nicht immer perfekt justiert, so dass oft ins Leere geschlagen wird. Doch wer durchhält wird mit vielen langatmigen und abwechslungsreichen Boss-Kämpfen belohnt. Diese füllen oftmals den gesamten Bildschirm aus und sind nur mit Taktik zu erledigen. Hier sind sogar einige kleine Parallelen zu diversen Oldschool-Shootern wie Contra bzw. Probotector, aber auch Metal Slug zu erkennen. So wird unser Alter-Ego mit einem regelrechten Salvenregen belagert, aus dem ausgewichen und dennoch angegriffen werden muss. Diese kleinen Retro-Einlagen machen Spaß, zaubern ein kleines Lächeln ins Gesicht und bringen vor allem Abwechslung in das simple Dauergemetzel.

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Apropos Abwechslung. Für diese sorgen die zahlreichen Nebenaufgaben leider nicht. Oft müssen nur bestimmte Gegnertypen oder bestimmte Gegenstände eingesammelt und zurück gebracht werden. Doch wird auch das natürlich mit Geld und ein paar Gegenständen belohnt. Zudem ist es dank mangelndem Questlog schwer die Übersicht zu behalten. An wen muss noch gleich das Schafsfleisch? Interessanter ist da das Angeln oder das Gärtnern. Das bringt zwar, bis auf ein wenig Kleingeld nichts, doch auch ein Held möchte sich mal entspannen. Das lässt sich auch in den weitläufigen Aussenarealen, in denen es außer Monster leider nichts zu sehen gibt. Da wirken die wenigen kleinen Dörfer mit ihren unterhaltungsfreudigen NPC’s viel lebendiger.

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Grafisch holt das Spiel einiges aus der LastGen-Konsole raus. Oh, Moment. Sind wir etwa schon in der NextGen-Zeit? Das hat Square-Enix wohl verschlafen, denn sonderlich prachtvoll sieht Nier nicht aus. Die Spielwelt wirkt etwas öde und auch texturarm, trotz der gut animierten Charaktere. Wo Nier richtig punkten kann, ist beim Charakterdesign. Angefangen natürlich bei einem sprechenden Buch bis hin zu den spektakulären Boss-Gegnern, die verrückter nicht sein können. Vor allem die Kämpfe gegen diverse Endgegner hauen Nier technisch noch mal raus, denn diese machen nicht nur spielerisch Spaß, sondern sind auch hervorragend insziniert, wie der Rest der vielen Zwischensequenzen. Denn durch diese wird die packende Storyline so richtig emotional und lässt den Spieler bis zum Ende mitfiebern. Zur Atmosphäre trägt natürlich auch der Soundtrack bei, der japan-typisch sehr packend, Ohwurm-lastig und zugleich nervig ist. Viele verschiedene Songs gibt es nämlich nicht, so dass dem Spieler während des langen Abenteuers die Musikstücke irgendwann aus den Ohren hängen. Hervorragend ist die, glücklicherweise, englische Sprachausgabe. Die Stimmen der Heldengruppe könnten besser nicht sein und hätte mit großer Wahrscheinlichkeit einen saftigen Minuspunkt bekommen, wenn man sie lokalisiert hätte. Dementsprechend gibt es für Leute, die dem Englischen nicht mächtig genug sind, deutsche Untertitel, durch die man sich ohnehin oft und lang klicken muss. Viele Passagen wurden nämlich nicht vertont, so dass man sich häufiger vor vielen Textblöcken wieder findet. Auch hier merkt man Nier sein Ursprungsland an. Wer mit dem japanischen Stil nichts anfangen kann, sollte sich ohnehin überlegen, ob das Spiel seinen Preis wert ist.

Harry meint:

Harry

Square-Enix' Action-Adventure NIER macht viel richtig und kann somit geschickt von den schlechten Seiten ablenken. Die altbackende Grafik kontere ich mit einer hervorragenden und emotionalen Storyline mit verückten Hauptprotagonisten, das auf Dauer sehr simple Kampfsystem wird mit den spaßigen Retro-Einlagen per 2D-Kamerafahrt und herausfordernden Boss-Gegnern geblockt, die miese Quantität der Musikstücke mit deren atmosphärischen Qualität überspielt. Heraus kommt eine typisch japanische Metzel-Orgie, die nicht nur Hack'n'Slay Fans, sondern auch Anhänger der Zelda-Reihe ansprechen sollte. Leider steht der Titel momentan in Konkurrenz mit God of War 3 und Darksiders, doch sollte NIER deshalb nicht in Vergessenheit geraten. Die einzigartigen Charaktere, das Gegner-Design und das Story-Telling sind es allemal wert.

Positiv

  • Spannende und emotionale Story
  • Hervorragendes Charakterdesign
  • Spaßige Boss-Kämpfe

Negativ

  • Altbackene Technik
  • Leider nicht komplett vertont
  • Halbherzig umgesetzte Sidequests
Userwertung
9 1 Stimmen
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Forum
  • von Lavos:

    Ich habe die Fischerquest zu Ende gemacht. Aber auch nur, weil ich im Internet gespickt habe. Wenn ich selbst rausfinden müsste, wo man die Fische mit welchem Köder fängt, würde ich Monate dafür brauchen. Am Ende gab es dafür als Belohnung auch nur etwas Geld. Wenn das Verarsche war, dann war...

  • von Pandemonium:

    Konatas_Diener schrieb: Ich könnte hier ewig weiter machen xD Gerne bis zum Release des Remakes Ich freue so darauf, das nochmal zu spielen, inkl. aller Sidequests. Ich werde es wieder sooo genießen ...

  • von Konatas_Diener:

    @Drakengard 3 Final Boss: Das mit der Kamera ist ein Trick. Augen schließen, dann gehts relativ gut... Genau so ist es nämlich gedacht. Statt auf visuelles Feedback zu setzen, sollte man seinen Ohren Vertrauen. Gibt ein Tutorial dazu auf Youtube. Ich persönlich habe diesen FUCK-Up genossen....

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NIER Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl -
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit TBA
Vermarkter SquareEnix
Wertung 8.2
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neXGam YouTube Channel
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