
Ihr steht in Kanada in einer gefüllten Arena von Pixelpublikum, das euch mit seinen Zweiphasenanimationen anjubelt. Von Weitem erkennt ihr die Flagge eures Vaterlandes. Jetzt steht die Disziplin Diskuswerfen an. Hauptkonkurrent Belgien hat gerade mit 76.12 Meter die Führung übernommen. Jetzt liegt es an euch für Deutschland zu siegen. Also eben die Anleitung lesen: ’’Schüttele das Nunchuk in einer Kreisbewegung, um Kraft aufzubauen. Drücke den B-Knopf, um die Winkelanzeige zu aktivieren, wenn du die richtige Wurfposition erreicht hast, halte den A-Knopf gedrückt und bewege die Wii-Fernbedienung zum Werfen schnell nach oben, wenn du denn gewünschten Winkel erreicht hast.’’ Gesagt, getan! Der erste Wurf war ein Fehlstart, weil der Diskus nicht in der markierten Zone gelandet ist. zweiter Versuch. Mist, der Winkel war zu hoch. Jetzt steht der Schweiß auf jedermanns Stirn und tröpfelt so langsam gen Boden. Es herrscht Stille in der kanadischen Arena. Ihr macht euch bereit zum Wurf. Verdreht euren Nunchuk so, dass ihr vor lauter Kabelsalat nicht mehr wisst, wo vorne und hinten ist, der B-Knopf wird verkrampft gedrückt, um die Winkelanzeige zu aktivieren. Winkel und Geschwindigkeit stimmen. Also nur noch den A-Knopf drücken und mit einer Vorwärtsbewegung das Ding in die Umlaufbahn schicken. Was passiert? Ihr werdet disqualifiziert wegen Überschreitung der Bodenmarkierung.

Dieses Phänomen werdet ihr bei International Athletics oft vorfinden, denn hier zeigt sich der Zehnkampf von seiner rauen Seite, sprich gute Steuerungserkennung aber extrem komplizierte Eingabevorschriften. Der Hochsprung ist hier das beste Beispiel. Ich zitiere hier nochmals die allwissende Gebrauchsanweisung: ’’Schüttel abwechselnd die Wii-Fernbedienung und das Nunchuk im Rhythmus, wenn die herabfallenden Symbole die Zielbereiche durchqueren, um deinen Athleten laufen zu lassen. Halte vor der Absprunglinie den A-Knopf gedrückt, um die Winkelanzeige zu aktivieren. Lass den A-Knopf los, wenn du den richtigen Winkel erreicht hast. Drücke den B-Knopf, um den richtigen Biegungswinkel festzulegen.’’ Bei so einer vollgestopften Ausführung ist es für jeden Wii-Besitzer doch einfacher, eben draußen auf den Sportplatz zu gehen, um einen neuen Weltrekord aufzustellen. Aber es gibt auch einige leichtere Disziplinen wo einfaches Schütteln der Eingabegeräte ausreicht. Diese verkommen dann aber schnell zu einer Phase der Langeweile!

Die Entwickler versuchen mit ihrem Produkt euch den Zehnkampf in Sachen wie Atmosphäre, Spannung und Sportgeist näher zu bringen, aber keiner dieser Punkte kann wirklich erreicht werden. Die allgemeine Stimmung im Stadion mit den billigen Soundsamples des Publikums, die lieblose Gestaltung der Arenen und die detailarme Modellierung der Polygonathleten zeugen nicht wirklich von Realismus. Generell gilt bei jedem Sportler, dass dieser aus einer Klonfabrik stammt, wo auch die alte Republik im Star Wars-Universum ihre Soldaten einkauft. Die Klonsportler wurden wohl frühzeitig aus ihren Brutzellen entfernt, denn Lauf oder Werfanimationen kommen einem TV-Vorbild nicht mal ansatzweise nahe. Abgerundet wird das alles von einer grafischen Präsentation, die sogar einer Playstation 2 unwürdig wäre. Hier möchte ich ein Beispiel aus dem Weitsprung nehmen. Der Sandkasten, in dem alle Sportler früher oder später landen werden, besteht aus einer massiven Bodentextur, die einem Betonklotz ähnelt.

Springen die Athleten in ihn rein, wirbelt kein Sand auf und Auswölbungen auf dem Boden sucht ihr vergebens. Da macht es auch gleich Sinn einen Mitarbeiter den Auftrag zu geben, den Betonklotz mittels Hacke wieder zu begradigen. Und der Spielinhalt? Schnelle Disziplinen, neuer Zehnkampf, neues Turnier und ein Mehrspielermodus sind vorhanden. Seid ihr nach ein paar Sportaktivitäten auf Platz eins und die Show ist vorbei, bekommt ihr eine Medaille- bzw. Trophäe überreicht, die ihr in der Preisgalerie bestaunen könnt. Das war es auch schon! Spaß kommt bei den Mehrspielerpartien nur bedingt auf, denn mehr als zwei Spieler an einer Konsole erkennt das Game nicht. Hier ging den Entwicklern wohl frühzeitig das Geld aus!
Sport kann Spaß machen, wenn man ihn selbst betreibt oder im Fernsehen anschaut. Aber bei International Athlectics will der Funke irgendwie nicht überspringen. Somit ein einfaches Fazit: Für Casualspieler zu schwer und für Hardcorefans zu langweilig!