
Womit wir den größten Unterschied zwischen den Guiar Hero-Vorgängern und World Tour natürlich auch direkt angesprochen haben. Anstatt nur noch mit der Gitarre um den Hals vor dem Fernseher abzurocken, können nun bis zu vier Spieler gleichzeitig rockige Töne aus dem Zubehör quetschen. Wie bei Rock Band verteilen sich die Rollen auf die Lead Gitarre, die Bass Gitarre, das Schlagzeug und das Mikrofon für den Sänger. Wer nicht in einer großen WG wohnt kann natürlich auch im Singleplayer jederzeit nur eines der Instrumente spielen oder einfach Xbox Live erkunden und als Solokünstler gegen andere Spieler weltweit antreten – oder euch mit Freunden online zur ultimativen Superband zusammenschließen. Das großartige Gefühl, welches man mit einem Freund bei vorigen Guitar Hero-Titeln als Gitarre / Bass-Duo bereits hatte, wird also einen großen Schritt weitergetragen. Wenn vier Erwachsene Männer im Wohnzimmer vor dem Fernseher so richtig die Sau raus lassen, es bestialisch nach Schweiss stinkt und einer von euch mit seiner tiefen Stimme eine ganz fürchterliche Interpretation von Bon Jovi's Livin' on a Prayer abliefert, habt ihr den Sinn des Spiels verstanden. Viel besser kann es nicht mehr werden...


Das größte neue “spielerische Feature” von Guitar Hero World Tour ist das Musikstudio. Hier können Hobbymusiker ihre eigenen Lieder einspielen, sie anschließend bearbeiten und bei Gefallen auch mit der Online Community teilen. Im gleichen Zuge können natürlich auch Kreationen anderer Spieler via Xbox Live heruntergeladen werden. Insofern ihr die Zeit und Geduld habt, die sehr umfangreichen Tutorials zu diesem neuen Modus durch zu arbeiten, erwarten euch erstaunlich gute Resultate. Bevor es soweit ist muss aber wirklich extrem viel Zeit investiert werden, vor allem wenn ihr vorher nie ein echtes Instrument gespielt habt. Die größte Enttäuschung in diesem Zusammenhang ist sicherlich, dass es im Musikstudio nicht möglich ist, Vocals einzusingen oder Texte hinzuzufügen, so dass ein gewisserer bitterer Nachgeschmack bleibt – denn im Endeffekt klingen zuviele Songs wie die Millionen von durchschnittlichen MIDI Datein im Netz...
Selbstverständlich verfügt auch Guitar Hero World Tour über einen Karrieremodus, doch dieser gestaltet sich anders als bislang bekannt, denn nun werden festgelegte Setlists gespielt. Ihr habt zwar eine kleine Auswahl im Sinne von “Welches Set spiele ich als nächstes?”, doch eine eigene Zusammenstellung ist in der Karriere nicht möglich. Das heisst auch, dass dieser Modus für die schnelle Rockeinlage zwischendurch nicht im geringsten geeignet ist, denn mit den Sets seit ihr immer eine Weile beschäftigt, bevor ihr das Instrument wieder alleine lassen könnt.

Wie gehabt ist es euch möglich, einen eigenen Rocker zu erstellen, eigene Instrumente zu basteln und auch bekannte Künstler wie Jimi Hendrix, Sting oder Ozzy Osbourne sind im Spiel mit dabei. Über 80 Songs (alles Master Tracks) haben es auf die Guitar Hero World Tour-Disc geschafft, die sämtliche Genres abdecken und einen guten Mix darstellen. Bekannte Künstler und Bands wie The Eagles, Metallica, Michael Jackson, Van Halen, Lenny Kravitz, Sting, Oasis, No Doubt, Nirvana, Coldplay, The Doors, Korn, Foo Fighters u.v.m. sind im Spiel vertreten, so dass wirklich für jeden Geschmack ein paar Songs dabei sein sollten. Nachdem vorige Guiar Hero- und Rock Band-Episoden die ganze Microtransaction-Geschichte erst richtig ans Laufen gebracht und bei den Machern für Einnahmen in ungeahnter Höhe sorgten, umfasst natürlich auch World Tour einen Shop, in dem ihr euch neue Songs kaufen und herunterladen könnt. Jede Woche erscheinen neue Tracks, die die World Tour Track List weiter wachsen lassen. Sehr schade ist an dieser Stelle, dass abgesehen vom neuen Metallica Album keine DLC Tracks von Guitar Hero 3 kompatibel zu World Tour sind... hier hat Electronic Arts mit Rock Band 2 deutlich bessere Arbeit geleistet!


Während all diese Elemente durchaus positiv sind, gibt es auch weniger brauchbare Neuerungen. Als Drummer aktiviert ihr die Starpower, indem ihr beide Cymbals gleichzeitig schlagt. Theoretisch ist dies nicht sonderlich komplex, doch in der Praxis sieht das anders aus, insofern ihr dabei nicht komplett den Rhytmus verlieren wollt. Hier muss wirklich hart geübt werden, bei Rock Band ist das deutlich besser gelöst. An den Gitarren wurde eine neue Berührungssensitive Fläche unterhalb der normalen Fret Buttons angebracht, über die ihr mit euren Fingern “sliden” könnt. Dafür werden neue Noten im Spiel angezeigt, die mit einer violetten Linie verbunden sind. Coole Idee, doch leider resultiert das Benutzen dieser Fläche meist in nicht getroffenen Noten, denn entweder reagiert die Software nicht korrekt oder ihr habt Schwierigkeiten damit, schnell von den Fret Buttons runter und wieder rauf zu kommen, wodurch Punkte verloren und Combos unterbrochen werden.
Guitar Hero World Tour ist ohne jeden Zweifel ein großer Schritt vorwärts für die Reihe. Es macht unheimlichen Spaß, mit Freunden vor dem Bildschirm oder zusammen über Xbox Live abzurocken und dank dem guten Mix in der umfangreichen Tracklist ist Langeweile quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Das Musikstudio ist eine sehr interessante Idee, für Laien aber viel zu komplex und umfangreich. Auch wenn Guitar Hero World Tour ein tolles Spiel ist bietet es nichts Weltbewegendes, was Rock Band und Rock Band 2 nicht schon mit sich gebracht haben. Kleinere Gameplayschnitzer und die mangelhafte Verarbeitung der Instrumente hinterlassen einen gewissen bitteren Nachgeschmack.