
Zunächst einmal ist gerade bei Games mit beigelegter Hardware natürlich das Auspacken schon eine wahre Freude. Statt nur die durchsichtige Klarsichtfolie einer DVD-Hülle aufzureißen, bekommt man hier gleich einen großen Karton geliefert. Befreit man das Objekt der Begierde nun von seinem Pappgefängnis, staunt man erstmal über die kompakte Größe des Gitarrencontrollers. Geformt wie die legendäre Gibson Les-Paul, erinnert die Gitarre dem Maßstab nach eher an eine Elektro-Ukulele denn an eine reale Klampfe. Zunächst muss man jedoch erst selbst Hand anlegen, um die aus zwei Teilen bestehende Gitarre zusammenzubauen. Löblich: beigelegte Aufkleber mit Sternen, Totenköpfen oder Bandlogos bieten die Möglichkeit das gute Stück selbst zu individualisieren. Sogar ein Guns n´Roses Aufkleber hat es in die Packung geschafft, da werden Jugenderinnerungen wach. Wer noch weitere Stylingmöglichkeiten sucht, kann sich verschiedene Faceplates nachkaufen oder einen eigenen Gitarrengurt anlegen. Ich hatte beispielsweise noch meinen Nietengitarrengurt auf dem elterlichen Dachboden gefunden. Das rockige Relikt aus den 90ern bekommt nun endlich, nach langer Zeit, den Respekt den es verdient.

Die Gitarre bietet mit Tremolo (für Rock-Unkundige: der Hebel zur Soundverzerrung), einer Anschlagleiste bzw. Strum-Bar, 5 farbigen Buttons die stellvertretend für die Saiten/Noten stehen, einem Stick als Ersatz für Remotebewegungen und den +- Knöpfen eine große Anzahl an Buttons und Steuerungsmöglichkeiten. Ebenso wenig fehlen ein Einschubfach mit Anschluss für die Remote und der besagte Gitarrengurt. Somit kann es nun voll ausgerüstet ans Werk gehen – man sollte sich jedoch vergewissern, dass beim Spielen niemand in die Fenster gucken kann, der Autor spricht da aus eigener Erfahrung. Oder man wählt den direkten Weg und erprobt sein Können gleich vor unfreiwilligem Publikum, dann aber die Wii am Besten an die Heimanlage und Boxen anschließen.
Legt man nun die DVD ins Laufwerk, muss man sich erst einmal recht ungewohnt anhand des Analogsticks auf der Gitarre bis ins Spiel durchwuseln. Dort begrüßen rockige Intros den Spieler und geben einen guten Einblick in den Humor von Guitar Hero – beispielsweise battlen ein Metalhero und Zeus um die Vorherrschaft im Rockolymp. Ist man schließlich im Menü angelangt, so eröffnet sich dort eine Vielzahl von Modi und Einstellungen. Neben dem obligatorischen Karrieremodus, der auch zu zweit in etwas abgewandelter Form gespielt werden kann, einem schnellen Spiel für zwischendurch, der Möglichkeit einzelne Songs zu trainieren und den Optionen, hat es auch ein Onlinemodus unter Nintendo WFC ins Spiel geschafft. Dazwischen sorgen witzige Ladebildschirme mit rotzigen Sprüchen für Kurzweil.

Asiabunny, Emogirlie bis hin zu einem rüpeligen Iroträger. Selbst ein Hendrix-Verschnitt lässt sich auswählen, der schwebend in Meditationspose die Klampfe schwingt. Darüber hinaus gibt es einige witzige Bonuscharaktere freizuspielen, unter anderem einen russischen Sprengkopf, der nach seiner Ausmusterung zum Ende des Kalten Krieges nun die Welt mit seinem musikalischen Talent bereichern will. Hat man den passenden Charakter ausgewählt, gibt es noch eine Vielzahl an Outfits und natürlich eine große Auswahl an Gitarren der Firma Gibson – viele davon gilt es jedoch erst freizuspielen. Hat man diese Hürden überwunden, geht es nun zum eigentlichen Spiel.
Vom Tellerwäscher zum Millionär oder besser gesagt, von der Hinterhof-Band zum Festival-Headliner steigt ihr mit eurer Kombo die Karriereleiter empor. Zunächst wird der Schwierigkeitsgrad bestimmt. Wie beschrieben repräsentieren die 5 farbigen Knöpfe der Gitarre die eigentlichen Saiten. Im leichtesten Schwierigkeitsgrad werden davon lediglich drei zu Beginn genutzt. Bei Medium gesellt sich der vierte Knopf dazu um schlussendlich im Profimodus die komplette Belegschaft der Buttons ins Spiel zu bringen. Anfängern sei hierbei aber zunächst der einfachste Modus ans Herz gelegt, denn auch wenn Guitar Hero keine wirklich realistische Gitarrensimulation darstellt, geht es in schwierigeren Stufen gehörig zur Sache.

Der Spielablauf ist schnell erklärt und simpel aber genial zugleich. Farbige „Noten“ laufen im Takt der Musik vom oberen Bildschirmrand herab während die Band im Hintergrund auf der Bühne losrockt. Treffen diese Noten auf den Einsatzbereich, spielt man durch gut getimtes Drücken der jeweiligen Taste bei gleichzeitigem Anschlag der Strum-Bar den Ton. Wird eine Note verfehlt, so setzt naturgetreu die Gitarrenspur aus. Spielt man dagegen 50 oder mehr erfolgreich hintereinander, so hagelt es Extrapunkten. Neben den eigentlichen Tönen gibt es noch sternförmige Star-Power-Noten. Spielt man zwei Starpower-Folgen erfolgreich, lässt sich durch stylisches Hochreißen der Gitarre die Star-Power aktivieren. Jede erfolgreich gespielte Note zählt nun die doppelte Punktzahl und das Publikum beginnt zu jubeln. Gerade dieser Punkt bringt eine zusätzliche Portion Rockstarfeeling in das Spiel. Ein Rock-Meter zeigt gleichzeitig die aktuelle Stimmung des Publikums. Bei Erfolg wird gejubelt, Misserfolge werden dagegen gnadenlos ausgebuht. Sinkt die Anzeige gen Null, sollte sich die Band schnell Backstage verziehen, um dem tobenden Publikum zu entwischen.

Hat man den ersten Song gemeistert, geht es zur Abrechnung mit dem Veranstalter. Die Gage wird leider gemindert durch Rockstar-typische Ausfälle: verwüstete Hotelzimmer, in Brand gesetzte Autos, Bußgelder für Lärm und nicht zuletzt eure Drinks müssen bezahlt werden. Da bleibt unterm Strich am Ende nicht viel übrig. Geld für eine neue Klampfe will also mühsam zusammengespart werden. Beendet man drei der vier Songs eines Auftrittes erfolgreich, so kommt es zu einer Spezialherausforderung. Erst wenn man eine schwierigere Zugabe oder eine Duellschlacht gegen Rage against the Machine Gitarrero Tom Morello oder Ex-Guns n´Roses Virtuose Slash beendet hat, darf man sich an die nächste Veranstaltung wagen. Dazwischen winken Plattenverträge oder neue Einnahmequellen wie Sponsoren. Am Ende habt ihr es geschafft: der Traum vom Headliner auf den großen Festivals der Welt hat sich erfüllt. Ist euch dieser Weg zu steinig, gilt es mit der Trainingsoption schwierige Passagen zu üben, um die einzelnen Musikstücke perfekt zu meistern.

Neben dem Karrieremodus gibt es durchdachte Multiplayermodi für zwei Spieler. Unter Koop dürfen zwei Gitarrenrocker gemeinsam loslegen. Hierbei übernimmt der zweite Spieler den Bass Part. Unter Duell dürfen die Virtuosen zum Kampf diesmal gegeneinander antreten. Entweder spielt jeder Mitspieler alleine einen kompletten Song, mit einer Endabrechnung als Vergleich, oder man liefert sich eine Schlacht mithilfe von fiesen Tricks. Analog zu den Starpowernoten, gibt es hier Kombinationen, die bei perfekt gespielter Abfolge Items bieten, mit denen man seinem Antagonisten das Rockerleben erschweren kann. Kaputte Saiten, die repariert werden müssen oder steigender Schwierigkeitsgrad sind nur zwei Beispiele aus der Trickkiste. Um gemeinsam zu spielen muss man sich jedoch zwingend eine zweite Gitarre zulegen. Die gibt’s manchmal im preiswerten Angebot im Internet – also sollten Multiplayerfans die Augen aufhalten.

Abseits von der Möglichkeit stationär an einer Konsole mit mehreren loszurocken, bietet der Menüpunkt Nintendo WFC eine kostenlose Onlineanbindung, die einmal mehr auf Nintendos Freundescodes basiert. Um fremde Mitspieler zu finden gibt es verschieden Filtermöglichkeiten, wie Einstellung des Schwierigkeitsgrades oder des gewünschten Modus. Auch hat man hier die Wahl zwischen einem Spiel Just-for-fun oder, für Rocker mit Starambitionen, einem Ranglistengame. Die Suche nach Spielern klappt nicht immer, gerade die Filteroptionen können teilweise eher hinderlich sein. Die angesprochenen Freundescodes dienen wie gehabt dazu, untereinander bekannte Spieler schnell zu verbinden. Zuletzt hat man die Option ein eigenes Spiel zu erstellen: mit Charakterwahl, Outfit und Songvorgaben. Interessierte Spieler aus aller Welt können diesem dann joinen.

Obwohl die Grafik bei einem Musikspiel nicht gerade zu den wichtigsten Kriterien gehört, muss man dem Spiel hier noch Verbesserungspotential eingestehen. Die Bühnenmusiker bewegen sich zwar taktgerecht zur Musik, sehen aber alles andere als hübsch aus. Witzige und liebevolle Aktionen täuschen nicht über mäßiges PS2 Niveau hinweg. Als Spieler selbst bekommt man davon jedoch glücklicherweise meist nichts mit. Nur in den Pausen zwischen einzelnen Gitarrenparts hat man die Zeit, den Protagonisten auf der Bühne bei ihren Kunststücken zuzusehen. Soundtechnisch bietet der Titel dagegen hochkarätiges. Die Songauswahl ist breit gefächert und reicht über ruhigen Balladen, über Oldies bis hin zu metallastigen Stücken von namenhaften Interpreten wie: Metallica, den Rolling Stones, Slipknot und natürlich Rage against the Machine und Guns n´Roses. Auch sei hier gesagt, dass Songs, die eigentlich nicht zu den persönlichen Favoriten gehören durch den Mitspielfaktor eine Aufwertung bekommen. Es ist nun einmal etwas anderes, ob man selbst Hand anlegt oder die Musik nur aus dem Radio kommt.
Im Großen und Ganzen hat Activision mit dem Titel alles richtig gemacht – Guitar Hero rockt das Haus! Eine eigentlich simple Spielmechanik bringt für Profis und Anfänger gleichermaßen einen gehörigen Suchtfaktor mit sich. Auch nach Monaten holt man die Gitarre immer wieder gerne für eine Runde zwischendurch aus dem Schrank. Besonders Freunde einer zünftigen Rockorgie, die gerne mit ein paar Freunden in geselliger Runde loslegen, werden lange ihre Freude an dem Spiel haben. Lediglich der Onlinemodus krankt etwas an Designpatzern. Über die eher durchschnittliche Grafik kann man bei einem Musikspiel großzügig hinwegsehen, einzig die Trackliste sollte wenigstens im groben dem eigenen Geschmack entsprechen.