
Für welche Fraktion ihr euch auch immer entscheiden mögt, zunächst steht das Set-up des eigenen Helden auf dem Tagesplan. Per Editor wird hierbei die passende Rasse erwählt, die sich jeweils in unterschiedlichen Ausgangsskills in Sachen Kampf, Magie und Shaping (Schöpfung von Kreaturen) unterscheiden. Die Entscheidung spiegelt dabei auch die eigene Spielweise wieder, denn je nach Fähigkeiten könnt ihr anders mit vielen Situationen umgehen: Als Krieger stürmt man beispielsweise einfach auf seine Gegner zu und metzelt sie nieder. Ein gewandter Abenteurer versucht sich wohl eher vorbeizuschleichen und ein Magier nutzt womöglich seine Redegewandheit, um schwierige Situationen diplomatisch zu lösen. Danach darf noch ein Schwierigkeitsgrad gewählt werden - von "Casual" bis hin zu "Torment" ("Quälerei - wörtlich zu nehmen!) steht hier für alle Spieler die passende Option bereit, wobei jederzeit auch während des Spiels noch nachjustiert werden darf.

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Was nun folgt, ist das unvermeidliche Tutorial mit Unterweisung in die Kampfkunst und natürlich elementaren Dingen wie dem aufnehmen und verwalten von Items sowie den eigenen Fähigkeiten. Fremdsprachenmuffel werden spätestens hier bei angesichts der Textklötze stöhnen, denn Geneforge 5: Overthrow ist wie alle Teile aus dem Hause Spiderweb lediglich in englischer Sprache erhältlich - was angesichts des Stoffs dann auch ein bisschen mehr als nur fünf Jahre Realschul-Englisch voraussetzt. Denn Geneforge 5: Overthrow entfaltet seinen wahren Charakter erst, wenn man sich als Spieler auf die tiefgründige Story einlässt.

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Was schon seinerzeit beim allerersten Teil beeindruckte, war die Wahlmöglichkeit des Spielers hinsichtlich seiner Rolle. Was Leute wie Peter Molyneux mit Fable als großartige Innovation verkauften, hatte Spiderweb bereits schon eine ganze Weile zuvor mit dem ersten Geneforge Teil umgesetzt - nämlich die freie Entscheidung, welche der insgesamt fünf (!) Fraktionen ihr dienen wollt. Dabei wird weitaus komplexer als nur zwischen Gut & Böse unterschieden und jede Seite hat eigene Ansichten und Überzeugungen, Städte/Lager/Festungen und natürlich Quests. Die Taten des Spielers haben dabei direkte Auswirkung auf die Spielwelt und laden zum fröhlichen experimentieren ein. Was übrigens auch für die Endings gilt - ein sattes Dutzend verschiedener (!) Enden sind im Programmcode verborgen, was für eine ganze Weile an den Bildschirm fesseln sollte.

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Anders als beispielsweise bei Avernum 4 aus dem gleichen Hause bewegt ihr euch bei Geneforge 5 jedoch stets über eine Weltkarte von Location zu Location, was nervige Laufarbeit erspart - allerdings auch etwas die Atmosphäre einer erkundbaren Welt kostet. Immerhin sind satte 80 Städte, Festungen, Dungeons und weitere Ortschaften im nur rund ca. 60 MB großen Programmordner verborgen, was die Spielzeit selbst bei Nichtbeachtung aller Side-Quests locker über die 30 + x Stunden Grenze hebt. Angesichts eines Verkaufspreises von nur rund 25 US-Dollar haben sich die Macher der Shareware-Perle ein dickes Lob verdient.

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Etwas weniger Anlass die Sektkorken knallen zu lassen liefert hingegen wieder einmal die Optik: Wie nicht anders von Spiderweb gewöhnt, blieb man auch mit dem letzten Teil der Geneforge Saga dem eigenen Grafikstil treu. Will heißen - die leicht angeschrägte Optik im Stil z. B. eines Ultima 7. Soweit die gute Nachricht, die Schlechte: Die Engine ist mindestens genauso alt wie Richard Garriotts geniales Rollenspiel und seitdem hat sich nicht viel getan - auch hier wurden wieder munter Icons und Grafiken aus den anderen Serien gemopst und die Animationen sind nach wie vor mit der Lupe zu suchen. Und ob ihr dann überhaupt etwas findet, sei mal dahingestellt...

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Immerhin gibt sich Geneforge 5: Overthrow dafür recht genügsam in Punkto Hardware - abgesehen vom vergleichsweise neuen OS X 10.3.9 reicht hier nämlich sogar noch ein G3 Rechner mit 350 Mhz, 32 MB RAM, 200 MB Festplattenspeicher und einer Bildschirmauflösung von 1024 x 768. Dank einer Universal Binary werden natürlich auch die neueren Intel Rechner problemlos unterstützt und wer sich noch unsicher ist, der darf die freierhältliche Demo-Version von der Internetseite des Hersteller beziehen und einem ersten Praxistest unterziehen.
Wer sich zu gern gedanklich in seine Jugendzeit Ende der 80er Jahre / Anfang der 90er zurückversetzt und unbedingt noch einmal eintauchen will, der sollte sich Geneforge 5: Overthrow nicht entgehen lassen. Wo andere RPGs mit technischen Finessen auftrumpfen, konzentriert sich das old-school RPG auf die goldenen Grundlagen des Genre: Story & Charakterentwicklung. Und es spielt sich trotz Schauer-Optik in die Herzen geduldiger Genrefans. Oder anders ausgedrückt: Neue Rollenspiele sind euch oft zu plump und durchsichtig? Dann ist Geneforge 5: Overthrow definitiv euer Fall...