
Im Dorf der Raposa geht es drunter und drüber: Irgendwer hat das (Mal)Buch der Schöpfung geklaut! Völlig hilflos wenden sich die Raposa an den Schöpfer: Dieser soll einen Held schicken, der den Karren wieder aus dem Dreck zieht. Gesagt, getan. Doch welcher Held darf es nun sein? Klein, groß, männlich, weiblich, impressionistisch oder expressionistisch - dies ist nun ganz dem Spieler überlassen.
In einem Zeichenprogramm dürft ihr nun eurer Fantasie freien Lauf lassen. Hier könnt ihr Freihand zeichnen und kolorieren, mit Formen, Füllwerkzeugen oder Stempeln arbeiten, und so euren eigenen Charakter erschaffen. Wem das zu kompliziert oder künstlerisch total unbegabt ist, der kann auch eine Vorlage auswählen und auch diese nach Wunsch verändern. Das Programm gibt euch auch die Möglichkeit, die Verbindungspunkte zwischen einzelnen Körperteilen zu bestimmen, was die Grenzen der Charaktererschaffung noch erweitert. Dies mag alles erst ein wenig kompliziert klingen, ist es aber nicht. Im Notfall steht euch auch ein kleines Tutorial mit Rat und Tat zur Seite.

Der magische Stift (Nintendo Wii)
Und so macht sich unser Held mutig ans Werk und stürzt sich dabei in vier unterschiedliche Welten, welche dem Spieler jeweils sechs bunte und detailreiche Level bieten. Jede Welt bietet hier ihr eigenes Thema und präsentiert sich in einem verspielten Comik-Stil. Während das Gameplay in 2D stattfindet, haben wir es jedoch mit dreidimensionalen Levels zu tun, welche mit Cel-Shading versehen wurden, um den Comic-Effekt zu erreichen. Zusammen mit den detailreichen Animationen der Figuren und Teilen der Levelarchitektur, sowie den dezenten Effekten, die der Spieler hier und da auf seinem Wege antrifft, punktet dieser Titel in Sachen Grafik schon ganz gut und erzeugt ein stimmiges Gesamtbild.
Doch schon früh werdet ihr merken, dass euch Abgründe, Wasserfälle und andere Gefahren von eurem Fortschritt abhalten. Und hier wird auch nun der magische Stift wieder zum Einsatz kommen: An Staffeleien, welche in den Levels verstreut sind, habt ihr die Aufgabe, ein bestimmtes Objekt zu malen. Dies kann eine Plattform, ein Baumstamm, ein Trampolin oder ähnliches sein. Habt ihr diese dann im Zeichenprogramm erstellt, so ist das Objekt fortan im ganzen Spiel nutzbar. Schade ist hier, dass die tatsächliche Form eures gemalten Objekts dessen Nutzen nicht verändert.

Der magische Stift (Nintendo Wii)
So trägt euch jeder Baumstamm über das Wasser - auch wenn ihr ihn nur einen Pixel breit zeichnet. So haben wir es hier mit einem rein optischen Feature zu tun und kann eher mit dem Einsammeln eines Items verglichen werden. Sicher könnt ihr selbst bestimmen, wie viele Objekte im Spiel aussehen werden - selbst Teile des Levelhintergrundes wie fallende Blätter, kleine, flinke Eidechsen und dergleichen könnt ihr selbst gestalten. Sicher kann es Spaß auch machen, dem Spiel eine eigene Note zu verleihen, sofern man sich darauf einlässt, doch hier wurden Punkte verschenkt.
Glücklicherweise hat Der magische Stift noch mehr auf Lager: So werdet ihr auch auf Bereiche stoßen, in denen ihr mit Hilfe eures Pointers frei zeichnen könnt. Dies werdet ihr brauchen, um euch selbst neue Wege zum Ende eines Levels zu schaffen. Doch müsst ihr hier auf euren Tintenvorrat achten, welcher in jedem Mal-Bereich begrenzt ist. Später trefft ihr auch auf Bereiche, in denen ihr Objekte zeichnet, die beispielsweise von der Gravitation beeinflusst werden oder einen Trampolin-Effekt erzeugen. So fordert das Spiel von euch, immer neue, trickreichere Wege zu schaffen. Im weiteren Verlauf werdet ihr diese freien Bereiche immer trickreicher anwenden und sogar miteinander kombinieren, wobei sich die Freiheit, der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen und die Nötigkeit einer korrekten Lösung sich in etwa die Waage hält. Hier bietet Der magische Stift schon eher das an, was sein Titel erhoffen lässt.

Der magische Stift (Nintendo Wii)
So bahnt ihr euch euren Weg durch die Level. Dabei sammelt ihr Münzen, die ihr später brauchen werdet, um neue Zeichenwerkzeuge, Farbpaletten und Vorlagen freizuschalten. Vorbei geht es an Gegnerhorden, die durch einen gekonnten Sprung auf den Kopf oder einem saftigen Schlag auf die Nase ausgeschaltet werden. Später könnt ihr sogar selbstgezeichnete Waffen verwenden. Und als sei das noch nicht genug, so bietet das Spiel euch die Möglichkeit, euren Charakter mit weiteren Hilfsmitteln ausstatten. So zeichnet ihr euch große Klauen, welche euch helfen, Wände zu erklimmen, bis hin zu richtigen Fahrzeugen, mit denen ihr weite Teile eines Levels durchqueren könnt. Zu Musik und Soundeffekten gibt es hier nicht viel zu sagen. Den Spieler erwartet hier die typische Kost an leichter Musik, welche nicht wirklich aufdringlich, sondern eher begleitend wirkt.

Der magische Stift (Nintendo Wii)
Zwischen den Levels kehrt ihr in das Dorf der Raposa zurück, in welchem die Story des Spiels weitererzählt wird und als Zugangspunkt zu den einzelnen Welten dient. Auch hier fehlen etliche Gegenstände wie Pflanzen, die Räder der Windmühle und sogar ganze Haustüren, welche es im Laufe des Abenteuers zu finden gilt. Die Raposa selbst werden euch auch immer wieder neue Aufgaben stellen, welche euch zu einem erneuten Besuch in einem bereits absolvierten Level einladen, um so neue Belohnungen freizuschalten. Für reichlich Spielumfang ist hier also mehr als gesorgt!
Euer Charakter steuert sich - unabhängig von seinem Aussehen - butterweich und intuitiv. Und auch die relativ simple Steuerung der einzelnen Fahrzeuge wirkt nicht primitiv, sondern trägt zum Spielspaß bei - hier kann und darf sich der Spieler gerne austoben. Die einzelnen Level sollte man bei einer Spielzeit von je 5 bis 15 Minuten jedoch nicht unterschätzen. Gleiches gilt für den Schwierigkeitsgrad, welcher gemächlich ansteigt und doch nie frustrierend wird.

Der magische Stift (Nintendo Wii)
Der magische Stift verfügt ebenso über einige Minispiele, welche ihr alleine oder zu zweit bestreiten könnt. Hier wird Fußball, Eishockey, Basketball und Volleyball geboten. Von den Vieren unterscheidet sich jedoch lediglich letzteres in Sachen Gameplay von den anderen. So findet der Spieler im Eishockey lediglich veränderte Texturen als beim Fußball und die Spieler schlittern über das Eis und reagieren dadurch natürlich anders auf die Eingaben. Auch wäre bei dem geringen Umfang der Minispiele zu erwarten gewesen, Punkte- bzw. Zeitlimits manuell festlegen zu können. Schön ist auf der anderen Seite jedoch, dass auch hier die Spielfiguren und die Spielbälle selbst gestaltet werden können. Auch die Steuerung ist hier wie im Rest des Spiels angenehm und - passend zum Thema "Minispiel" - simpel. Hier hätte auf jeden Fall mehr getan werden können, wenn auch die Spiele zusammen mit einem Freund zwischendurch sicher Spaß machen. Mehr als Lückenfüller sind sie leider jedoch nicht.

Abschließend lässt sich sagen, dass Der magische Stift ein wenig hinter den Erwartungen zurückbleibt. Da das eigentliche Zeichnen oft nur - wie schon beschrieben - als ein optisches Feature genutzt wird, ist und bleibt dies der wohl stärkste Kritikpunkt dieses Titels. Es ist leicht, sich hier zu viel zu versprechen und so ein wenig enttäuscht zu werden. Auf der anderen Seite haben wir es jedoch mit einem grundsoliden Jump'n'Run zutun, welches sich einfach gut spielen lässt und Spaß machen kann. Und obwohl es für jüngere Spieler ausgelegt ist, können auch ältere Semester mit dem Titel eine gute Zeit verbringen.
Die ersten Stunden mit Der magische Stift waren, um ehrlich zu sein, ein klein wenig ernüchternd, da die Zeichenfunktion einfach nicht so eingesetzt wurde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Doch nach weniger Zeit schon merkte ich, dass in dem Titel mehr steckte als ich vermutete. Wer auf der Suche nach einem guten und soliden Jump'n'Run Adventure ist und sich darauf einlassen will, das Spiel ein wenig mit zu gestalten, der wird mit dem Titel seine Freude haben.