Der guten, alten Xbox habe man ja lange vorgeworfen, dass der Konsole abseits der Shooter und Action-Games Spiele mit „Seele und Herz“ fehlen würden. Dem zu folge angelten sich Microsoft den legendären Rollenspielschöpfer Hironbou Sakaguchi. Auf der e³ 2005 lies der Softwareriese dann die Bombe platzen und besonders die japanophilen Zocker unter uns freuten sich sehr auf sein neues Baby. Ob ihm mit Blue Dragon ein erneuter Streich gelang, erfahrt ihr wie immer bei uns...
Bei Blue Dragon schlüpft der Spieler in die Haut des kleinen, ehrgeizigen Jungen namens Shu. Seine Freunde Giro und Klug weichen nie von seiner Seite. Gemeinsam machen sie sich auf um den Plan des bösen „Nene, der die Welt mit Hilfe einer alten Technologie zu erobern versucht, zu vereiteln. Das Spiel könnte traditioneller nicht sein. Das fängt bereits mit dem Charakterdesign an, für das sich der Dragon Ball Zeichner Akira Toriyama verantwortlich gezeigt hat. Dass der Stil sehr stark mit der Kultzeichentrickserie verwandt ist, ist glaube ich sogar für Nichtfans kaum zu übersehen. Wer also mit der Serie nie anfreunden konnte bzw. den Zeichenstil verabscheut hat, der hat bei Blue Dragon ein Problem. Erfreulicherweise zähle ich mich nicht dazu, aber zurück zum Spiel selbst.
Der Grund für euer Aufbrechen ist aber nicht Nene selbst. Euer Dorf wird von einem mechanischem „Landhai" terrorisiert, der ein mal im Jahr droht euer Dorf zu zerstören. Shu, Klug und Giro haben sich darauf vorbereitet und versuchten den Hai zu stoppen, was aber in die Hose ging und damit fängt euer Abenteuer erst an. In der Welt von Blue Dragon bewegt ihr euch wie auf einer Art Landkarte und verfolgt das Geschehen aus einer Vogelperspektive. Betretet ihr ein Dorf oder einen Dungeon, wechselt das Spiel in die Spielansicht und die Kamera positioniert sich hinter eurem Charakter.
Das Wichtigste in einem Rollenspiel, neben der Story, ist natürlich das Kampfsystem und das ist erwartungsgemäß traditionell ausgefallen. Es gibt zwar Zufallskämpfe, jedoch ist der Spieler nicht der Willkür des Spiels ausgesetzt. Ihr seht die Gegner auf der Weltkarte oder im Dungeon herumlaufen, könnt ihnen aber ausweichen oder euch dem Kampf stellen. Bei einem Kampf wechselt das Spiel in den Kampfmodus und ihr steht den Gegnern gegenüber. Danach darf jeder abwechselnd seine Attacken über das Menü auswählen, denn BD ist wie die meisten japanischen Rollenspiele, streng rundenbasiert. Neu ist dabei, dass ihr einen Aktionskreis per rechte Schultertaste ziehen könnt. Dadurch könnt ihr Gegner, die sich unmittelbar in eurer Nähe befinden, markieren und alle auf einmal angreifen oder einzeln auswählen. Sollten sich Gegner aus verschiedenen Gattungen darunter befinden, kommt es zum Gegnerkampf.
Das heißt, dass die Kreaturen sich untereinander an die Gurgel gehen und sich selbst schwächen oder sogar ganz besiegen. Bei einem Kampf mit mehreren Runden habt ihr die Möglichkeit per „A“-Taste einen Zusatzboni, wie TP, MP, Treffsicherheit oder physische Stärke wiederherzustellen bzw. zu verbessern. Auch der Aktionsbildschirm während des Kampfs ist recht typisch gehalten. Hier könnt ihr zwischen einem normalen bzw. magischen Angriff oder einem Zauber wählen. Des weiteren könnt ihr Gegenstände auswählen, eure Verteidigung stärken oder die gute, alte Flucht Funktion nutzen. Eine Leiste am oberen Bildschirmrand zeigt euch genau an, welcher eurer Mitstreiter bzw. Gegner als nächster an der Reihe ist. Beim Kampf gelten natürlich die altbekannten Elementarregeln. Feuer fürchtet Wasser und magische Gegner haben eine eklatante schwäche gegen prachtvolle Prankenhiebe.
Die Besonderheit an Blue Dragon ist, dass ihr nicht mit Waffen oder ähnlichem kämpft, sondern nur mit Hilfe eurer Schatten, die einem mächtigen Drachen, Phoenix oder Minotaurus ähneln. Des weiteren gibt es neun verschiedene Klassen, für die ihr euch entscheiden könnt. Jede der neun Klassen hat unterschiedliche Fähigkeiten, die ihr dann der Spielfigur hinzufügen könnt. Der Mönch ist zum Beispiel am Besten geeignet für physisch aufgeladene Angriffe. Wer mit Feuer, Wasser und Erde hantieren möchte, muss sich für die schwarze Magie entscheiden. Für besiegte Gegner erhaltet ihr Erfahrungspunkte, die unter euren Mitgliedern aufgeteilt werden. Wer reichlich davon sammelt, steigt einen Rang auf. Dadurch werden mit der Zeit neue Fähigkeiten freigeschaltet. Jede Klasse davon besitzt ihre eigenen Fähigkeiten. Solltet ihr dann später die Hauptklasse von Henker in Schwertmeister wechseln, könnt ihr die bereits erreichten Fähigkeiten mitnehmen und mit denen aus der neuen Klasse vermischen. Der einzige Nachteil ist dann nur, dass ihr mit der neuen Klasse wieder von vorne anfängt. Der Level eures Charakters wird eigenständig gelevelt und bleibt davon unberührt.
Bis auf einige Zubehörgegenstände, wie Armreif, Ohrringe, Halskette und Ringe usw. gibt es sonst keine weiteren Ausrüstungsgegenstände, die ihr euren Charakteren anlegen könnt. Neue Items lassen sich in Schatztruhen , überall in den Tiefen des Dungeons oder an bestimmten Stellen auffinden. Aber auch in den Städten könnt ihr euer gefundenes Gold in neue Gegenstände umsetzten und bei Bedarf mit den Leuten quatschen. Die meisten von ihnen geben euch einen kleinen Nebenquest mit auf den Weg, der aber in der Regel mit eurer Hauptaufgabe verbunden ist. So müsst ihr z.B. ein Heilmittel für das Devee-Volk, das von einer urplötzlichen Krankheit befallen wurde, finden, ein Buch für ein Wandgemälde auftreiben oder eine verschwundene Person wieder finden. Allerdings müsst ihr aber nie dafür andere Orte abseits der Story dafür aufsuchen. Frust sucht man bei Sakaguchi’s Rollenspiel – dem Gott sei Dank- vergeblich. Der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe siedelt sich relativ im normalen Bereich an und auch die Zwischenendgegner erweisen sich als übermäßig moderat. Das verdankt man nicht nur den großzügig verteilten Speicherpunkten, die am Anfang von Dungeons oder am Ende von längeren Passagen auffindbar sind. Richtige Rollenspielprofis mögen sich vielleicht ein wenig unterfordert fühlen, alle anderen können sich aber entspannt zurücklehnen und die Story bzw. das Spiel genießen.
Neben der Haupthandlung selbst gibt es nicht wirklich viel zu entdecken. Großartige Rätsel gibt es im Spiel auch keine. Der Schwerpunkt liegt definitiv auf der Story und der Charakterentwicklung. Die Story kommt dank der drei voll gepackten DVDs, die der Spieleschachtel beiliegen, auch beim besten Willen nicht zu kurz. In den putzig gerenderten Zwischensequenzen werden die Ereignisse um eure Freunde vorangetrieben und wollen euch die Message von Freundschaft und Rachegelüsten vermitteln. Lobenswert ist es auch, dass man es bei Microsoft geschafft hat, die komplette Story ins Deutsche zu übersetzten und sogar eine deutsche Synchronisation hat den Weg auf die DVD gefunden.
Was das Leveldesign und die Schauplätze anbelangt, können sich Rollenspielentdecker satt sehen. Liebevoll gestaltete Dörfer, die so vertraut und friedlich aussehen, als könnte man sich gerade für ein kurzes Nickerchen niederlegen, gibt es in Blue Dragon am Stück. Doch auch prachtvolle Großstädte mit massenweise an Leuten kann man im Spiel sehen und vermitteln perfekten Rollenspielflair. Am Besten gefallen hat mir in der relativ kurzen Testzeit das Dorf der Devee, das so prächtig verschlungen im Felsen eingebaut ist. Idyllisch sind auch die stellenweise kleine Plätze, an denen ein Wasserfall entspringt und das Wasser so schön glitzert. Geschwächelt wird dagegen ein wenig in den Dungeons.. Zwar ist keiner wirklich schlecht, aber leider hat sich nun mal der durchschnittliche Rollenspieler an Industriegebieten, alten Ruinen und gespenstischen Wäldern reichlich satt gesehen.
Grafisch ist Blue Dragon wirklich hübsch ausgefallen. Zwar fällt keinem die Kinnlade herunter, aber optisch schick ist es alle mal. Innerhalb des Weltkartenmodus wirkt die Grafik aber eher etwas zweckmäßig und recht unspektakulär. Sobald ihr aber in einem Dorf oder Dungeon unterwegs seid, können schöne Details und kleine Grafikspielereien überzeugen. Die gelegentlichen Ruckler innerhalb der Fußmärsche stören ein wenig, bringen aber dem Spielspass keinen Abbruch. Für die Musik hat sich Videospielstarkomponist Nobuo Uematsu verantwortlich gezeigt, der auch schon für die Final Fantasy Spiele komponiert hat und das Ergebnis ist wirklich super. Schöne Melodien untermalen das Spielgeschehen jederzeit perfekt. Die deutsche Sprachausgabe ist gut gelungen und die Sprecher machen allesamt ihren Job gut. Den meisten werden aber wahrscheinlich Shu’s und Manomaro’s Gebrüll auf die Nerven gehen. Ich fand aber, dass es ihnen beiden die persönliche Note verpasst hat. Wen es zu extrem stört, kann jederzeit auf die englischen Synchronstimmen umstellen.
Christopher meint:
Starentwickler, Zeichenkünstler und Komponistengenie – was kann da schon schief gehen? Richtig, nämlich nichts. Wundervolles Szenario, das Gut und Böse märchenhaft voneinander trennt sowie liebenswerte Charaktere treffen auf eine tolle Geschichte mit klassischen Rollenspielelementen. Falsch macht Blue Dragon nichts, nur fehlt dem Titel ein wenig der Pfeffer und geht zu selten in die Vollen, aber unter dem Strich bleibt ein absolut würdiger Genrevertreter für die Xbox 360. Fans von Nippon RPG’s schlagen sofort zu, Kulleraugenhasser werden nicht bekehrt, dürfen aber ruhigen Gewissens einen Blick riskieren. Es lohnt sich!
Starentwickler, Zeichenkünstler und Komponistengenie – was kann da schon schief gehen? Richtig, nämlich nichts. Wundervolles Szenario, das Gut und Böse märchenhaft voneinander trennt sowie liebenswerte Charaktere treffen auf eine tolle Geschichte mit klassischen Rollenspielelementen. Falsch macht Blue Dragon nichts, nur fehlt dem Titel ein wenig der Pfeffer und geht zu selten in die Vollen, aber unter dem Strich bleibt ein absolut würdiger Genrevertreter für die Xbox 360. Fans von Nippon RPG’s schlagen sofort zu, Kulleraugenhasser werden nicht bekehrt, dürfen aber ruhigen Gewissens einen Blick riskieren. Es lohnt sich!