Optik:
Das erste Mal, als ich New York betrat, stockte mir der Atem! DAS sollte Ingame Grafik sein? Ich schielte ungläubig auf meine Xbox 360. Unfassbar, was Crytek aus der alten Maschine noch herauskitzelte. Vor allem die Außenareale mit der Vegetation, den scharfen Texturen, tollen Waffenmodellen und detaillierten Charakteren ließen meine Kinnlade in konstanten Abständen herunterklappen. Fakt ist, dass Crysis 3 auf Konsolen mit zum Besten gehört, was bis dato erschienen ist.
Am Tag darauf besuchte ich einen Freund von mir. Dieser ist PC-Gamer, und wie der Zufall so will, spielte er auch Crysis 3. Als ich das Spiel am Rechner in Bewegung sah, wurde mir bewusst, wie schlecht es bei mir auf der Konsole aussah! Versteht ihr, was ich meine? Es reizt die Xbox 360 und PS3 komplett aus, und doch spielen die PC- und Konsolenfassung in anderen Ligen. Es wird Zeit für die neue Konsolengeneration! Wer kann, sollte Crysis 3 daher am PC genießen!
Beim Spielen der sieben Kapitel umfassenden Singleplayer Kampagne empfand ich die Musik angenehm ruhig, was mich eher überraschte. Ich erwartete einen ohrenbetäubenden Soundtrack, der meine Boxen zum Beben bringen würde, aber die Klavierklänge sorgen für eine schier andere Atmosphäre, was mir positiv auffiel. Natürlich geht es in den Feuergefechten oder den Zwischensequenzen auch lauter zur Sache, aber die ruhigen Klänge blieben mir sogar nach dem Durchspielen in Erinnerung.
Dafür konnte ich mich mit der englischen Sprachausgabe nicht ganz anfreunden. Die uns zur Verfügung gestellte Version bot leider keine deutsche Tonspur, daher kann ich keinen Vergleich ziehen. Machten die Charaktere und vor allem Prophet meiner Meinung nach einen soliden Job, kam ich mit Psychos britischem Akzent eher weniger klar. Mein Partner begleitete mich den Großteil des Spiels und ich musste mich immer auf die Untertitel fokussieren, wenn er sprach. In einem hitzigen Feuergefecht gar nicht so einfach.
Da ich nun die wohl wichtigsten Elemente in einem Crysis Spiel abgehandelt habe, kann ich euch etwas zur Geschichte erzählen. Diese fand ich bei Crysis 3 gelungen, wenn auch nicht ganz so stimmig, wie etwa beim Sandbox Konkurrenten Far Cry 3. Klar sprechen wir hier von zwei unterschiedlichen Settings, aber beide Spiele schildern eine tolle Handlung, die mit Wendungen gespickt ist und so für Überraschungen sorgen kann. So muss unser Protagonist diesmal gegen das gesamte Cell Netzwerk ran und auch die Aliens geben sich nach ihrer vermeintlichen Vernichtung wieder ein Stelldichein.
Was die Charaktere und deren Entwicklung angeht, hat Ubisofts Ego-Shooter aber die Nase vorne. Hier kümmerten mich die vorkommenden Personen kein bisschen. Ich konzentrierte mich nur auf mein Handeln als Prophet. Zwar weisen Psycho und Co. mehr Charaktertiefe auf als noch in den Vorgängern, wirklich umgehauen hat mich das aber nicht. Schade!
Kommen wir zum wohl wichtigsten Punkt, dem Spielgeschehen. Hier verkaufte uns Crytek das Spiel als Sandbox Abenteuer mit ungeheurer Freiheit.
Handelt es also um ein Open World Game? Jein! Die Levels sind zwar weitläufig, aber doch in ihrem Umfang begrenzt. Es gibt keine zusammenhängende Stadt, die man frei erkunden kann. Von einem weiteren Schlach-Shooter, a la Call of Duty: Black Ops 2 ist es jedoch meilenweit entfernt! Zum Glück! Das Spiel erlaubt es euch, die Mission so anzugehen, wie ihr es für richtig haltet. Es gibt zwar einen Start- und einen Endpunkt, was ihr mittendrin macht, bleibt euch überlassen! Die Dimensionen eines Far Cry 3 werden aber zu keinem Zeitpunkt erreicht. Crysis 3 ist kein waschechtes Sandbox Spiel!
Wie sieht es bei den Waffen aus? Hier bekommt ihr als Spieler eine Auswahl an verschiedenen Handfeuerwaffen, Maschinengewehren, Shotguns und Alien Wummen. Am besten hat mir aber der Bogen gefallen. Bei mir wurden Erinnerungen an Turok wach, als ich im Gras lag und meine Gegner mit Pfeilen lautlos niederstreckte. Die menschlichen Friedensstifter sind gut ausbalanciert, was man von den außerirdischen Kanonen nicht behaupten kann. Einmal den Abzug betätigt, mäht man die Feinde regelrecht um. Die Alienwaffen sind eindeutig zu mächtig und erzeugen ein Gefühl der Erhabenheit. Vielleicht ist das so gewollt, mir stieß es aber sauer auf.
Die Visiere empfand ich als gelungen, wobei mir der Scanvisor das Leben zu sehr erleichterte. Es war einfach, alle Feinde in der Umgebung zu scannen und dann mit aktiviertem Tarnmodus und dem Bogen lautlos umzuschalten. Diese Vorgehensweise kann man theoretisch in jeder Mission an den Tag legen und so das Spiel ganz gemächlich zu Ende bringen. Viel Action und ein hoher Puls kommen zwar nicht auf, doch ist man dafür auf der sicheren Seite. So nutzte ich auch die Upgrades kaum bis gar nicht, da ich einfach keine Verwendung dafür hatte. Wer es actionlastiger mag, wird natürlich ebenfalls glücklich. Hier stimmt Crysis 3 Gamer beider Lager zufrieden.
Der Singleplayer Modus ist kurz! Vielleicht ein wenig zu kurz. In nur sechs Stunden war das Spiel Geschichte und ich lehnte mich entspannt in den Sessel zurück. Auf der einen Seite bekam ich das Gefühl eines stimmigen Actionstreifens, der genau die richtige Länge hatte, bevor ich den Eindruck bekam, dass etwas künstlich in die Länge gestreckt wurde. Dann dachte ich an die Grafikpracht und das gelungene Stealth Gameplay und hätte gerne zwei oder drei Levels mehr gehabt.
Aber es gibt ja noch den Multiplayer. Und diesen fand ich ... eher ernüchternd. Die Modi, die Karten, alles wirkte auf mich zwar solide, aber standardisiert. Ich hatte mir nach der gelungenen Kampagne einfach mehr erhofft. Ich bezweifle, dass alle Call of Duty und Battlefield Veteranen ihre Spiele vergessen werden, nur um Crysis 3 zu spielen. Sagen wir es so: Die Mehrspielerduelle sind gut für den Hunger zwischendurch.
Alles in allem empfand ich Cryteks neuen Streich als einen stimmigen Abschluss zu einer soliden Serie von Ego-Shootern. Die offene Stadt wird zwar nur vorgegaukelt, trotzdem bekam ich genug Freiheiten, um die Missionen nach meiner Art des Spielens zu bewältigen. Was mir nach dem Durchspielen in Erinnerung bleiben wird, sind einige optisch sehr imposante Momente und die schönen Melodien, die der Ego-Shooter zu bieten hat.