Kleine Geschichte des Kopierschutzes im Test

So lange es kommerzielle Software gibt, so lange versuchen Menschen diese illegal zu vervielfältigen. Klar, dass die Hersteller seit Ewigkeiten dahinter sind, dies mit einem Kopierschutz zu unterbinden. Heutzutage sehen sich Benutzer vor allem DRM und Onlinezwang gegenüber. Nicht wenige User ärgern sich tierisch darüber. Die letzten News zu Ubisofts Onlinezwang sprechen Bände.

In den 80er und 90er Jahren gab es diese Möglichkeit noch nicht. Das Internet in der heutigen Form existierte  nicht - ausschließlich Geeks und Unis waren online.  Der Kopierschutz musste »am Kunden« geschehen. Konsolenhersteller hatten es einfacher, da das Modul selbst ein wirksamer Kopierschutz war. Gepaart mit Regionalcode und Software-Kopierschutz hatte man einen 99%igen Schutz. Nur wenige Zocker waren im Besitz einer Kopierstation und kamen an alle Spiele ran, um sie zu auszulesen.

Selbst die CD-ROM war anfangs nur ein geringes Opfer von Kopien. CD-Brenner waren teuer und die Kopierschutzmethoden konnte kaum ein Brenner imitieren. Chip-Umbauten, die das umgingen, gab es noch nicht. Erst ab 1994 wurde mit Sonys Playstation das Kopieren der CDs nach und nach zu einem Weg, sich Spiele für eine Konsole zu besorgen.



Anders sah das im Homecomputer Sektor aus: Die verbreitetsten Medien waren lange Zeit die Audio Kassette (Datasette) und die Floppy Disk (5 1/4 Zoll und 3 1/2 Zoll). Alle leicht zu knacken - im Fall der Datasette reichte ein Kassettenrecorder aus, um die Software zu kopieren.

 Die meisten Hersteller begannen bald mit Software- & Reg Keys um sich zu werfen, aber manchmal zeigten sich die Spielehersteller auch verspielter bei dem Thema. Die beliebtesten (und teilweise verrücktesten) Methoden nachfolgend:





Die Anleitung und das Code Wheel



 

 

 

 

codewheelReg Keys sind eine feine Sache: Es gibt jeweils nur einen einzigartigen Key pro gekaufter Software. Die Codes waren so kompliziert, dass sie durch Zufall kaum zu erraten waren. Der Nachteil: Diese Codes müssen in der Software selbst gespeichert sein. Sprich: Sie müssen generiert und in das Programm eingearbeitet sein. Außerdem muss jedem Spiel ein Exemplar beigelegt werden. Für kleinere Firmen zu umständlich oder einfach zu speicherintensiv. Ein gutes Spiel brauchte ohnehin bereits mehrere Medien.

 Etliche Hersteller nutzten daher die Anleitung und bauten Codeabfragen wie "Seite zwei, Spalte 5, drittes Wort" ein. Das betreffende Wort war der Schlüssel zur Software.

Eine andere Methode war es spielrelevante Inhalte in die Anleitung oder in ein extra Codebuch zu stecken. In der Anleitung von King Quest III gibt es z. B. einige Seiten, die bei der Zubereitung von magischen Tränken assistieren. Ohne kam man im Spiel nicht weiter. Indianapolis 500 lieferte man mit einem Buch über alle Sieger bis 1989 aus. Als Kopierschutz wurde vor dem Start des Spiels das Bild eines der Wagen mit der Aufforderung einen bestimmten Datensatz einzugeben, eingeblendet. Das konnten Fahrernamen, Hersteller der Wagen oder technische Daten sein. Heute dank Google Recherche kein Thema mehr, aber 1989 konnte man solche Daten nur schwer auf die Schnelle beschaffen.

LucasArts setzte hingegen auf Code Wheels. Man musste einfach nach Vorgabe im Spiel zwei oder mehr Räder drehen, um einen Code zu erhalten, den man dann eingab. Die berühmtesten Code Wheels dürften "Dial a Pirate" und "Mix´n´Mojo" von Monkey Island 1 und 2 sein.



Lenslok

 

 

 

 




Lenslok war der ausgefeilteste und komplizierteste "Beilagenkopierschutz", bevor es softwareseitig richtig losging. Die Datasette war in den frühen 80er Jahren DAS Medium der Homecomputer Ära, denn billiger ging es nicht. Sowohl Medien (normale Audiokasseten) als auch die Hardware (gewöhnliche Audio-Rekorder) waren leicht und vor allem günstig in Massen zu produzieren. Der Nachteil für die Hersteller war das völlige Fehlen eines effektiven Kopierschutzes. Da die Daten als Audio Signal in den Computer eingelesen wurden, ließ sich die Software mit einfachen Mitteln kopieren.



brilleAls Antwort auf dieses Problem lag einigen Spielen für den C64 oder ZX Spectrum ein sogenanntes Lenslok bei. Das bekannteste Spiel dürfte Elite gewesen sein. Das Lenslok war nichts weiter als eine kleine Plastikkarte, deren Enden man zusammenfalten konnte und in deren Mitte sich eine Reihe von Prismen befanden. Die Benutzung war allerdings eine Wissenschaft für sich. 
Nach dem Start des Programms erschien auf dem Bildschirm ein zweistelliger Code, den man eingeben musste. Mit bloßem Auge war aber nur Pixelbrei zu erkennen. Setzte man nun den Lenslok auf den Schirm, vermochte man durch die Prismen den Code identifizieren.



Jedem Spiel lag ein anderes Lenslok bei, so dass man immer ein spezielles benötigte. Es gab kein „Universal Lenslok“ das bei jedem Spiel funktionierte. Leider hatte das System für den Anwender seine Schattenseiten: 
Da das Lenslok auf eine bestimmte Anzeigegröße bzw. Bildschirmgröße ausgelegt war, musste man bei jedem Start der Software die Anzeige kalibrieren. 
Dazu setzte man den Lenslok auf den Bildschirm und passte mithilfe zweier Tasten das Kreuz an, bis durch den aufgesetzten Lenslok "OK" zu lesen war. Auch kam es vor, dass produktionsbedingt fehlerhafte Lenslok ausgeliefert wurden.

 Das Spiel, dem ein defekter Lenslok beilag, war unspielbar. Aber auch dieses Problem ließ sich umgehen. Mit einem einfachen Hexeditor suchten findige Hacker bei laufendem Spiel die Buchstaben „OK“, da in der Nähe des Kalibrierungscodes der Sicherheitscode lag. Lenslok war geschlagen.



 

Adapter



 

 

 

Adapter oder Dongles waren mehr bei Software für Firmen & Büro zu finden, als bei Spielen oder  Software für den Heimanwender. Technisch waren diese Adapter nichts weiter als Stecker/Boxen mit eingebautem Softwareschutz.
 Ohne den Adapter am Anschluss verweigerte die Software den Dienst. Dongles konnten auch die komplette Software beinhalten.
 Den ersten Dongle gab es 1980 für den Commodore PET, der Name war Wordcraft.
 Selbst heute gibt es noch vereinzelt Dongels in Form eines USB-Sticks. Sei es mit Software oder Zusätzen wie einem Fingerprintsensor.



 

Beilagen



 

 


Diese Art Kopierschutz war vor allem, aber nicht ausschließlich, bei Infocom Spielen zu finden. Beilagen waren meist eine Mischung aus Lenslok und Codebook ähnlichen Gegenständen, allerdings mit mehr interaktivem Feeling. Das Spiel Hitchhiker’s Guide to the Galaxy (C64) wurde mit einer speziellen Brille ausgeliefert, deren Gläser eingefärbt waren. Diese Brille war nötig um eine Scene im Spiel spielen zu können, die quasi "überbelichtet" war.

Bei Infocom‘s Sherlock Holmes musste man hingegen aufmerksam eine Fake-Ausgabe der Londoner Times von 1887 studieren, um Hinweis für den Spielverlauf zu erhalten. Auch gab es Beilagen ohne Kopierschutzgedanken, rein um die Kunden zu locken. Erwähnt seien exemplarisch die Stoffkarten der Ultima Spiele. Wer wollte da nur eine Kopie haben?



 

Die Witzigen

 

 

 

 

 

 

Ein falsch eingegebener Code bedeutete nicht immer, dass das Spiel nicht geladen wurde:

-Das Spiel Starflight akzeptiert jeden Code bei der Eingabe, es gibt keine "Falsche Codeeingabe" Rückmeldung. Wenn der Code aber falsch ist, attackieren wahllos Polizeischiffe, die unzerstörbar sind. Game Over ist unausweichlich.

-Bei Superior Soocer ist bei falscher Eingabe der Ball unsichtbar ... aber nur für den Spieler. Viel Spaß beim Spielen!

-Außerdem fällt mir noch ein C64 Rennspiel ein (dessen Namen ich vergaß - wer kann mir auf die Sprünge helfen?) das den Spieler bei falscher Codeeingabe nur im ersten Gang bis max. 30 km/h fahren lässt. Da man eine Positionsvorgabe erfüllen muss, ist nach dem ersten (langweiligen) Rennen Schluss.


Die BÖSEN

 

 

 

 


Es gibt aber auch Vorkehrungen, deren Programmierer scheinbar jeden für einen Kopierer hielten. Das Gemeinste, was ich je selbst erlebte:


Das Programm Game Guru war ein Hexeditor, der mit ein paar extra Funktionen wie automatischer Erkennung bestimmter Parameter und einer Cheat Datenbank verbunden wurde, um Spiele zu manipulieren. Eines der ersten echten Cheat Programme, wenn man so will. Ausgeliefert wurde die Software auf einer 3,5-Zoll-Diskette und mit einem perfiden Kopierschutz. Jedes Mal, wenn das Programm installiert wurde, schrieb es in einem nicht zugänglichen Sektor der Disk einen Eintrag, Nach drei Installationen löschte das Programm die Disk von selbst - das Programm war weg!

 

 

Die Zukunft

 

 

 


Heute gibt es das nicht mehr? Nicht ganz: Spiele wie Skylanders für Wii, Xbox 360 und PS3, die mit spezieller Hardware ausgeliefert werden, könnten die Zukunft sein. Denn ohne diese Hardware sind die Spiele nicht spielbar. Leider sind diese Spiele durch die zusätzlichen Kosten auch teurer. Wer weiß, was uns die Zukunft bringt? DRM und Onlinezwang lassen meiner Meinung nach nichts Gutes erahnen...

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