The Last Story im Test

Nintendo Wii

Xenoblade Chronicles ist für mich das Game of the Year 2011. Kein anderes Spiel fesselte mich so lange an den Controller wie das Abenteuer um Shulk. Auch dieses Jahr wird ganz im Zeichen der Nintendo Wii stehen, denn mit The Last Story erschien ein ganz heißen Eisen in unseren Gefilden. Final Fantasy-Vater Hironobu Sakaguchi und Soundtrackgott Nobuo Uematsu garantieren ein Erlebnis der Extraklasse. Eins ist klar: The Last Story ist eine der letzten ganz großen Geschichten auf der Nintendo Wii!

Im Spiel begleitet ihr eine Gruppe Söldner, die Aufträge annehmen und sich so durchs Leben schlagen. In einer Gesellschaft, in der es dem Adel und den Rittern an nichts fehlt, die normalen Bürger aber Hunger leiden, gar nicht so einfach. Denn auch die Söldner müssen kämpfen, um zu überleben. Zael, Hauptcharakter und Söldnermitglied, träumt von einem Leben als Ritter in Ruhm und Wohlstand. Vom Grafen Arganan, der über die Insel herrscht, nimmt der Söldnertrupp einen Auftrag an. Sie sollen in einer Höhle Untersuchungen anstellen und sich der Gegnerhorden darin entledigen.

Ohne viel spoilern zu wollen, kann ich euch versichern, dass die Handlung bei The Last Story zwar eher mäßig beginnt, mit jeder Stunde aber mehr an Fahrt aufnimmt und durch viele spannende Wendungen bis zum Schluss die ein oder andere Überraschung parat hält. Neben dem allseits bekannten Spiel »Gut gegen Böse« behandelt Sakaguchi die Fragen nach dem Sein, gesellschaftlichem Ansehen, Verrat bei Hofe und Freundschaft. Eine Liebesgeschichte darf natürlich ebenfalls nicht fehlen. Die siebenköpfige Party strotzt auf den ersten Blick nur so vor klischeebehafteten Charakteren. Der mutige Held ist ebenso dabei wie ein Frauenheld, eine Draufgängerin, die immer mal wieder zu tief ins Glas schaut und der stille Magier mit einer mysteriösen Vergangenheit. Schön ist, dass alle Mitglieder äußerst lebendig wirken und ihr Miteinander viel zur stimmigen Atmosphäre des Spiels beiträgt. All diese Story- und Charakteraspekte harmonieren gut miteinander und liefern sehr gute Unterhaltung.
 

The Last Story ist ein reinrassiges Action-RPG. Neben dem Bekannten bringt es viele sinnvolle Ergänzungen mit sich, die das Kampfsystem positiv bereichern, stellenweise aber auch nervig sein können. Sobald ihr in der Nähe eines Feindes steht, holt euer Charakter automatisch mit dem Schwert aus. Zudem führt Zael eine Armbrust mit sich, mit der er Gegner von weitem unter Beschuss nehmen kann. So spielt der Titel sich fast wie ein Third-Person-Shooter, sodass man sogar Deckung hinter Felsen u.a. nehmen kann und muss. Taktik ist ein wichtiger Faktor in den Kämpfen. Ihr platziert euch hinter Objekten, um Schutz zu suchen oder Feinde anzulocken. Nach einer schicksalhaften Begegnung im Spiel besitzt Zael die Macht des »Fremden«, die ihm und euch mehr taktische Herangehensweisen erlaubt. Ihr könnt z. B. die Aufmerksamkeit aller Feinde auf euch ziehen und so euren Partymitgliedern das stressfreie Zaubern erlauben. Vorsicht ist aber geboten, denn sobald Zael stirbt, flimmert der Game Over Schriftzug über den Bildschirm. Ein Glück, das jeder der Charaktere fünf Leben hat. Erst nach dem fünften Versuch wirft euch das Spiel aus dem Geschehen.
 

Mit der neu erworbenen Macht ist noch viel mehr möglich. So könnt ihr gefallene Teamkollegen wiederbeleben, Feinde markieren und die Schwächen herauslesen oder sogar die Umgebung beeinflussen. Stehen mehrere Feinde unter einer Brücke, könnt ihr diese zum Einsturz bringen. In Fällen, wo ihr euch zahlreichen Gegnern stellen müsst, fährt die Kamera über den Kampfschauplatz und erlaubt es euch eure Taktik genau zu planen. Nur wer wirklich taktisch vorgeht, hat eine Chance zu überleben. Spannend wird das Ganze, sobald jedes Partymitglied individuelle Angriffe und Zauber lernt. Per Druck auf das Steuerkreuz haltet ihr das Kampfgeschehen an und könnt jedem Teammitglied einen Befehl erteilen. So können gezielte Schläge auf einen bestimmen Gegner ausgeführt werden, oder aber ihr verteilt die Angriffe zielgerichteter. Yurick und Lowell (zwei Magier in eurem Team) können so ferne gegnerische Zauberer auf's Korn nehmen, während ihr mit dem Schwert drauf geht. Eure Heilerin kann unterdessen Heilkreise zaubern, in denen ihr euch frische Heilpunkte holen könnt. Glücklicherweise wirken die Partymitglieder sehr intelligent mit und helfen euch, wie ihr es wollt. Das ist auch bitter nötig, denn schnell werdet ihr mit den vielen möglichen Manövern überfordert und braucht eine gewisse Einarbeitungszeit.

Leider hat das Kampfsystem auch eine Schattenseite. Die Schuld dafür tragen aber zwei andere Faktoren, nämlich die Framerate und die Kamera. The Last Story leidet kontinuierlich unter Framerateeinbußen, was das positive Gesamtbild extrem schmälert und euch im Kampf den Kopf kosten kann. Sobald mehrere Gegner auf dem Feld sind und ihr ihnen ein paar Zaubersprüche entgegenschleudert, verkommt das Geschehen zu einem Zeitlupenspiel. Das Spiel geht merklich in die Knie, was euch wertvolle Geduld und den nötigen Überblick raubt. Eine zickige Kamera tut da ihr übriges dazu. Schade! Mit einer feinfühligeren Programmierarbeit wäre aus dem Kampfsystem das Non-Plus-Ultra geworden. So fühlt es sich zwar frisch an, kann aber bei mehr Gegneraufkommen oder den teils bildschirmfüllenden Endgegnern auch schnell frusten.
 

Seid ihr mal nicht in dunklen Gemäuern unterwegs, treibt ihr euch in Lazulis Stadt und dem Schloss des Grafen Arganen herum. Hier glänzt The Last Story ebenfalls. So eine Lebendigkeit und Detailtreue habe ich selten in einem Spiel gesehen. Alles wirkt real, die Bewohner sind voller Tatendrang und gehen ihren alltäglichen Geschäften nach. Dutzende fremder Stimmen hallen durch die Straßen. In dieser lebendigen Stadt nimmt die ernste Handlung um Ansehen und Gleichberechtigung ihren Lauf. Auf einem Bankett des Grafen werdet ihr Zeuge von Ereignissen, die den Lauf der Geschichte und viele Schicksale verändern werden.


Leider geht das Spiel nie über die Insel mitsamt Schloss hinaus. Es gibt keine Weltkarte, die ihr erkunden könnt und auch keine weiteren Städte oder Orte. Alles spielt ausschließlich auf der Insel. Zwar seid ihr an einigen Stellen auf einem Schiff unterwegs oder durchforstet feindliche Festungen, der Entdeckerdrang wird aber leider nicht befriedigt. The Last Story bedient sich einer Kapitelstruktur und kommt somit sehr linear daher. Ihr bekommt eine Sequenz zu sehen, erhaltet einen Auftrag und erledigt diesen. Dann schickt euch ein Erzähler in das nächste Kapitel. So geht es weiter, bis irgendwann die Credits mit dem ohrwurmerzeugenden Titelsong von Nobuo Uematsu über den Bildschirm gleiten. Zwar nimmt es keine Final Fantasy XIII Ausmaße an, aber mehr Freiheit in den Arealen und einer offeneren Welt hätte ich nichts entgegenzusetzen gehabt. Auch die Spielzeit ist für ein J-RPG ein wenig zu kurz geraten. In nicht einmal 20 Stunden werdet ihr mit der Hauptquest durch sein und das Geheimnis hinter der Macht des "Fremden" gelüftet haben. Für all jene, die nicht genug von dem Spiel bekommen können, steht ein Multiplayer Modus zur Verfügung. Hier könnt ihr mit bis zu 6 Spielern gegen Monster kämpfen oder euch im VS-Modus gegenseitig an die Gurgel gehen.

Zumindest könnt ihr euch in Lazulis Stadt ein wenig mehr umsehen und diverse Geschäfte besuchen und einige Sidequests annehmen. Heiltränke werdet ihr keine brauchen, da nach jedem Kampf die Lebensleiste wieder erneuert wird. Eher werdet ihr euer hart erarbeitetes Geld zum schmieden der Waffen und Rüstungen brauchen. Mit den passenden Materialien, die ihr in Kisten findet oder von gefallenen Gegnern aufsammeln könnt, lassen sich starke Waffen entwickeln und neue Kleidung entwerfen. Cool, dass sowohl Waffen, wie auch Klamotten auch optisch einiges hermachen. Wer mag, kann sogar die Farben der Kleidungsstücke verändern und neue Farben mischen. Soviel Liebe zum Detail ist selten.

Die Gestaltung der Welt von The Last Story muss Sakaguchi ebenfalls viel Freude bereitet haben. Selten habe ich so schöne Levelarchitektur gesehen. Die Insel sieht mit der großen Stadt, dem wuchtigen Schloss und den vielen Arealen sehr stimmig aus und zeigt, dass Artdesign bei einem Rollenspiel einiges hermachen kann. Dass aber die Framerate sogar beim Umherlaufen merklich sinkt, führt zu einem Abzug in der B-Note. Trotzallem gehört The Last Story stylistisch zu den schönsten J-RPGs, die ich jemals gesehen und gespielt habe. Dazu trägt auch das sehr gute und detaillierte Charakterdesign bei. Waren die Helden bei Xenoblade Chronicles noch recht texturarm, strotzen Zael, Dagran und Co. nur so vor Detailtreue und Charme. Sogar viele NPCs, die ihr im Laufe eures Abenteuers trefft, wie etwa den schusseligen Horace oder die Ariela, die Besitzerin der Taverne, bleiben euch jederzeit im Kopf.
 

Wem die englische (British English) Übersetzung von Xenoblade Chronicles schon gefiel, den werden auch die Sprechen bei The Last Story zufrieden stellen. Das komplette Spiel ist ins Englische übersetzt und kommt hierzulande mit guten deutschen Untertiteln. Der Soundtrack von Nobuo Uematsu ist über alle Zweifel erhaben. Allein das Titellied prägt sich sehr schnell ein und man erwischt sich lange nach der letzten Zockersession beim Summen der Melodie. Die restlichen Musikstücke sind perfekt auf die jeweilige Situatuion abgestimmt und reichen von traumhaften Melodien über fetzige Klänge bei Bosskämpfen.

Der Limited Edition des Spiels liegt sogar ein Soundtrack bei und darf in keiner Sammlung fehlen. Leider hält sich die Songanzahl in Grenzen. Neben der Musik CD gibt es obendrein ein Steelcase und ein schönes Artbook mit Zitaten von Meister Sakaguchi. 

 



Andrej meint:

Andrej

The Last Story ist ein sehr gutes japanisches Rollenspiel. Wollt ihr eine Truppe sympathischer Charaktere kennenlernen, in eine Geschichte um Freundschaft, Liebe, Verrat und das eigene Wohl eintauchen und eine sehr schöne Spielwelt erleben, kommt ihr an Sakaguchis aktuellem Werk nicht vorbei! Leider gibt es aber auch einige Dinge, wie das Problem mit der Framerate und das teils chaotische, wenn auch gute, Kampfsystem, die euch hin und wieder zu einem Fluch verleiten werden. Wii Besitzer und Rollenspiel Fans greifen aber bedenkenlos zu!

Positiv

  • Grafik und Soundtrack vom Feinsten
  • taktisches Echtzeit-Kampfsystem
  • Gute Story mit spannenden Wendungen

Negativ

  • konstante Framerate-Einbrüche
  • Kamera in Kämpfen hakelig
  • Hauptquest recht kurz
Userwertung
8.35714 7 Stimmen
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Forum
  • von Mr.Deadshot:

    Envy schrieb: Mr.Deadshot schrieb: MC_IRC schrieb: Kann es sein, dass Last Story öfter ruckelt? Öfter ist untertrieben....

  • von MC_IRC:

    Jetzt schauen wir mal, habe kaum bisher gespielt und bei Xenoblades kamen slowdown auch immer wieder vor...

  • von Envy:

    Mr.Deadshot schrieb: MC_IRC schrieb: Kann es sein, dass Last Story öfter ruckelt? Öfter ist untertrieben. Das Spiel ist ne reine Ruckel- und Slowdown-Orgie. Unter aller...

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The Last Story Daten
Genre Rollenspiel
Spieleranzahl 1 - 6
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2012-02-24
Vermarkter Nintendo
Wertung 8.4
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neXGam YouTube Channel
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