So befindet man sich schnell in bekannten Gewässern. Nicht nur die Bedienung des Spiels ist aus den Vorgängern bekannt. Trotz einem 600-jährigen Zeitsprung sieht Andromeda auf den ersten Blick wie seine Vorgänger aus. Waffen, Kleidung, Schiffe. Alles kennen wir, zumindest in sehr ähnlicher Form, bereits aus den Episoden 1-3. Die neue Station entpuppt sich als Klon der Citadel, das innere der Tempest weist deutliche Parallelen zur Normandy auf und selbst unser Gefährt für Bodeneinsätze erinnert an den „gute“ alten Mako Panzer des Erstlings. Immerhin wurde die Steuerung verbessert. Manche wird es freuen, ist doch keine große Einarbeitung nötig. Man könnte aber auch sagen die Macher haben es sich einfach gemacht. Statt die Chance zu nutzen und einen richtigen Neuanfang zu wagen, serviert man uns mehr vom Gleichen. Es macht keinen großen Unterschied, wo die Planeten zu finden sind. Ein Zeitsprung 700 Jahre in die Zukunft, in einer weit entfernten Galaxie? Schön, dass wir immer wieder darauf hingewiesen werden. Man könnte es sonst glatt vergessen. Menschen, Turianer, Assari, Kroganer? Alle da. Lediglich die Geth fehlen. Für Kenner der Serie nicht verwunderlich, schließlich waren diese zu Beginn der Mission (also zeitlich gesehen zu Zeiten von Mass Effect 1) der Feind und wer nimmt den gerne mit auf solch eine Reise? Dieser Part wird in Andromeda von einer neuen Rasse, den Kett, übernommen. Doch auch hier wollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Wirklich fremd wirken sie auf Mass Effect Spieler nicht. Stattdessen erinnern sie frappierend an die, im zweiten Teil eingeführten, Kollektoren. Die Thirdperson Action läuft daher ebenfalls wie gewohnt ab. Nichts Neues an der Kriegsfront. So entscheidet ihr euch zu Beginn des Spiels für einen männlichen oder weiblichen Protagonisten. Wählt aus vorgegebenen Figuren oder erstellt eure Eigenkreation. Danach startet ihr als Mitglied der Ryder Familie ins Spiel. Abhängig von eurer Wahl des Geschlechts habt ihr einen Bruder oder eine Schwester. Allerdings wird dieser bzw. diese gleich zu Beginn aufgrund eines Unfalls im Cryoschlaf gelassen. Der Vater ist ebenfalls, als leitender Pathfinder, mit an Bord.
Einige Zeit später steht, natürlich, die erste Mission an. Nach einer Bruchlandung ist euer Ziel, die verstreute Mannschaft zusammenzuführen und zu erfahren, warum der Planet in dem Zustand ist, in dem er nun mal ist. Erwartet hatte man ein Paradies, bei eurer Ankunft findet ihr jedoch das Gegenteil vor. In der Atmosphäre kann man ohne Schutzanzug nicht überleben, nennenswerte Flora und Fauna sucht man vergebens. Alles wirkt karg, mehr tot als lebendig. Zudem schlagen überall tödliche Blitze ein. Der Grund dafür ist schnell ausgemacht, verstehen könnt ihr es dennoch nicht. Am Ende der Mission seit ihr nur wenig schlauer, Vater und zahlreiche Kett sind tot. Letztere gehen auf euer Konto. Der „Erstkontakt“ läuft definitiv feindselig ab. Third Person Deckungsgefechte sind die Folge. Mit jedem Abschuss gibt es EXP, welche, wie gewohnt, auf überwiegend altbekannte Fertigkeiten verteilt werden. Neben verschiedener Ausrüstung findet ihr überall Rohstoffe. Mit diesen wird zunächst neues Equipment erforscht, bevor es in die Produktion geht. Beides könnt ihr in den entsprechenden Räumlichkeiten eures Schiffes, oder auch an verschiedenen Stellen auf den Planetenoberflächen in Auftrag geben. Apropos Planeten, wurden diese in Teil eins noch mühsam mit dem Mako abgefahren und in Teil 2 schnöde "gescannt" um Sammelgegenstände, Rohstoffe & Co. zu entdecken, wechselt man diesmal zu einem Mix. Es gibt einfach beides. Die meisten sind ohnehin nicht begehbar. Hier lautet die Devise: scannen, was aber nochmals vereinfacht wurde. Dort angekommen werdet ihr sofort darauf hingewiesen, ob etwas zu finden ist. Anschließend wird der Planet „abgescrollt“ (dauert nur wenige Sekunden). Befindet ihr euch in der Nähe der Fundstücke, kommt der Vibrationseffekt des Pads zum Einsatz. Ein Kinderspiel also. Das lange und öde scrollen aus Teil 2 und 3 gehört der Vergangenheit an. Fehlt der Hinweis auf die Anomalie, gibt es nichts zu entdecken. Die Prozentanzeige schnellt sofort hoch. Planet erledigt. Das macht die Suche extrem einfach und nutzerfreundlich, wirft aber auch die Frage auf, wozu es dann überhaupt im Spiel geblieben ist. Wozu eine neue Galaxie mit zig Planeten einbauen, wenn ich doch 90% davon nicht betreten, sondern binnen weniger Sekunden scannen kann?
Die Planetenoberflächen sind abwechslungsreich und teilweise extrem gut anzusehen. Man spürt die Weite, das Fremde. Sci-Fi Feeling pur….zumindest auf den ersten Blick. Denn wie bei fast allen Zutaten von Mass Effect Andromeda gibt es auch hier Licht und Schatten. Eben noch genießt ihr ein atemberaubendes Panorama, da holen euch im nächsten Moment spät aufpoppende Texturen, im Nichts verschwindende Fußspuren und Ruckler auf den Boden der Tatsachen zurück. Technisch läuft es oftmals alles andere als Rund. Getestet wurde die Xbox One Version und ausgerechnet auf dieser soll es stark auffallen. Besonders ärgerlich: Die Probleme sind nicht neu. Bereits der Serienerstling litt hier und da unter ähnlichen Problemen. Heute, 10 Jahre später fällt es umso mehr auf und darf bei einem AA Titel einfach nicht passieren. Das z.B. Büsche durch unsere Figur durchgleiten statt sich zur Seite zu bewegen ist im Jahre 2017 schlicht peinlich.
Hält man einige Zeit inne und betrachtet z.B. die vollbesetzte Kolonie oder die Brücke der Nexus ist noch etwas festzustellen. NPCs sind zwar zahlreich, haben aber nichts zu tun. Sie führen kein wirkliches Eigenleben. Alle stehen irgendwo herum, es gibt keine Dynamik. Betretet ihr einen Raum und trefft eine sich unterhaltende Gruppe steht diese 20 Minuten später noch immer exakt so da. Shuttles starten und landen, doch niemand betritt oder verlässt sie. Beladen, entladen? Keine Chane. Während in Bethesdas RPG Epen fast jeder Bewohner augenscheinlich einer Beschäftigung nachgeht, sind in Mass Effect die meisten NPCs starre Statisten. Eine lebendige Welt sieht anders aus.
Zu guter Letzt hat es auch der seit Teil 3 bekannte Multiplayerpart ins Spiel geschafft. Anders als im Vorgänger wurde er diesmal aber recht gut ins eigentliche Spiel integriert. Auf der Nexus könnt ihr Kommandomissionen starten. Diese erledigt ihr entweder selbst im Multiplayer, oder schickt schnöde ein Team los. In letzterem Fall gibt es später einfach einen abschließenden Bericht. Geht ihr persönlich auf Mission, heißt es wieder: Alle Gegnerwellen erledigen, Daten Sammeln oder eine Zielperson beschützen. Auch im Multiplayer gibt es, man kann es sich denken, nichts Neues. Für den ein oder anderen ein Lichtblick: er ist optional!
Auch wenn es im Test hier und da anders wirkt: Mass Effect Andromeda ist gut. Es mag zum Teil an der Erwartungshaltung liegen. Zwischen Teil 3 und Andromeda liegen 5 Jahre. Zudem befinden wir uns in einer neuen Konsolengeneration. Sprich: mehr Power! Da erwarten viele Spiele einfach mehr, als man uns 2012 aufgetischt hat.
Abgesehen von der insgesamt besseren Technik bietet es einfach zu wenig Neues. Dank Zeitsprung und neuer Galaxie standen Bioware alle Türen für einen waschechten Neuanfang offen. Doch für diesen großen Schritt war man scheinbar nicht bereit. Wie sonst ist es zu erklären das nahezu alles aus den vorherigen Spielen, was halbwegs plausibel möglich war, wieder in das neue gepackt wurde? Schade, dass auch zahlreiche Fehler und Bugs mitgereist sind. So bietet Mass Effect Andromeda mehr vom gleichen... auf dem Stand von 2012.
Wer genau das erwartet, der findet hier die Erfüllung seiner Träume. Alle anderen halten nach dem nächsten Sci-Fi oder Bethesda Spektakel Ausschau.