
Mr. Gunpei Yokoi mit seinem bekanntesten Kind
Besessen von dem Gedanken sein letztes Mißgeschick auszubügeln und den Erfolg des Game Boys noch einmal mit einem Handheld zu wiederholen, entwickelte Mr. Yokoi mit seiner Firma (und bescheidenen Mitteln) erste Prototypen des WonderSwan und stellte diese interessierten Firmen vor. Unter anderem soll laut diverser Quellen auch Sony dabei kontaktiert worden sein, die jedoch dankend ablehnten. Bei Bandai wurde man schließlich fündig, nachdem sich bereits seit Jahren hartnäckig die Gerüchte hielten, der Konzern plane den Einstieg ins Konsolenbusiness. Yokoi selbst sollte den Erfolg seines letzten Kindes allerdings nicht mehr erleben - er starb viel zu früh bei einem Autounfall am 04. Oktober 1997.


Stichtag 4. März 1999 - mit dieser Broschüre wurde der Release beworben
Am 04. März 1999 war es dann endlich soweit - der WonderSwan erreichte die japanischen Händlerregale. Flankiert von den beiden Bandai Titeln Gunpey (benannt zu Ehren des verstorbenen Entwicklers) und Chocobo no Fushigi na Dungeon sorgten anders als z. B. beim Neo Geo Pocket eine Reihe 3rd-Party-Firmen für den nötigen Softwarenachschub. Taitos damals unglaublich populäre Eisenbahnsimulation Densha de Go! erwies sich etwa mit fast 100.000 Verkäufen in den ersten Monaten als ein wahrer Systemseller. Zwar war die schwarz/weiß Optik des Handheld nicht gerade mehr zeitgemäß, aber der Screen war qualitativ sogar dem Game Boy Color überlegen, das innovative Konzept von horizontaler und vertikaler Haltung war neu und nicht zuletzt waren es die auf den japanischen Geschmack zugeschnittenen Games selbst, die dem WonderSwan einen Überraschungserfolg verbuchen ließen. Auch der günstige Verkaufspreis von nur 4.800 Yen (ungefähr 50 Euro) beschleunigte den Absatz natürlich enorm.

Nur einige Mitglieder der großen WonderSwan Familie!
Bandai schien alles richtig zu machen. Der Spielenachschub rollte (der Großteil der Games stammt aus eben dieser Epoche) und die Spiele verkauften sich auf dem hartumkämpften japanischen Markt durchaus ordentlich. Bereits zitiertes Chocobo no Fushigi na Dungeon schaffte es etwa im Jahr 1999 mit 175.987 verkauften Einheiten auf Platz 92 der Top 100 aller Videospiele in Japan. Angesichts der immensen Zahl der Spieleveröffentlichungen in Nippon ist dies ein durchaus beachtlicher Erfolg, der später so nicht mehr wiederholt werden sollte.
Auch die Tokyo Game Show '99 war äußerst vielversprechend - neben einer Vielzahl an neuen Spieletiteln wurden außerdem auch noch ausgefallene Neuheiten wie die nie erschienene Digicam Wonder Mexia, das kultige Handy Sonar und das Entwicklerkit Wonder Witch präsentiert.

Größenvergleich - WonderSwan und Game Boy Color
Doch die Problematik des rückständigen schwarz/weiß Bildes sollte sich zunehmend verschärfen. Vorallem weil der weiterhin führende Mitkonkurrent Nintendo mit seinem Game Boy Color auf den Markt voran drängte und somit endlich Farbe ins Spiel brachte. Bei Bandai reagierte man darauf, ebenso wie bei SNK, mit einiger Verspätung, kündigte sodann aber eine farbige Variante des Handhelds an, dessen Innenleben und niedriger Preis jedoch auch weiterhin Bestand haben sollten - der WonderSwan Color war schließlich geboren.
Auf der vom 22. - 24. September 2000 stattfindenden Videospielmesse Tokyo Game Show wird das neue Color Modell schließlich ausführlich der Öffentlichkeit vorgestellt. Neben einer 100%igen Kompatibilität zu den alten s/w Titeln sollten Detailverbesserungen wie eine längere Batterielaufzeit und eine angenehmere Ergonomie die Kunden begeistern. Zu diesem Zeitpunkt hält der WonderSwan auf dem japanischen Markt je nach Analystenaussagen zwischen 8% - 10% Marktanteil, was angesichts der jahrelangen Dominanz Nintendos doch als klarer Erfolg zu werten ist.

Der neue WonderSwan Color - da freuen sich die Bandai Oberen!
Außerdem ein heißes Messethema - das Zubehör Wondergate, mittels dem man schon ab Herbst 2000 in Japan ins Internet konnte. Rechts in den Port des WonderSwan gesteckt und mit einem kompatiblen Handy verbunden, liessen sich mittels einem Browser-ähnlichen Interface e-mail empfangen und versenden, sowie Highscores zu Spielen uploaden bzw. speziellen Content downloaden. Obwohl die Euphorie der Entwickler ob dieses zukunftsweisenden Features keine Grenzen kannte, wurde die Funktion letztlich nur bei wenigen Titeln eingebaut und ist darüber hinaus auch nur in Japan zu nutzen gewesen.

Sind sie nicht süß? Man weiß gar nicht wem von beiden man verfallen soll ^_^
Kurz vor Jahresende, am 30. Dezember 2000, war es schließlich soweit - der WonderSwan Color war im japanischen Handel zu haben und erfreute sich regen Zuspruchs. Vorallem aber rückte eine Sensationsnachricht schon im Vorfeld das Augenmerk auf Bandais Color Handheld - Squaresoft entwickelt für WonderSwan. Nachdem sich die Bosse von Squaresoft und Nintendo Ende der 90er Jahre verkrachten und jede Art der Zusammenarbeit aufkündigten, schien Bandai als lachender Dritter aus dem Zwist hervorzugehen. Bereits früh hatte sich Square schon für den Handheld interessiert, nun fuhr man das stärkste Geschütz der Company auf, um es in den Dienst des WonderSwan zu stellen - ein Final Fantasy I Remake zum Start des WonderSwan Color.

Japan im Glück! Auf der Herbst TGS 2000 war Final Fantasy I anspielbar!
Insgesamt drei Final Fantasy Teile (I, II & IV) wurden 2001 und 2002 auf dem WonderSwan mit verbesserter Grafik und neuer Steuerung veröffentlicht und überzeugten selbst treue Nintendofans vom Angebote Bandais. Der WonderSwan erreichte den Höhepunkte seiner Laufbahn und Squaresoft kündigte laufend weitere Entwicklungen an - Blue Wing Blitz, Front Mission, Romancing SaGa, Wild Card, Dice de Chocobo, ...

Viele jap. Magazine widmeten dem WonderSwan sogar das Cover..
In diese Zeit fällt auch der von Bandai ausgerufene WonderWitch Grandprix, bei dem Japans findigste Hobbyprogrammierer ihre mittels "WonderWitch" (stammt übrigens von der Firma "Koto") programmierten Softwaretiteln im Rahmen eines Events vorstellen durften. Die besten Kandidaten wurden dabei prämiert und mit Preisen belohnt, in unserer Specials Rubrik findet ihr genauere Infos zu den einzelnen WGP Events.

Auch viele Spieler außerhalb Japans begannen in diesen Tagen den WonderSwan erstmals wahrzunehmen und durchwühlten das seinerzeit noch kleine WorldWideWeb nach Informationen suchend. Bandai trug dieser Entwicklung sogar Rechnung und stellte eine englische Version seiner WonderSwan Infoseite ins Netz, wo sich interessierte Gamer einen ersten Überblick über das Angebot an verständlicher Hard- und Software verschaffen konnten.

Erreichten leider niemals Übersee - die fünf Standardmodelle des WSC
Natürlich kam irgendwann die Frage nach einem Release außerhalb Japans auf. Und die Forderungen und Wünsche der Fans schienen Gehör zu finden - der US-Spielzeuggigant Mattel bekundete sein Interesse an einem US-Vertrieb des WonderSwan und schloß hierüber sogar ein Abkommen mit Bandai ab. Doch es sollte niemals soweit kommen. Was nun schließlich der wahre Beweggrund für den geplatzen US-Release war, wird sich wohl nur schwer rekonstruieren lassen. Eine Version ist das Mattel angesichts des plötzlich wiederauferstandenen "Projekt Atlantis" (der Game Boy Advance) von Nintendo kalte Füße bekam und einen Rückzieher machte. Eine andere Version hingegen will von ganz profanen Problemen finanzieller Natur erfahren haben, da sich die Firmen nicht auf für beide Seiten akzeptable Regelung einigen konnten. Wie auch immer - der Sprung in den Westen war endgültig geplatzt und das Schicksal des WonderSwan in gewisser Weise entschieden.
Trotz etlicher auf populären Manga und Anime Lizenzen basierenden Spielehits konnte der WonderSwan 2001 seinen Marktanteil nicht mehr weiter entscheidend ausbauen. Zu sehr schwebte bereits der Schatten des GBA über dem japanischen Handheldmarkt, der mit seiner 32-Bit CPU alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen sollte. Und tatsächlich schien sich das Interesse an Bandai's Handheld trotz erstklassiger Software immer mehr zu verlieren. Dies entging natürlich auch der Firmenzentrale Bandais nicht, welche die hauseigene Entwicklungsabteilung unter dem Vorsatz der vollständigen Kompatibilität zu den beiden erhältlichen WonderSwan Modellen an einem Nachfolger werkeln ließ - der Swan Crystal sollte die Waffe Bandais gegen den GBA sein und wurde zu Verkaufsbeginn gleich 500.000 mal an den japanischen Einzelhandel ausgeliefert.

Bandais letzte Offensive - Swan Crystal
Der Swan Crystal war zwar immer noch mit einer 16 Bit CPU getaktet, lieferte mit seinem 2,8" TFT Bildschirm nun aber ein klareres Bild ab. Auch die Batterielaufzeit wurde nochmals verlängert und das lästige drehen am Kontrasträdchen entfiel nun auch endlich, wobei der Preis nur marginal gegenüber der Color Variante anzog. Zudem schöpfte man auch lizenzrechtlich nochmal aus dem Vollen. Interne Teams und nahe Entwickler wurden mit Fortsetzungen zu den beliebtesten Spielereihen beauftragt. Neue Spiele zu Gundam, One Piece und Digimon sollten es Mithilfe das Anime-Bonus wieder richten und den WonderSwan zurück in die Top 10 Verkaufscharts führen.
Zudem veranstaltete man zum Weihnachtsfest '02 nochmal eine große Aktion in Kooperation mit dem japanischen Einzelhandel - jeder Käufer eines neuen Swan Crystal oder WonderSwan Color erhielt einen 1.000 Yen Gutschein für WonderSwan Software dazu. Auch mit neuen Farbversionen (blau-transparent bzw. schwarz-transparent) hoffte man dem Swan Crystal noch einmal Beine machen zu können.


Blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück - Swan Crystals in OVP
Doch all die Bemühungen halfen nicht mehr. Nintendo konnte wieder als Sieger vom Platz gehen, nach der Veröffentlichung des GBA und der Aussöhnung zwischen Nintendo und Squaresoft sollten die WonderSwan Verkäufe in den Keller gehen. Für viele Japaner hatte der WonderSwan damit quasi seine Existenzberechtigung verloren. Das spiegelte sich auch in den totalen Hardwareverkäufen des Jahres 2002 wieder. Während Swan Crystal und WonderSwan Color gemeinsam nur noch auf 221.663 verkaufte Geräte kamen, hatte sich der GBA bereits rund 2,8 Millionen mal verkauft. Selbst solche Meisterwerke wie Squaresofts Front Mission verkauften sich zuletzt nur knapp über 20.000 Mal und enttäuschten damit defintiv die Hoffnungen, die man in sie gesetzt hatte.

Square Promo Video @ Tokyo Game Show (WonderSwan) - Trailer
(click play to start)
Der Abwärtstrend war also nicht mehr aufzuhalten, das Gerät fast schon zum Nischenprodukt verkommen. Der größte japanische Spielwarenhersteller Bandai stand nun vor der Schicksalsfrage - nochmal alles auf eine neue Hardware setzen oder aber die WonderSwan Abteilung einstampfen. Zum Entsetzen der eingeschworenen Fangemeinde entschied man sich für letzteres und gab dies im Rahmen eine Pressekonferenz am 18. Februar 2003 bekannt. Der WonderSwan war tot. Ausdrücklich betonte man das es keine weiteren Modelle mehr geben werde, der Swan Crystal nur noch auf spezielle Bestellung produziert werde und man stattdessen künftig lieber ins lukrativere GBA-Geschäft einsteigen wolle. Immerhin kündigte man noch die Veröffentlichung einiger bereits im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befindlicher Spielehits (z. B. Dragonball) an und auch die WonderWitch Grand Prix Gewinner Judgement Silversword und Dicing Knight kamen noch zu späten Ehren.
Darf man den Worten Bandais an diesem Tag glauben, so haben sich weltweit etwa 3,5 Millionen WonderSwan Handhelds verkauft. Und auch wenn der WonderSwan letztlich keine Erfolgsgeschichte wurde, so war es doch bis zum Erscheinen von Sonys PSP für lange Zeit der einzigste Handheld, der die Dominanz des Game Boys zumindest ein wenig zu erschüttern vermochte und Konkurrenzkampf in einen Markt brachte, den dieser schon lange nicht mehr gesehen hatte...