Bei mir stand die gamescom dieses Jahr fast ausschließlich im Zeichen der Indie-Games, was sich im Nachhinein als gute Entscheidung herausstellte. Ich war dieses Jahr zwar nur zwei Tage vor Ort, am Mittwoch und Donnerstag, habe aber dennoch viele gute Games gesehen, die ich mir bei Release sicherlich gönnen werde. Meine Reise begann im Wilden Westen mit Hard West von Gambitious, das von Creative Forge Games entwickelt wird. Hinter dem Erstlingswerk aus Programmierern von Techland, CI Games und Flying Wild Hogs verbirgt sich ein rundenbasiertes Strategiespiel im Wilden Westen. Es erfindet zwar das Genre nicht neu, bietet aber dennoch einige Detailverbesserungen, um das Spielerlebnis frisch zu halten. Beispielsweise kann der Spieler im Kampf Gegner bereits erahnen, die man noch nicht sieht, wenn man ihren Schatten am Boden erblickt. Außerdem wird es eine Kampagne mit acht verschiedenen Szenarios und vierzig Missionen geben, was ordentlich Inhalt bringt. Neben anpassbaren Charakterfähigkeiten und mehr als drei Dutzend Schusswaffen dürfte man genug zum Ausprobieren haben. Ab Oktober wissen wir dahingehend mehr, denn dann erscheint das Spiel über Steam als Early-Access-Version.
Weiteres Highlight war Enter the Gungeon, ein Twin-Stick-Dungeon-Crawler im liebevollen Retrodesign, der das klassische Roguelike mit flottem Twin-Stick-Shooter-Gameplay verbindet. Jeder Raum ist gespickt mit Gegnern oder Fallen, aber ebenso mit Schätzen. Die Dungeons sind zwar zufallsgeneriert, gewisse Elemente sind pro Ebene aber vorgegeben. Erledigte Widersacher lassen dabei Münzen zurück, die im Shop in Waffen oder zusätzliche Ausrüstung investiert werden können. Diese braucht ihr auch gegen Bosse, die es in Sachen Schwierigkeitsgrad in sich haben. Glücklicherweise lassen sich die Geschosse der Gegner auf Knopfdruck ausweichen, was im Laufe des Spiels euer bester Freund werden wird. Bereits in der Alphaversion machte das Game einen Heidenspaß und ich konnte mich nur schwer davon trennen. Sicherlich ein Pflichtkauf!
Anschließend ging es ruhiger zu, denn die Deluxe Edition von The Talos Principle wartete auf mich, zusammen mit Nikola Mosettig von Croteam, der sich Zeit genommen hatte, mir das Spiel zu präsentieren. Bereits die Grundversion des Spiels hatte auf dem PC zahlreiche Preise und großartige Kritiken eingeheimst und gilt als Must-Have. Es handelt sich um ein First-Person-Puzzlegame, das mit seiner Geschichte einen leicht philosophischen Ansatz einschlägt. Croteam war ja bisher bekannt geworden mit der Serious-Sam-Reihe, die zwar nicht gerade mit einer tiefgründigen Story, dafür aber durch fetzige Action gefallen hat. The Talos Principle ist das genaue Gegenteil dazu: Entspanntes Gameplay, das eure Gehirnzellen strapazieren wird. Neben dem Grundspiel enthält die Deluxe-Fassung der PS4-Version auch das kürzlich erschienene Add-on namens Road to Gehenna, das nicht nur forderndere Puzzles, sondern ebenso eine neue Storyline enthalten wird. Insgesamt dürft ihr euch also durch 120 Rätsel knobeln und die komplette Geschichte ab Oktober auf PlayStation 4 erleben.
Im Anschluss ging es bei Shadow Warrior 2 etwas brachialer zur Sache. Wer bereits den direkten Vorgänger, also das Reboot des Klassikers der 90er Jahre, kennt, der weiß, dass Lo Wang keine Gefangenen macht. In der erweiterten Road Hog Engine des Entwicklers ist die frei erkundbare Welt noch schöner und auch gefährlicher. Dafür darf man als wichtigstes neues Feature im Coop mit bis zu drei Freunden auf die Jagd gehen. Dabei wird jeder die gleiche Geschichte erleben, ob allein oder zu viert. Die Levels sind zufallsgeneriert, wenn auch gewisse Teile davon, beispielsweise Bosskämpfe, fest vorgegeben sind. Die Spielweise bleibt einem selbst überlassen. Als Ninja ist es natürlich möglich, sich an Gegnern vorbeizuschleichen, um sie mit einem einzigen Hieb zu erledigen. Genauso könnt ihr euch auf die brachiale Tour durch die Feindesreihen schnetzeln und wichtiges Loot abgreifen. Dabei wurde betont, dass anhand der verbesserten Engine man die Feinde noch zu kleineren Klumpen als bisher verarbeiten kann, was einen Deutschlandrelease auch dieses Mal sehr unwahrscheinlich machen wird. Spaßig sah es aber dennoch aus und mit dem Lootsystem und den zufallsgenerierten Missionen im Coop sind launige Spielsessions mit Freunden garantiert.
Bei Ironcast ging es wieder ruhiger zu. In dem Steampunk-Strategie-Puzzlegame steht die Match-3-Spielmechanik im Vordergrund, durch die das tiefe Gameplay leicht zu erlernen ist. Das Spiel spielt in einem alternativen 19. Jahrhundert, das durch einen Krieg zerrüttet ist. Die Parteien bekämpfen sich allerdings mit riesigen Mechs und auch wir haben solch einen Ironcast und versuchen das British Empire vor den Eindringlingen zu befreien. In verschiedenen Missionen werden wir zum Kampf herausgefordert und müssen strategische Entscheidungen treffen, um den Feind zu vernichten. Dabei erhalten wir mit jedem Kampf Erfahrungspunkte und können die Kampfkraft des Ironcast mit Geld und Gegenständen erweitern. Auf dem PC sorgte das Spiel bereits Anfang des Jahres für viel positives Feedback der Nutzer. Im ersten Quartal 2016 wird das Spiel auf PlayStation 3, PS4 und Xbox One veröffentlicht werden. Wir dürfen gespannt sein!
Mit Sebastién Loeb Rallye will Milestone nun auch ohne offizielle WRC Lizenz eine eigene Rallye-IP am Markt positionieren. Das Spiel trägt dabei die typischen Trademarks des Entwicklers: Man hält ein gutes Maß zwischen Realismus und Arcadegameplay, hinkt aber optisch dem aktuellen Zeitgeist hinterher. Stört mich persönlich nicht, da das Gameplay selbst stimmt. Man hat die Wahl zwischen klassischen Rallyeevents und dem Rallyecross. Allerdings waren es gefühlt noch ziemlich wenige Spielmodi, die bisher integriert wurden, aber da der Titel ins neue Jahr verschoben wurde, hat Milestone ja noch genug Zeit, um weiteren Inhalt zu implementieren.
Nächste Station meinerseits war der Reboot der Guitar-Hero-Reihe, der meines Erachtens sehr gut gelungen ist. Das neue Instrument liegt sehr gut in der Hand und die Entscheidung, die Gitarre umzugestalten, war keine schlechte. Statt der früheren fünf Buttons sind es nun sechs geworden, die auf drei Frets aufgeteilt sind. So spielt man hohe und niedrige Noten, was gefühlt eingängiger ist und man so weniger Finger zum Spielen braucht; ergo einsteigerfreundlicher. Im Gegensatz zu den früheren Teilen geht man weg vom Comicstil der Figuren und unterlegt die Songs mit Realvideos aus der Egoperspektive des Gitarristen. Diese Videos verändern sich dynamisch, je nachdem wie gut man spielt. Trifft man die Noten, ist das Publikum aus dem Häuschen und auch die Bandmitglieder sind happy. Läuft es allerdings nicht so gut, wird man ausgebuht und es fliegen schon mal leere Becher auf die Bühne. Jedoch wird ein Song nie abgebrochen, egal wie schlecht man auch spielt. Gelungenes Feature ist auch der Live Modus, bei dem man online verschiedene Sender besucht, die nach Genres aufgeteilt sind. Hier läuft ein stündliches spezielles Programm im Live-TV oder man wählt einen bestimmten Song aus, mit dem man sich mit anderen messen möchte. Wer Guitar Hero früher schon mochte, wird auch den kommenden Teil lieben!
Eine besondere Spielerfahrung lieferte mir Starpoint Gemini 2, ein Open-World-Weltraumsimulator mit RPG-Elementen, das von den Little Green Men entwickelt wird. Ein Spiel, das nicht nur durch einen enormen Umfang besticht, sondern auch dadurch, dass man solch ein Game auf der Xbox One bisher vergeblich sucht. Obwohl in Kürze Elite Dangerous auf der One starten wird, sind diese Spiele nur oberflächlich miteinander vergleichbar. In Starpoint Gemini 2 steuert man sein Schiff nicht direkt aus dem Cockpit heraus, sondern von einer Außenansicht. Allein die Sternenkarte des Spiels ist riesig, mit verschiedenen Welten, die es alle zu erkunden gilt. Das Spiel ist mehr ein Rollenspiel, in dem wir Quests annehmen, die unterschiedlicher Natur sein können. Ob man Waren transportiert oder jemanden gegen Geld erledigt, bleibt einem selbst überlassen. Das Gameplay erinnert ein wenig an das Vorbild Freelancer oder meinem All-Time-Favoriten Wing Commander Privateer, wenn auch nur im Ansatz. Die größte Schwierigkeit war laut Entwickler die Umsetzung der Steuerung von PC auf Konsole, was durchaus nachvollziehbar ist. Auf jeden Fall verspricht das Game stundenlangen Spielspaß und wird gegen Ende des Jahres bei uns erscheinen. Ebenfalls in Entwicklung befindet sich ein Ableger der Starpoint-Gemini-Reihe, der den Namen Warlords trägt. Allerdings sind zu diesem Spiel erst Konzeptzeichnungen vorhanden. Hier handelt es sich um ein eher kriegerisches Spiel, bei dem man mit Taktik und Strategie andere Systeme erobern wird. Da alles aber noch in einem frühen Stadium ist, werden wir dazu erst in Kürze näher darauf eingehen können. Es gab sogar »Ingame-Verpflegung«, wie ihr anhand des Bildes erkennen könnt. ;)
Ein weiteres spaßiges Game war Blackhole von dem jungen tschechischen Entwicklerteam Fiolasoft. Ein Puzzle-Plattformer, der bereits für PC erschienen ist und bald für nVidia Shield und Xbox One veröffentlicht wird. Hierbei ist es die Aufgabe des Spielers, innerhalb eines Levels mehrere Orbs zu sammeln, um den Ausgang ins nächste Level zu öffnen. Um zum nächsten Spielabschnitt zu gelangen, ist jedoch nur einer dieser wertvollen Brocken notwendig. Diese Designentscheidung wurde deshalb getroffen, damit jeder Spieler den vollen Storymodus genießen kann, denn alle aufzusammeln kann in manchen Levels eine knackige Aufgabe werden. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man das Spielfeld mit den Blackholes an den Wänden drehen kann und so auf Plattformen kommt, die man vorher nicht erreicht hat. Diese muss man clever nutzen, um alle Orbs zu sammeln. Sollte man in der Zwischenzeit sterben, muss von neuem begonnen werden. Weiterhin läuft eine Zeit mit, die gespeichert wird, sobald man einen Puzzlelevel zu 100 % abgeschlossen hat. Diese kann genutzt werden, um seine Zeiten mit anderen zu vergleichen. Insgesamt mehr als 70 Levels und eine etwa zehnstündige Story warten auf die Erkundung.
Mit Kollege Heiko war ich zudem bei NIS America, die in nächster Zeit einige Games zu uns nach Europa bringen. Darunter auch mein persönliches Highlight Etrian Mystery Dungeon für den 3DS, von dem aber leider nichts gezeigt wurde. Ich freue mich aber auch auf Danganronpa Ultra Despair Girls, einem Spin-off der Danganronpa-Reihe, der zwischen Teil 1 und 2 spielt. Allerdings ist es diesmal kein Visual Novel bzw. Adventure, sondern ein Third-Person-Action-Game. Hier gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten und man konnte für die Zwischensequenzen des Spiels das Team des Animes gewinnen, was für die nötige Immersion sorgt.
Zuletzt war ich mit meinen Kollegen noch bei Nintendo zu Gast, um kommende Spiele anzuspielen. Mein Favorit bei der Präsentation war eindeutig Yokai Watch, das für mich als Fantasy-Life-Veteranen zwar ein ähnliches Gameplay aufweist, aber auch wieder durch das liebevolle Design von Level 5 besticht. Überraschend war, dass man kein Metroid Prime Federation Force für 3DS anspielen konnte, aber womöglich hat man nach der Reaktion des Publikums während der E3 sich noch einmal zurückgezogen, um das Spiel zu überarbeiten. Ich hatte mich persönlich auch auf ein Project Zero: Priesterin des Schwarzen Wassers gefreut, was aber ebenfalls nicht gezeigt wurde. Überrascht hat mich der Super Mario Maker. Mit ihm lassen sich aberwitzige Levelkreationen erstellen und mit anderen teilen. Sofern das System angenommen wird, ergeben sich womöglich unendlich viele Spielmöglichkeiten. Ich bin gespannt, ob Nintendo selbst auch Levelpacks dazu liefern wird.
Leider hatte ich während der gesamten Messe keine Möglichkeit, mein kommendes Highlight Forza Motorsport 6 anzuspielen, aber glücklicherweise ist der Release bereits in einem Monat, sodass ich nicht mehr warten muss. Im Grunde war es aber für uns wieder eine lohnenswerte Messe mit tollen Games und freundlichen Kontakten. Nächstes Jahr bin ich dann wieder über die volle Distanz am Start und werde wieder ausgiebig Games antesten. Ich freu mich drauf! :)