Für viele ist es das bis dato genialste Adventure. Manche behaupten sogar, es wäre eines der besten Spiele aller Zeiten. Die Rede ist natürlich von Maniac Mansion 2: Day of the Tentacle, welches 1993 in Zusammenarbeit mit Tim Schafer und David Grossmann entstand. Beide arbeiteten zuvor mit SCUMM-Erfinder Ron Gilbert an den Monkey Island Ablegern, der ihnen bei der Entstehung der Geschichte von Day of the Tentacle unter die Arme griff. Diese spielt fünf Jahre nach den Geschehnissen von Maniac Mansion. Aus dem verrückten Tollhaus entwickelte sich das Motel Edison, in dessen Keller der wahnsinnige Doktor Fred zwei kleine, schleimige »Haustiere«, auch Tentakel genannt, als Labor Assistenten nutzt. Eines schönen Tages beginnt Purpur-Tentakel das verseuchte Wasser hinter dem Motel/Labor zu trinken, welches ihm nicht nur zwei Stummelarme gab, sondern ebenso das Verlangen nach Weltherrschaft. Der freundliche Grün-Tentakel verfasst daraufhin einen Brief an seinen alten Freund Bernhard Brenouille und bittet ihn Purpur aufzuhalten. Zusammen mit Medizin Studentin Laverne und dem Roadie Hoagie macht er sich auf den Weg zurück zum ehemaligen Tollhaus, wo Doktor Fred schon einen genialen Plan ausheckte. Er lässt die drei Helden mittels der Zeitmaschine Chron-o-John in die Vergangenheit reisen, um Purpur daran zu hindern das verseuchte Wasser zu trinken.
Doch der erfahrene Zocker und Filmliebhaber weiß, dass das Reisen durch die Zeit immer schief geht! So landet Hoagie 200 Jahre in der Vergangenheit, Laverne 200 Jahre in der Zukunft und Bernhard in der Gegenwart. Ziel des Spiels ist es nun die Drei in die Jetztzeit zu bringen, damit sie ihre eigentliche Mission durchführen können. Doch wie bekommt Bernhard den Chron-o-John repariert, um die beiden anderen zurückzuholen? Wie befreit sich Laverne aus der Menschensklaverei, die in der Tentakel verseuchten Zukunft herrscht? Und das viel größere Problem: Wie kommt Hoagie 200 Jahre in der Vergangenheit an eine Stromquelle, um seine Zeitmaschine zu aktivieren?
Inspiration bekam das Dream-Team Schafer, Grossmann und Gilbert von Charles Martin »Chuck« Jones, der mit den Looney Toons samt Bugs Bunny und Daffy Duck zu weltweiten Ruhm kam. Der Einfluss lässt sich glasklar im durchgeknallten und bunten Grafikstil erkennen, sowie in dem teils abstrusen Humor. Doch das Killerfeature sind eindeutig die smarten Zeitreise-Rätsel. Es handelt sich hierbei um temporale Paradoxie, welches die Knobeleien so clever macht. So wird in der Vergangenheit bei George Washington, Thomas Jefferson und Co. die amerikanische Verfassung geändert, um einen bestimmten Gegenstand in der Zukunft zu erhalten. Die Rätsel fügen sich allesamt super in die Spielwelt ein, so dass es auf seine eigene Art und Weise völlig logisch erscheint, was zu tun ist. Als kleines Gimmick findet man im Tollhaus sogar eine spielbare Version von Maniac Mansion. Allerdings mit einem fiesen Bug: Mit dem Briefkasten kann nicht interagiert werden, so dass sich das Spiel mit einigen Charakteren nicht lösen lässt.
In der Anfangsphase der Entwicklung plante man, ähnlich wie im Vorgänger, eine Charakterwahl von sechs Teenagern anzubieten. Darunter die bereits bekannte Razor, sowie die zwei neuen Helden Moonglow, ein zu kurz geratener Baggyhosen-Träger, und der Poet Chester. Der darauf folgende Design-Prozess wurde allerdings dadurch zu kompliziert, auch machte man sich über die steigenden Produktionskosten sorgen, so dass man das Feature kurzerhand strich. Technisch stellt Day of the Tentacle das letzte Spiel mit dem herkömmlichen SCUMM-System dar, in dem man aus einer Liste von Verben die Aktionen zusammen klickte. Außerdem war es das erste LucasArts Adventure, welches direkt zum Release eine, sogar in Deutsch übersetzte Talkie-Version spendiert bekam, so dass die Illusion, einen interaktiven Cartoon zu zocken, perfekt war. Dies in Zusammenarbeit mit dem Gameplay machen Day of the Tentacle absolut zeitlos. Der Titel lässt sich heute noch genauso gut spielen, wie vor 18 Jahren. So taucht er auch immernoch in den Listen der besten Videospiele aller Zeiten auf, ebenso wie Purpur-Tentakel ein heißer Kandidat für den bösesten Bösewicht darstellt. Kurzum: Day of the Tentacle steht offiziell für den Höhepunkt der gesamtem Point‘n‘Click Adventure Ära. Wie sollte man das überbieten?