Während relativ teure und lange Entwicklungszeiten bei den Heimkonsolen die vielen kleinen Firmen vergangener Tage aus dem Rennen um die Käufergunst warfen, schien sich der Handheldmarkt noch in Dornröschenschlaf zu befinden. Denn nachdem Nintendo´s Game Boy Anfang der 90er Jahre eine monopolartige Stellung erreicht und die beiden Konkurrenten Game Gear und Atari Lynx ins Abseits gedrängt hatte, kam außer alter Hardware in neuem Gehäuse für lange Zeit nichts mehr aus dem Hause Nintendo. Eine verlockende Einladung für zahlreiche Firmen wie SNK, Bandai oder eben auch Tiger doch ebenfalls ihr Glück auf diesem einträglichen Geschäftsgebiet zu versuchen.

A new star is born?
Und so werkelte man bei Tiger bereits im Jahre 1996 noch hinter verschlossenen Türen an einem neuen Handheld, der ähnlich wie der Game Boy über ein schwarz / weiß Display verfügen sollte, gleichzeitig aber neben dem Spielen auch noch die Aufgaben eines der damals kurzzeitig in Mode gekommenen elektronischen Organizer übernehmen sollte.

So sah Tiger´s Attacke auf den Game Boy aus!
Damit war auch schon deutlich sichtbar, daß man bei Tiger Electronics mit dem Game.com auf den Markt der "Erwachsenen" Zocker vorstossen wollte. Doch die - aus heutiger Sicht unfähige - PR Abteilung versäumte es vollkommen Kino, TV und Printwerbung auf entsprechende Kundschaft auszurichten. Stattdessen versuchte man mit möglichst coolen Sprüchen offenbar die Jugendlichen zu beeindrucken, in unrühmlicher Erinnerung ist da sicherlich beispielsweise noch der bekannte Werbespruch "It plays more games than you slackers have brain cells." geblieben.
Dabei hatte man sich im Vorfeld schon viel Mühe gegeben und für nicht gerade wenig Geld bekannte Franchises wie Duke Nukem, Mortal Kombat und Resident Evil erworben. Allerdings stelllte man bald fest, daß es nicht allein ausreicht nur die Namen zu erwerben. Da dank teurem Franchise dann an fähigen Entwicklern gespart werden mußte, sah das Endprodukt auch dementsprechend drittklassig aus. Dazu gesellten sich noch technische Unzulänglichkeiten des Handhelds, auf die wir aber gesondert noch eingehen werden.
Der Release im September 1997 war jedenfalls eine mittlere Katastrophe. Ohne vorher großartig Werbung zu schalten oder zumindest die Presse zu informieren stand das Gerät plötzlich in den Händlerregalen. Und dort stand es lange, da die stirnrunzelnden Kunden nichts damit anzufangen wussten. Zwar war der Verkaufspreis von etwa 80 US Dollar durchaus konkurrenzfähig, lediglich drei erhältliche Spiele (zwischen 20 - 30 US-Dollar) hingegen etwas arm. Und während anfangs noch das Gerät solo verkauft wurde, schnürte man kurze Zeit danach ein Bundle mit dem Puzzler Lights out, welches praktisch als kostenlose Dreingabe dabei war. (Und übrigens nur in diesem Bundle verkauft wurde!)
Gegen die miesen Verkaufszahlen sollte sich aber auch das als kein probates Mittel herausstellen.

Game.com im Lights Out Bundle..
So langsam geriet man dann nun in Panik. Selbst klangvolle Titel wie Mortal Kombat Trilogy und Duke Nukem 3D blieben entweder wie Blei in den Händlerregalen liegen oder erreichten die wartenden Fans verspätet oder gar nicht. Einzelne Fachhändler hatten bereits nach wenigen Monaten die Nase voll und begannen damit, das System günstig abzustoßen. Da brachte auch ein Resident Evil 2 oder Sonic Jam keinen Umschwung mit sich, von Titeln wie Scrabble oder Wheel of Fortune ganz zu schweigen...
Man begann aber nun nicht etwa gezielter zu werben, höhere Summen in bessere Entwickler zu investieren oder die Spiele besser auf die Hardware abzustimmen. Nein, stattdessen fing man wie Atari seinerzeit beim Lynx den game.com einem Redesign zu unterziehen, um Kosten einzusparen und das Gerät optisch attraktiver zu gestalten. Das Ergebnis dieser Bemühungen hieß dann game.com Pocket Pro, war ab 1998 in den Farben Blau, Grün, Rosa und Lila erhältlich und brauchte von nun an sogar nur noch zwei handelsübliche AA Batterien. Und dies trotz neuerdings verwendeter Hintergrundbeleuchtung. Allerdings fehlte dafür aber der zweite Modulschacht und man muß wahrlich kein Prophet sein um zu wissen, daß auch dies keine Kehrtwende für den glücklosen Handheld herbeiführen konnte.

Oh toll! Den game.com gibts auch in hässlich! ;-)
Mindestens ebenso ging die dritte Hardwarerevision, der game.com Pocket unter. Selbiger wurde für lediglich 30 US-Dollar (diesmal wieder ohne Hintergrundbeleuchtung) als wohl letzter Verzweiflungsakt im Mai 1999 in den Kampf geworfen und verendete ebenso jämmerlich, wie seine Vorgänger in den Regalen einiger Kaufhäuser. Gerade wenn man die parallel dazu auf den Markt kommende Konkurrenz in Form von WonderSwan, Neo Geo Pocket und natürlich Game Boy Color ansieht.
Nachdem das Interesse dank neuer und leistungsfähigerer Hardware auch bei den letzten Fans immer mehr und mehr verschwand, wurden auch die Arbeiten an den restlichen Spieleprojekten nacheinander eingestellt. Ein Jahr später, gegen Mitte 2000 verkündete Tiger schließlich, was viele Experten schon lange erwartet hatten. Die Produktion des game.com wird komplett eingestellt und die restlichen Lagerbestände werden zu Spottpreisen an interessierte Spieler und Sammler verramscht. Diesem Umstand verdanken wir übrigens auch die Tatsache, daß sich auch heutzutage immer wieder günstige originalverpackte game.com Hardware bei ebay & co finden lässt.
Der game.com überzeugt optisch durch ein eigentlich klares Design, daß entfernt ein wenig an den Sega Game Gear erinnert. Anders als bei Sega's 8-Bit Handheld befindet sich aber an der rechten Seite der Slot für die Spiele, genauer gesagt sogar zwei in der klassischen Version des game.com. Leider völlig nutzlos, da niemals ein Spiel von diesen Fähigkeiten Gebrauch gemacht hatte. Intern bei Tiger hatte man wohl gehofft auf diese Art und Weise auch ADD-ONs und Expansion Paks Tür und Tor zu öffnen...

Hardwareschrott oder völlig unterschätzt? Der game.com Pocket Pro..
So sehr man in manchen Dingen innovativ war, so konservativ war man hingegen bei der Gestaltung der Buttons. Stilsicher ziert die linke Seite ein 8-Wege Steuerkreuz, während auf der rechten Seiten die vier Buttons A, B, C und D ihren Platz fanden. Zudem existieren auch noch drei Funktionstasten Pause, Sound und Menü, wodurch sich verglichen mit dem Game Boy Classic eine enorme Buttonvielfalt ergibt, die sicherlich auch komplexeren Spielen gerecht geworden wäre.
Zentral in der Mitte eingelassen befindet sich das schwarz / weiß LCD Display des game.com. Leider besitzt die klassische Version im Gegensatz zur aufgebohrten Pocket Pro Variante keine Hintergrundbeleuchtung, was das spielen bei Einbruch der Dunkelheit etwas schwieriger gestaltet. Langjährige Game Boy Spieler wissen aus leidvoller Erfahrung, was ich damit meine.
Als Besonderheit bietet der game.com aber eine Touch-Screen Funktion, wie man sie mit Ausnahme des Nintendo DS bisher nur von den auch immer mehr in Mode kommenden PDA´s her kennt. Mittels eines mitgelieferten Stylus Pens können Gamer so z. B. Menüeinstellungen vornehmen, teilweise setzen Games wie beispielsweise Wheel of Fortune komplett ausschließlich auf die Steuerung per Touch-Screen. Hier aber der Haken an der Sache - da Tiger nicht gerade die hochwertigsten und teuersten Materialen verwendete und die Technik noch in den Kinderschuhen steckte, ist es mit der Genauigkeit so eine Sache. Ähnlich präzises Zielen wie bei einem guten PDA darf man hier halt einfach nicht erwarten.
Noch dazu ist das behäbige Display (Auflösung 200x160) einfach nicht für schnelle Bewegungen und 3D Action geeignet, was die Verantwortlichen bei Tiger aber offenbar nicht so ganz wahrhaben wollten. Erschreckende Resultate sind dann Games wie Indy 500, bei dem die Rennwagen im Schneckentempo dahinzuckeln und einen normalen Spielfluss kaum zulassen. Zudem gibt es den game.com Kennern bekannten "Verwischeffekt" zu bewundern, welcher das Bild sehr unscharf wirken lässt. Akustisch untermalt wird das Spielgeschehen von Mono-Lautsprecher in der linken oberen Ecke des Geräts, welcher qualitativ jedoch stark enttäuscht und bei manchen Titeln gar schreckliche Töne ausspuckt.

Die vorinstallierte Software ist nur bedingt tauglich..
Übrigens verfügt der game.com über fest installierte Software, wobei man über deren Nutzen sicherlich streiten kann. Am interessantesten dürfte da am ehesten noch die Solitaire Umsetzung sein, die zwar simpel gestrickt, aber dennoch zwischendurch mal ganz spaßig sein kann. Die Highscores werden hier bei der Pocket Version des Handhelds, wie auch bei anderen Games, direkt im Speicher des game.com abgelegt.
Zudem verfügt das Gerät wie angedeutet noch über allerlei nützlichen wie unnützlichen Programmschnickschnack, als da wäre ein Taschenrechner, eine Kalenderfunktion (leider ohne die Möglichkeit Memos einzutragen!) und ein Adressbuch um beispielsweise Telefonnummern einzuspeichern.
Auch für den game.com erschien einiges an Zubehör, wobei sich Tiger Electronics vornehmlich an der Konkurrenz orientierte. Bestes Beispiel dafür ist das .compete Kabel, welches Duelle unter zwei game.com Fans erlaubt und quasi das Äqvivalent zum Game Boy Linkkabel darstellt.
Glücklich zudem diejenigen unter euch, die ein Carrying Case des game.com ergattern konnten. Die guten Stücke sind nämlich mittlerweile verdammt selten und ihr müsst schon richtig suchen, um hier noch so ein Teil aufzutreiben. Ebenfalls nicht mehr so einfach zu bekommen ist auch der offizielle AC Adapter aus dem Hause Tiger, welcher für längere Sessions einfach unentbehrlich ist.
Sicherlich verdammt interessant dürfte seinerzeit das Internet Feature gewesen sein. Dank separat erhältlicher Internet Cartridge und Modem konnte man sich nämlich auch ins weltweite Netz einwählen. Leider waren die damaligen Modems mit 14.4 k noch verdammt langsam und das Setup so haarstreubend, daß es schließlich nur wenige Fans ins Netz geschafft haben dürften. Gerüchteweise sollen sich sogar die Anleitungen des Modems und der Internet Cartridge in einigen Punkten widersprochen haben und so gerade Newbies den Weg Richtung www unnötig erschwert haben.
Doch selbst wer dort schließlich angekommen war, durfte nicht wirklich zu jubeln anfangen. Grafiken werden gleich gar nicht unterstützt, die 32 Zeichen breiten Zeilen lassen sich zwar herunter, aber nicht zur Seite scrollen und Online Gaming war ebenfalls nicht möglich. Folglich blieb eigentlich nur das Verfassen einiger e-mails übrig bzw. das uploaden der eigenen High-Scores, wobei man für all dies auch wieder einen PC benötigte. Doch warum sollten PC-Besitzer auf den eingeschränkten game.com zurückgreifen, um Websites zu besuchen und e-mails zu schreiben?
Größe: | 7.5”L x 4.25”W x .75"D |
Processor: | Sharp 8-Bit CPU |
Screen Specs: | 3.9 square inches, Touch Screen mit Auflösung 200 x 160 |
- Farbe: | Schwarz / Weiß in 4 Graustufen |
Sound/Music: | Ein einzelner Mono Lautsprecher |
Energiequelle: | 4 AA Batteries (2 AA batteries bei späteren Versionen, halten ca. 6-7 Stunden) |
Sonstiges: | - Serial Com Port für das Compete.com Linkkabel |
- Port für Kopfhörer, Port für AC Adapter | |
- 2 Modulslots (1 bei späteren Versionen) | |
- Power (On/Off) | |
- Action (A, B, C, D) | |
- 3 Funktionstasten (Menü, -Sound, Pause) | |
- 8-Wege Steuerkreuz | |
- Laustärke- sowie Kontrasträdchen | |
- Reset (an der Unterseite) |