
Computerspielen Anno '62 - Space War!
Zu dieser Zeit war Nolan Bushnell noch mitten in seinem Studium an der University of Utah. Und hier kommt der gute Herr Bushnell zum ersten Mal in Kontakt mit Space War, daß auch im Westen der USA bereits die damals noch sündhaftteuren und zimmergroßen Universitätscomputer erobert hat. Bushnell spielt Space War und ist sofort begeistert. Noch auf dem Weg nach Hause soll er angeblich in Gedanken überlegt haben, ob und wie es möglich wäre das Spiel in einen Münzautomaten zu zwängen und in die nächste Spielhalle zu stellen. Allerdings hat Bushnell mit einigen Problemen zu kämpfen - die benötigten Komponenten sind damals noch unverschämt teuer, da nur in geringen Stückzahlen produziert und zudem noch riesengroß - viel zu riesig, um in einem Gehäuse von der Größe eines Flipperautomatens Platz zu haben!
Die Jahre gehen vorbei und 1970 endlich schließt Nolan Bushnell sein Studium ab. Er bekommt direkt im Anschluß einen Arbeitsplatz bei Ampex in good ol' Kalifornien in Aussicht und lernt dort bald Ted Dabney kennen, den er recht bald schon mit seiner Space War Automaten Idee angesteckt hat.
Ein Jahr und etliche schlaflose Nächte, die mit der Planung des Automaten in Zusammenhang stehen, kündigt Bushnell schließlich bei seinem Arbeitgeber Ampex und will sich fortan nur noch auf sein Projekt konzentrieren. Als der Automat dann endlich fertig ist, findet sich zu Bushnells Freude auch recht bald ein Abnehmer für das Gerät - Nutting Associates. Die Company willigt ein das Gerät zu produzieren und zu vermarkten. Leider ist der Erfolg eher mau, gerade mal 1.500 Geräte werden produziert und verkauft.
Doch ein Erfindergeist wäre bekanntlich kein Erfindergeist, wenn er sich davon beirren ließe. Also sucht Bushnell den Fehler und kommt zu dem Schluß, daß Space War vermutlich viel zu kompliziert zu steuern war. Verschiedene Tasten für Rotation, Schub und Feuer überforderten viele der leicht angetrunkenen Barbesucher, so daß Bushnell bald davon überzeugt ist, daß ein erfolgreiches Arcadespiel vorallem durch eine simple Steuerung und ein leichtverständliches Gameplay überzeugen muß.

Nolan Bushnell - Gründervater von Atari
Bushnell gibt nicht auf und sieht sich weiter um. Auf einer Messe trifft der noch junge Bushnell zum ersten Mal auf das Magnavox Odyssey System, daß seine Aufmerksamkeit erregt. Gezeigt wird darauf ein einfaches Tennispiel mit zwei Schlägern und einem Ball, der fortwährend gespielt werden muß. Das Spiel ist einfach, aber gleichzeitig unterhaltend und weckt das Interesse Bushnells.
Die Gründungsphase Ataris
Enttäuscht über die wenig fruchtbare Zusammenarbeit mit seinem alten Partner Nutting Associates gründet Bushnell gemeinsam mit seinem alten Freund Ted Dabney eine eigene Firma. Nach reiflicher Überlegung soll die neue Firma den unsäglichen Namen "Syzygy" erhalten, der allerdings glücklicherweise schon an eine Firma vergeben ist.
Also entscheidet man sich für das uns bekannte japanische Wort "Atari", was übersetzt soviel wie in etwa "Ich werde gewinnen" bedeutet und aus dem auch hierzulande bekannten Brettspiel "Go" stammt. Auch ein Logo ist bald gefunden und was liegt näher als bei einem japanischen Firmennamen auch gleich noch den heiligen Fuji, als Logo zu verwenden? Am historischen 27. Juni 1972 setzt Bushnell seine benötigten Unterschriften unter die Dokumente und gründet damit ganz offiziell die Firma Atari, mit einem Startkapital von mageren 500 US Dollar, die sich Bushnell und Dabney brüderlich teilen.

Das unverkennbar typische Atari Logo mit dem Fuji..
Bald macht man sich an die Entwicklung des ersten Titels mit dem heute wohlklingenden Namen "Pong". Dabei handelt es sich aber ehrlich zugegeben eigentlich nur um einen Klon. Ihr ratet schon richtig, daß Magnavox Odyssey und sein Tennispiel....
Nachdem der erste Prototyp gefertigt ist, beginnt eine schreckliche Zeit für Bushnell. Er geht von Firma zu Firma hausieren, immer auf der Suche nach einem Produzenten. Doch nirgendwo glaubt man ernsthaft an den Erfolg eines solchen Geräts und so entschließt sich Bushnell nach unzähligen Absagen, daß Gerät auf Gedeih und Verderb selbst zu produzieren.
Und er hat damit Erfolg. Nolan Bushnell erzählte dazu immer gerne die Anekdote von einem Gastwirt, in dessen Lokalität man einen der Prototypen aufgebaut hatte: "Nach zwei Tagen bekam ich einen Anruf von dem Gastwirt, in dem er mir mitteilte, daß der Automaten nicht mehr funktionieren würde. Er klang sehr aufgeregt.
Ich fuhr direkt hin um mir die Sache anzusehen und stellte die Fehlfunktion bald fest - der Geldkasten war durch die vielen eingeworfenen Geldstücke überfüllt und musste durch einen viel größeren ersetzt werden."

Der ewige Klassiker Pong
Der Erfolg von Pong steigert sich von Monat zu Monat, bald schon sind für damalige Verhältnisse sagenhafte 10.000 Automaten verkauft und weitere Aufträge befinden sich in greifbarer Nähe.
Doch Bushnell ist bald nicht mehr allein. Wie das immer so ist, wollen auch andere ein Stückchen vom Kuchen haben und überschwemmen den Markt mit ihren Pong Klonen. Einer davon kommt übrigens von Nutting Associates, dem ehemaligen Partner von Bushnell, der seinerzeit die Mittel für die Entwicklung des Pong-Automaten verweigert hatte.
Verunsichert durch die immer zahlreichere Konkurrenz beschließt Ted Dabney seine Anteile der Firma an Nolan Bushnell zu verkaufen. Dessen unbeeindruckt sucht Bushnell weiter nach neuen Spielideen - schon kurze Zeit später kommen Gotcha, Space Race, Double Pong und Super Pong in die amerikanischen Spielhallen. Wir schreiben mittlerweile das Jahr 1974 und da der Name Pong sich bereits zu einem echten Markenzeichen Atari's entwickelt hatte, dauerte es nicht lange bis noch weitere Versionen ihren Weg zum geneigten Spielhallengänger fanden. Quadra Pong war dabei das erste Spiel, daß sich mit bis zu vier Leuten simultan am Automaten zocken ließ.

Am Quadra Pong Automaten durften bis zu vier Gamer ran!
Die Entwicklung schreitet schnell voran und weitere Automaten wurden entwickelt und veröffentlicht, so etwa Grand Track, Formula K, World Cup Football und der legendäre Tank Automat. Außerdem geht man gedanklich ganz neue Wege bei Atari. Erste Ideen über eine Heimversion von Pong kommen auf, die ganz einfach an den heimischen Fernseher gesteckt werden kann. Die Konsole wird schließlich von einem drei Mann starken Team entwickelt und erhält den Namen "Home Pong".
Doch abermals zeigt sich der Handel skeptisch gegenüber Bushnells neuestem Streich - schließlich haben viele Händler noch die dürftigen Abverkäufe des Magnavox Odyssey in Erinnerung.
Doch 1975 schafft Atari den Durchbruch und erhält Gelegenheit, sein Home Pong bei den Verantwortlichen der Warenhauskette Sears-Roebuck vorzuführen, die sofort begeistert sind und 150.000 Geräte kaufen. Diese Geräte werden rechtzeitig zum lukrativen Weihnachtsgeschäft unter dem eigenen Label "Sears Tele-Games" veröffentlicht und finden reißenden Absatz. Der Name Atari gewinnt landesweit an Popularität und wird bald mit dem Videospielen überhaupt assoziiert.
Auch in der Spielhalle ist Atari nicht untätig - mit Le Mans, Night Driver und Breakout landet man einige der größten Hits und die Company wächst und wächst, bis sie schließlich von Time Warner Communications für stolze 28. Millionen US Dollar aufgekauft wird. Dieser Schritt war nötig, um an das erforderliche Kapital für die Produktion der neuen Heimkonsole (Arbeitstitel: "Stella") zu gelangen.
Im Jahr 1977 gelingt Atari dann der nächste glückliche Wurf, als man die Rechte an dem von der japanischen Firma Taito entwickelten Spiel "Space Invaders" erwirbt und dieses sehr erfolgreich auf den Markt bringt. Das Geld konnte man auch sehr gut brauchen, plante man doch ein sehr interessantes Projekt mit der Heimkonsole Stella, daß kurz darauf in Video Computer System (kurz VCS) umbenannt wird.

Die Urversion des VCS im kultigen Holzdesign...
Doch das gewagte Experiment wird zum Riesenerfolg und das Atari VCS verkauft sich die ersten Jahre wie warme Semmeln. Bis 1990 wird die Konsole noch von Atari verkauft und neue Spiele werden ganz offiziell entwickelt. In Sachen Langlebigkeit dürfte also wohl nur das Neo Geo aus dem Hause SNK mit dem Videospielpionier mithalten dürfen.
Aber wir bleiben in den End-Siebzigern, genauer gesagt 1979. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt man bei Atari nämlich zwei Homecomputer mit den Modellnummern 400 und 800. Für die damalige Zeit verfügen beide Modelle über eine grandiose Grafik und eine sehr fortschrittliche Hardwarearchitektur.
Und auch die Spielhalle wird von Atari weiterhin mit hochwertigen Games versorgt. Das Spiel des Jahres ist das später vielfach geklonte Asteroids. Viele Games aus der Spielhalle werden wenig später auch als Modulversion für das VCS umgesetzt.
Gegen Ende des Jahres verlässt Nolan Bushnell, der Gründer Ataris seine Company um an etwas völlig neuem, nämlich Roboter für den Gebrauch im Haushalt zu arbeiten. Gerüchten zufolge fühlte er sich bei Atari immer mehr eingeengt.

Auch heute noch im Business vertreten..
Einige der Atari Leute folgen Bushnell wenig später darauf, da sie sich durch die neuen Arbeitsvorschriften des Time Warner Konzerns eingeschränkt fühlen. Sie entwickeln aber nicht wie Bushnell ebenfalls flopverdächtige Roboter, sondern gründen die erste auf die Entwicklung von Videospielen spezialisierte Firma (zu Neudeutsch: ein Third-Party Hersteller) namens Activision.
Vier später legendäre Spieledesigner steigen in das gewagte Projekt ein, namentlich waren das David Crane, Larry Kaplan, Alan Miller und Bob Whitehead. Und die Risikobereitschaft zahlte sich schon nach kurzer Zeit aus - die Activision Titel verwiesen zahlreiche Atari Spiele qualitativ schon bald in die Schranken und belebten den VCS Spielemarkt durch die entstandene Konkurrenz. Perlen wie Pitfall, River Raid, H.E.R.O und Stampede sind auch heute noch unvergessen.
Im Jahr 1981 wirft Atari das Nachfolgemodell des nunmehr als VCS 2600 bekannten Geräts auf den Markt - der 5200er. Die Grafik- und Soundfähigkeiten des Geräts übertreffen die des Vorgängers um einiges, durch die Inkompatiblität zu seinem großen Vater und mangelnden Support kann sich die Konsole aber niemals richtig durchsetzen und führt fortan bald ein Schattendasein.

Leider nicht der einzigste Flop in Ataris Firmengeschichte - das glücklose 5200er..
Ein Jahr später startet Atari wieder einen Angriff auf den stetig im wachsen begriffenen Markt der Homecomputer und veröffentlicht das erste Gerät der XL-Serie in den USA, den ATARI 1200 XL. Dank einer ähnlichen Fehleinschätzung wie beim 5200er ist auch dieses Gerät nicht mit seinen Vorgängern, den mittlerweile in die Jahre gekommenen 400 / 800er Rechnern kompatibel und krankt deshalb von Beginn an unter akutem Softwaremangel. Wirtschaftlich entwickelt sich das Gerät trotz der innovativen Technik zum Flop für Atari.
Doch auch Atari lernt hinzu und veröffentlicht 1983 schließlich die beiden sehr erfolgreichen XL-Modelle 600XL und 800XL, die sich auch heutzutage noch einer festen Fangemeinde erfreuen.
Das größte Manko des 1200XL, die fehlende Abwärtskompatibilität wurde behoben und erstmals ist das Basic direkt in den Rechner integriert und muß nicht immer mühsam per Hand geladen werden.

Der Atari 800 XL mit Datasette und damals schweineteurem Floppylaufwerk...
Doch so erfolgreich es für Atari in Sachen Homecomputer begann, desto dramatischer spitze sich die Lage im Lager der Videogames zu. Es war die Zeit des Videospielcrashs und die Verkäufe von VCS Hard- und Software brachen völlig ein.
Der Verlust für das Geschäftsjahr wurde mit 536 Millionen US Dollar dotiert, mitunter verlor Atari bis zu 2 Millionen Dollar pro Tag!
Das die Company das nicht mehr lange durchhalten könnte, war klar und dazu muß man kein BWL studiert haben. Also verlegte die Firmenleitung die Produktion ins Ausland und kündigte vielen langjährigen Mitarbeitern. Insgesamt 1700 Beschäftigten aus den Sparten Homecomputer und Consumer Electronics wurden arbeitslos.
Trotzdem änderte sich die Lage Atari's auch im kommenden Geschäftsjahr nicht. Die Unternehmensführung zog die Notbremse, entließ weitere 1000 Angestellte und schloß eine der Produktionsanlagen in Hong Kong. Atari hatte somit sein Personal innerhalb von zwei Jahren um 2/3 verkleinert.
Da das Managment bei Time Warner nicht mehr daran glaubte, daß Atari sich aus eigenen Kräften erholen könne, trat man an einen Mann namens Jack Tramiel heran, um ihm eine Übernahme Ataris schmackhaft zu machen. Tramiel hatte erst kurz zuvor seine von ihm gegründete Firma Commodore im Streit verlassen.
Es kam wie es kommen mußte, Tramiel übernahm das im sinken begriffene Schiff um es wieder zurück auf Kurs zu bringen. Dabei ging er allerdings rücksichtslos gegen die alten Angestellten vor, entließ den größten Teil und ersetzte sie durch treue Gefolgsleute aus der Commodore Zeit.
Außerdem wurden auf Anweisung von Tramiel sofort alle Weiterentwicklungen der XL Reihe eingestellt, da man nun mehr alle verfügbaren Ressourcen für ein neues Großprojekt benötigte. Die Rede ist von den 16-Bit Computern der ST-Reihe.

Übernahm das Ruder beim taumelnden Riesen - Jack Tramiel
Es ist sicherlich nicht schwer zu erraten, daß sich Tramiel mit seiner eigenwilligen Vorgehensweise nicht unbedingt zahlreiche Freunde gemacht hatte. Doch sein eingeschlagener Weg sollte dem Unternehmen aus der Krise helfen. Das Schlußquartal 1984 konnte bereits mit einem Umsatz von 150 Millionen Dollar endlich wieder im grünen Bereich abgeschlossen werden.
Zudem waren intern die Entwicklungen an der Videospielkonsole Atari 7800 abgeschlossen worden, aber die Firmenleitung zögerte mit der Veröffentlichung, da man noch den Schock vom erst ein Jahr zurückliegenden Crash in den Knochen hatte.

Der Atari 520 ST in Aktion...
Stattdessen konzentrierte man sich weiter auf die ST Reihe und konnte 1985 die ersten Rechner der neuen Generation vorstellen - den Atari 260 ST und 520 ST. Außerdem veröffentlichte man die bereits fertig in den Entwicklungslabors stehenden 8-Bit Rechner 800/65 XE und 130 XE, die nun designtechnisch schon merklich an die neue Zeit angepasst worden waren. Technisch verbarg sich unter der Haube der beiden allerdings kaum mehr als die bereits jahrelang erhältlichen Rechner der XL-Reihe. Für Atari war mit der Veröffentlichung der beiden Rechner das Thema 8-Bit endgültig abgeschlossen.
Kaum ein Jahr später, wurde die ST-Reihe durch einen weiteren Computer ergänzt - dem 1040 ST. Er wurde standardmäßig mit damals verschwenderischen 1 MB RAM ausgeliefert und war trotzdem preislich noch im unteren Marktsegment angesiedelt. Das Gerät fand guten Absatz und bald schon fanden sich STs in Bereichen der Datenverarbeitung, dank des Midi-Ports auch in Tonstudios und natürlich auch beim Heimanwender wieder.

Commodore hielt damals mit dem Amiga 1000 entgegen...
Alles hätte von da an so schön sein können, wäre, ja wäre da nicht der alte Mitkonkurrent Commodore gewesen. Dort hatte man nämlich den von Jay Miner (einem Ex-Atari Mitarbeiter) entwickelten AMIGA seit neuestem in der Produktpalette und dieser konnte es zwar softwaretechnisch noch nicht mit dem STs aufnehmen, dafür aber war die Hardware vergleichbar. Beide Rechnerreihen nutzten ja die beliebten 68000er CPUs von Motorola und innerhalb kürzester Zeit entstand eine Art Wettrennen der beiden Firmen um die Krone im Homecomputersegment.
Auch 1987 sollte für die ST User einige Neuerungen bringen. Auf Messen wurde der neue Mega ST vorgestellt, der etwas kompakter als die ST-Reihe war und zudem entweder mit 1, 2 oder gar 4 MB RAM erhältlich war. Der Erfolg des 1040ers konnte zwar niemals wiederholt werden, dennoch freute man sich in der Atari Zentrale über ganz passable Absatzzahlen.

Der Mega ST überzeugte auch durch sein platzsparendes Design...
Ebenfalls '87 entschied sich die Atari Führung dann ihr mittlerweile arg angestaubtes VCS 7800 auf den Markt zu bringen. Es ist leicht zu erraten, daß die Idee auf die neuerdings stark in Mode gekommenen Konsolen aus Japan, wie etwa das NES zurückzuführen waren. Doch das VCS 7800 war technisch gnadenlos veraltet und konnte im Konkurrenzkampf trotz der Abwärtskompatibilität zum 2600er keinen Blumentopf gewinnen. Es kam wie es kommen mußte, daß 7800er wurde bald zum gnadenlosen Nischendasein verdonnert und auch von Atari nur noch sehr stiefmütterlich behandelt.
Doch das war im nachhinein gesehen nicht der einzigste Fehler des Managments - im gleichen Jahr veröffentlichte Atari nämlich noch eine IBM-kompatible Computerreihe, von der man sich besonders im alltäglichen Bürogebrauch große Chancen ausrechnete. Auch Commodore hatte ja schon einige Jahre diese Idee und genau wie beim Konkurrenten aus Braunschweig ging der Schuß nach hinten los. Die Computer verkauften sich nur sehr schleppend und waren wenig profitabel. Experten führen diesen Schritt gerne auf die teils jähzornige Art Jack Tramiels zurück, der in Commodore den Erzfeind Nr. 1 sah und um jeden Preis deren Erfolg verhindern wollte.
Während sich in der Zwischenzeit nicht viel tat und beide Computersysteme, Atari und Amiga sowohl in den Verkaufszahlen als auch in Sachen Softwareversorgung in etwa gleichauf lagen, zog der Amiga mit dem Jahr 1989 eindeutig am Atari vorbei. Zu spät hatte man bei Atari auf den sich verändernden Markt reagiert und warf nun hastig den 1040STE, eine Weiterentwicklung des 1040ST auf den Markt. Doch auch diese Modifikation brachte keine Wende im Homecomputermarkt.
Ferner gab es von Atari auch noch einige flopverdächtige Veröffentlichungen wie etwa den Atari TT, einem 32-Bit Computer der sich vorallem durch seine Inkompatibiltät zu älterer Software unter den Usern einen (schlechten) Namen machte. Zwar nicht wirklich ein Flop, aber auch kein Renner in Ataris Produktlinie war das Palmtop "Portfolio", daß zudem über MS-DOS Kompatibilität verfügte. Wieder einmal seiner Zeit um einige Jahre voraus, kränkelte das Produkt an fehlendem oder falschen Marketing und unzureichender Unterstützung seitens externer Entwickler.

Vom Lynx existierten zwei verschiedene Versionen...
Fast 1:1 lässt sich diese Aussage leider auch auf den Atari Lynx beziehen. Als erster Farbhandheld der Welt mit einer bis dato konkurrenzlosen Technik gesegnet, verpasste es Atari das mobile Spielerlebnis auf dem Markt zu etablieren. Mehr zum Lynx könnt ihr in unserer Lynx History nachlesen.
Um 1990 rum wurde das Mißmanagment des Tramiel Clans immer augenscheinlicher. Marketing war ein Fremdwort für die PR-Abteilung, die - wenn sie denn mal aus dem Winterschlaf erwachte - sinnigerweise Produktwerbung fast ausschliesslich in Atari Zeitschriften schaltete. Man begann den gleichen Fehler zu begehen, der später auch Commodore zum Verhängnis werden sollte. In den obersten Etages dachte man offenbar wirklich, daß es wie früher vollkommen ausreiche ein hervorragendes Produkt zu produzieren. Dieses werde sich dann schon ganz von alleine verkaufen. Doch dem war nicht so und das Weihnachtsgeschäft 1990 wurde zum Fiasko für Atari. Zum ersten Mal schrieb man wieder rote Zahlen und fuhr einen Verlust von 20 Millionen US Dollar ein. Daran konnte auch der im selben Jahr veröffentlichte STACY, eine tragbare Version des ST, nichts ändern.

Heute unter Fans heißbegehrt, da nur ca. 1000 produziert wurden - das ST-Book...
Und auch im Folgejahr ging es für Atari leider nicht aufwärts. Zwar erblickten wieder zahlreiche neue Produkte das Licht der Welt, wie etwa das ST-Book, ein Laptop basierend auf der ST-Reihe oder aber der Mega-STE, ein modifizierter Mega ST. Doch das Ruder war nicht mehr herumzureißen, der Amiga hatte einen riesigen Verbreitungsgrad erreicht und die Nachfolge des altehrwürdigen C-64 als Computer für die Massen angetreten.
Hoffnung schöpften die Atarifans nochmal 1992, als Atari auf zahlreichen Messen den neuen Atari Falcon präsentierte. Mit blitzschnellem 68030er Prozessor flog der Falcon der damaligen Konkurrenz in Sachen Geschwindigkeit davon und konnte vorallem im multimedialen Bereich überzeugen. (Zum Vergleich, etwa zum gleichen Zeitpunkt präsentierte auch Commodore den neuen Amiga 1200, dieser verfügte allerdings nur über eine 68020er CPU mit 2 MB RAM)
Trotzdem war dem Falcon keine sonnige Zukunft beschienen, alte Fehler wurden zur Verärgerung der treuen Käufer weiterhin begangen. So wurde der Falcon wieder einmal nicht beworben und nur in kleinen Stückzahlen und an kleine Händler verkauft. Die Masse der Computeruser wusste nicht einmal davon, was Atari da in seinem Hort stehen hatte.

Der Raubkatze konnte nur bei wenigen Titeln ihre wahren Krallen zeigen...
Auch auf dem Konsolensektor wollte es Atari nochmal wissen. Insgeheim entwickelt, konnte man der überraschten Presse im Jahr 1993 die erste 64-Bit Konsole der Welt, den Atari Jaguar präsentieren. Während Sega- und Nintendouser noch voll im Bann der 16-Bit zockten, wurde auf Ataris Raubkatze bereits (für damalige Verhältnisse) aufwendige 3D Grafik gezeigt.
Doch Atari war bereits am Ende. Finanziell ausgeblutet hatte der Konzern den Großteil seiner eigenen Produktionsstätten in Fernost verkaufen müssen, so daß man nun nicht einmal mehr über ausreichend Kapazitäten verfügte, um die Raubkatze produzieren zu können. Glücklicherweise liess sich dann mit IBM doch noch ein Partner für die Produktion finden, was den Preis des Jaguars aber nachhaltig noch weiter in die Höhe trieb.
Dem Jaguar erging es in den Folgejahren indes nicht anders als seinem kleinen Bruder , dem Lynx. Die von Atari einst angekündigte Softwarelawine liess sich nicht blicken, stattdessen tröpfelten hier und da vereinzelt Titel in die Regale der Händler. Viele waren zudem auch noch einfach 1:1 Umsetzungen von SNES bzw. MD Hits die den Jaguar in seinen technischen Fähigkeiten krass unterforderten. Da auch keine nennenswerte Werbeoffensive von Seiten Ataris kam (mittlerweile hatte man keine finanziellen Mittel mehr), kam auch der Jaguar nicht aus seinem Schattendasein heraus.

Bei vielen Fans ein ewiges Feindbild - der Tramiel Clan...
Es wurde fortan sehr still um Atari und auch um die Entwicklung eines neuen Computermodells fertig zu stellen, war nicht mehr ausreichend Finanzkraft vorhanden. So kam was kommen musste, die Abwicklung einer der bedeutsamsten Firma der Videospiel- und Computergeschichte. Besitzer Jack Tramiel kaufte sich beim Festplattenhersteller JTS ein und beide Unternehmen fusionierten schließlich am 30.07.1996. Ohne das es irgendjemand richtig mitbekommen hatte, existierte die Firma Atari plötzlich nicht mehr.
Damit einhergehend waren selbstverständlich alle Weiterentwicklungen gestoppt worden und gingen an JTS über. Bis heute ist nicht ganz klar, was mit den restlichen Lagerbeständen und vielen Prototypen geschah. Fakt ist nur, daß Tramiel auch mit seiner JTS Geschichte kein glückliches Händchen haben sollte und die Company Anfang '98 Insolvenz anmelden musste.

Bushnell Anfang der 90er Jahre - heute ist er als CEO bei uwink.com tätig...
Für die letzten treuen Atarifans begann ein Trauerspiel, fing man denn nun an die restlichen Rechte und Lizenzen zu einem Schleuderpreis zu verschachern. Nicht einmal 5 Millionen US Dollar zahlte der HASBRO Konzern letztendlich für die Rechte Ataris. Pläne hatte man damit aber eigentlich nicht und so nutze man die Lizenz lediglich um ein paar Compilations mit alten Spielehits für den PC aufzulegen bzw. man veröffentlichte zu Weihnachten '97 das Spiel Frogger in einer neuen Fassung.
Ende 2002 kam dann nochmal Bewegung ist Spiel. Was die einen als üble Leichenfledderei bezeichneten, hieß für die anderen ein freudiges Wiedersehen mit dem altbekannten Fuji Logo. Der bisher als Infogrames bekannte Entwickler & Publisher von PC & Konsolensoftware erhielt von Hasbro die Rechte und änderte den Firmennamen am 7. Mai 2003 offiziell in Atari um. Seitdem werden unter dem Logo Ataris zahlreiche Neuerscheinungen für PCs und Konsolen veröffentlicht.

Das neue Logo von Atari, ehemals Infogrames...
Von der einstigen Company ist außer dem Namen nicht recht viel mehr geblieben. Die Gerüchte, Hasbro wolle das seinerzeit bei Atari begonnene Projekt "Jaguar 2" zu Ende führen und auf den Markt bringen, hat sich nicht bewahrheitet. Und so wird es nach und nach, trotz der immernoch aktiven Fangemeinde des Ataris in Sachen Eigenentwicklungen von Soft- und Hardware, langsam aber sicher immer stiller. Der Mythos Atari geht mehr und mehr seinem Ende zu, doch Atari wird weiterhin als ein Synonym für eine ganze Generation Videospiele und Homecomputer für immer in den Erinnerungen der Fans weiterleben.