Nintendo - Vom Kartenspiel zum Gameboy
Das Auge erblickt drei alte Arcadeautomaten und es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, bis der Impuls das Gehirn erreicht und die Beine sich, wie von alleine, auf die Klassiker zubewegen. Zwei davon sind in einem funktionstüchtigen Zustand und können nach Herzenslust ausprobiert werden (gegen das nötige Kleingeld), ein dritter Donkey Kong Automat verweilt einsam hinter einer Absperrung. Ohja, das Leben eines Arcadeautomaten kann so einsam sein ...
An den meisten Tagen konnte man so lange in seinem präferierten Jahrzehnt verweilen, wie man mochte, schien die Ausstellung nie wirklich mit Interessenten überfüllt zu sein. Ich war drei Mal dort und an allen drei Tagen war der Besucherandrang nicht gerade überwältigend. Trotzdem erreichte die Ausstellung eine nicht zu verachtende Besucheranzahl von rund 60.000 (Quelle: Nintendo-Europe.com), die sich nicht nur durch die Geschichte von Mario Kart daddeln konnten, sondern auch den subtilen, nervtötenden Klängen eines Ur-Pongs auf dem guten, alten Atari ihr Gehör schenkten. Eine Freundin von mir behauptete dreist, „dieses Gepiepse“ mache sie noch verrückt. Unwissende, weicht zur Seite!
Wer des Öfteren Körper und Geist durch Museen quält, der kennt natürlich den anstrengendsten Part des Besuchs: das Lesen. Informationen müssen schließlich irgendwo herkommen, vermutlich aus einem Paralleluniversum, dessen Bewohner die Erde kontinuierlich mit Infotafeln versorgen, die unter mysteriösen Umständen in Gebäuden landen, deren Besichtigung nur gegen Bares erfolgt. Diese Tafeln unbekannter Abstammung, sie schmückten selbstverständlich auch die kahlen Wände des Koblenzer Landesmueseums. Nicht übermäßig viele und zum Glück auch nicht so aufdringlich, wie eine Stechmücke mit Blutdurst. Tatsache war, sie packten viel Wissen in wenige Zeilen (Danke!). Viele prangerten unter den Klassikern der Videospielgeschichte, andere befassten sich mit allgemeinen und für Eltern sehr informativen Themen, wie z.B. den Bedeutungen der USK Altersbeschränkungen.
Was gab’s noch zu sehen? Neben Zeitschriften, Spieleberatern, Postern und Plakaten auch Soundtrack CDs, Comics, T-Shirts und andere Merchandise Artikel aus dem großen weiten Universum der Videospiele. Ein schönes ‚Unikat’ konnte ebenfalls bewundert werden: ein handsigniertes Super Mario T-Shirt von Shigeru Miyamoto, welches sich seinen Platz direkt neben einem Bild des Meisters höchstpersönlich gesucht hatte.
Der Pokémon Truck war natürlich auch über den ganzen Ausstellungszeitraum vor Ort und war vor allem für die jungen Spieler Anziehungspunkt Nummero Uno! Ich will der Allerbeste sein, so gut wie keiner vor mir war ... oh, Entschuldigung.
Das Wii-vent
Traurig aber wahr, wer an diesem Tage pünktlich zur Ausstellungseröffnung eintrudelte, dem machte das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Die ersten 3 Stunden Nintendo Wii daddeln blieb einer Gruppe auserwählter Privatpersonen vorbehalten, der Rest war zum Zuschauen verdammt. Zeit also, die ersten Eindrücke zu sammeln:
Wii Sports
Gespielt wurde hauptsächlich Tennis, welches die Masse schier begeisterte. Mit kritischer Miene verfolgte ich das Spektakel, hatte ich doch jetzt erst bemerkt, das Nintendo Wii scheinbar nur die Schlag-, nicht aber die Ausholbewegung erkennt. Ein Spieler brachte seine Eindrücke wie folgt auf den Punkt: „Es ist so innovativ ... unglaublich!“ Ich maße mir nicht an, eine Beurteilung darüber abzugeben, ob dieser jemand mit Geld zu dieser Aussage gezwungen wurde, oder ob er tatsächlich begeistert war - sein Gesichtsausdruck machte Letzteres offensichtlich.
Wii Play
Bei Wii Play wäre es wirklich von Vorteil gewesen, selbst Hand anlegen zu dürfen. Beim Zuschauen fiel mir nur die scheinbar sehr sensible Steuerung auf, die sich vor allem bei dem Duckhunt Klon bemerkbar machte. Die restlichen Spiele wirkten allesamt wenig fesselnd. Warum der Wii Play Billardtisch nahezu quadratisch ist, ist mir ebenfalls ein Rätsel.
Nach einer Wartezeit von ca. 2,5 Stunden war es dann endlich so weit. Das Messebabe und der Messeboy wichen dem im Anzug gekleideten Präsentationsmenschen, der das Publikum herzlich begrüßte und damit die Vorstellung, der neuen Nintendo Konsole begann.
*Applaus* *mehr Applaus* *noch mehr Applaus* Etwas zu oberflächlich wurde das Interface mit seinen Kanälen, allen voran dem Mii-Kanal, erläutert, die Idee der Konsole erörtert und auf Konkurrenz Gebashe verzichtet. Bei der Präsentation des Mii Kanals kam es zu einem hervorragenden Zusammenspiel des sensiblen Wiimote und der Nervosität des Materiekenners: Der Zeigefinger zitterte nur so über den Bildschirm. Aber ein kleiner Scherz lockerte die ganze Sache auf und leitete das großartige Ablenkungsmanöver ein: CD Wechsel, gespannte Gesichter, Applaus. Im „Spiel starten“ Fenster des Wii Interface prangerte erhoben der The Legend of Zelda: Twilight Princess Schriftzug. Los gings also mit dem Trailer, der den Besuchern das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Aus Angst vor Spoilern habe ich bisher noch keinen Twilight Princess Trailer gesehen, dieser schien mir aber etwas älter zu sein und irgendwie auch nichtssagend. Er war gut, keine Frage, verriet aber nichts wirklich bis dato Unbekanntes. Fünf Minuten später durfte ich als einer der Ersten das Public Viewing hinter mir lassen und eine Runde Wii Tennis spielen ...
Wii Tennis (Hands-On Eindrücke)
Und tatsächlich, Tennis ging schon nach dem ersten Schlag problemlos von der Hand, obwohl ich immer den Eindruck behielt, dass es eine kleine aber merkliche Zeitverzögerung zwischen Bewegung und Erkennung gibt. Nichtsdestotrotz, Wii Tennis wird ein absoluter Multiplayer-Kracher, der vor allem mit 4 Spielern sein Können offenbart. Im Singleplayer könnte mich von der Wii Sports Disk wohl nur Golf über einen längeren Zeitraum motivieren, aber dies ist natürlich ein subjektiver Eindruck.
Mit Freude erfüllt, um einen Schlüsselanhänger reicher und mit ersten Wii-Impressionen trat ich die Heimreise an. Hätte ich nicht so lange warten müssen, dafür aber mehr Zeit ins Spielen investieren können, wäre ich wohl begeisterter nach Hause gefahren. Das wird mir eine Lehre sein, beim nächsten Mal verzichte ich auf frühes Aufstehen und den damit verbundenen Schlafmangel.
Fazit:
„Nintendo - vom Kartenspiel zum Gameboy“ war eine gelungene Ausstellung mit einem krönenden Abschluss. Beide zeigten ihre Schwächen, mangelte es der Ausstellung etwas an wirklichen, vor allem spielbaren Exoten und dem Wii-vent etwas an Organisation. Wäre die Ausstellung nicht schon vorbei, würde ich jedem einen Besuch empfehlen. Aber wer weiß, vielleicht ziehen Konsolen, Merchandise und die Infotafeln aus dem Paralleluniversum noch in andere deutsche Großstädte. Einen Daumen hoch für Nintendo!
Weitere Bilder zur Nintendo Ausstellung in Koblenz: