Doch keine Sorge, GoW 3 ist dadurch kein bisschen weniger brachial oder blutig ausgefallen als seine indizierten Vorgänger. Doch kommen wir erst einmal zum Grundkurs „Gears of War für Einsteiger“. 2006 erschien Gears of War, ein SciFi-Shooter der das Duck & Cover-Gameplay in 3D Person-Perspektive salonfähig machte. Als Hintergrund für die ausufernde Ballerorgie diente die Invasion des erdähnlichen Planeten Sera durch eine feindliche Alienrasse, die Locust. Um die endgültige Vernichtung der Menschheit aufzuhalten, schlüpften wir in die Rolle des ehemaligen KOR-Sergeant Marcus Fenix und führten den Delta-Trupp - eine zusammengewürfelte Einheit verschiedener KOR-Soldaten - tief ins Feindgebiet. In Gears of War 2 (2008) ging der Krieg gegen die Locust dann in die zweite Runde und schien am Ende sogar fast gewonnen. Jedenfalls bis eine neue, mutierte Form der Aliens auftauchte. Die Lambent machen nicht nur Jagd auf Menschen, sondern auch auf ihre Artgenossen. Soll heißen dass wir uns in Gears of War 3 sowohl mit den Leuchtenden - so werden die Lambent aufgrund ihrer durch Emulsion hervorgerufenen "Ausstrahlung" genannt - als auch mit den altbekannten Locust herumschlagen dürfen.
Nachdem Jacinto, die letzte große Bastion der Menschen in Gears of War 2 zerstört wurde, versuchen sich die wenigen, versprengten Gruppen von Überlebenden auf Schiffe zu retten oder verstecken sich in den Trümmern ihrer zerstörten Städte. Nahrung und Munition sind knapp und die Hoffnung schwindet von Tag zu Tag.
Innovatives Storytelling war zugegebenermaßen nie die große Stärke der GoW-Reihe, da bildet auch der dritte Ableger keine Ausnahme. Dennoch muss man dem finalen Teil der Trilogie zu Gute halten dass er sich individueller mit den einzelnen Charakteren auseinandersetzt und zeigt dass auch die härtesten Muskelpakete Gefühle und Ängste haben.
Erstmals erleben wir die Kampagne nicht nur aus der Sicht einer Figur, sondern dürfen neben Marcus Fenix auch die Rolle eines anderen Gears übernehmen. Augustus Cole alias „Coletrain“ war im früheren Leben ein gefeierter Trashball-Star, musste seine Karriere aber für den Kampf gegen die Locust aufgeben. Die Handlung ist mitreißend, die Verzweiflung der letzen Menschen spürbar und die Figuren wirken tiefgründiger. Die spannende Inszenierung und einige überraschende Wendungen tun ihr Übriges und heben Gears of War 3 deutlich von den meisten Genre-Kollegen ab.
Nach wie vor schauen wir unserem Gear über die Schulter und bewegen uns zwischen den vielfältig verteilten Deckungsmöglichkeiten hin und her. Natürlich agieren unsere Kämpfer aufgrund ihrer bulligen Statur nicht übermäßig flink, das ist aber absolut gewollt und passt zum brachialen Kriegs-Feeling. Man fühlt förmlich des Gewicht der Ausrüstung und die Kraft des Soldaten, wenn er sich gegen eine Wand, eine Kiste oder einen Felsen wirft um feindlichen Projektilen auszuweichen. Auch an der Steuerung hat sich kaum etwas verändert! Mit dem linken Stick bewegen wir unsere Figur, der Rechte dient zum Steuern der Kamera. Mit einem Druck auf den A-Button kauern wir uns hinter schützende Objekte, in Verbindung mit einer Richtungseingabe wird zur nächsten Deckung gewechselt. Gezielt wird mit LT, geschossen mit RT. Für das hervorragend gelöste aktive Nachladen, das bei entsprechendem Timing wesentlich schneller von Statten geht, ist RB zuständig. Die B-Taste ist für den Nahkampf, mit der X-Taste nehmen wir Waffen und Munition auf, das Digi-Pad dient zur Waffenauswahl und die Y-Taste lässt uns verwundete Feinde exekutieren bzw. verletzte Teamkameraden aufpäppeln. LB zeigt die Position unserer Teamkameraden, Wegmarkierungen und interessante Objekte an.
Befehle wie die Nutzung eines verwundeten Gegners als Schutzschild oder die Möglichkeit auf Knopfdruck Waffen und Munition mit Teammitgliedern zu tauschen wurden ebenfalls sinnvoll auf die vorhandenen Tasten verteilt. Obwohl der Xbox360-Controller in Gears of War 3 gut ausgelastet ist, gestaltet sich die Bedienung gewohnt intuitiv und komfortabel. Sehr schön!
Stellenweise sind die mächtigen Geräte, die die Maden mit sich herumschleppen, zwar alles andere als handlich, ein fettes MG, das sich für höhere Zielgenauigkeit sogar auf einer Deckung montieren lässt, kann in manchen Lebenslagen aber durchaus nützlich sein. Das Selbe gilt für den One-Shot, eine Sniper-Konstruktion bei der, wie der Name schon sagt, ein Schuss für die meisten Gegner ausreicht. Alles in allem ist das Waffenarsenal recht umfangreich, speziell als Gears-Veteran hat man aber einfach seine „Lieblinge“ und verlässt sich im Zweifelsfall lieber auf Altbewährtes anstatt etwas Neues auszuprobieren. Munition erhalten wir, wie erwähnt, von besiegten Gegnern oder in Form von überall verteilten Munitionskisten.
Der Schwierigkeitsgrad ist passabel, Könner sollten aber ruhig auf einer der höheren Stufen beginnen. „Lässig“ oder „Normal“ empfiehlt sich eigentlich nur für Neulinge, wer die Herausforderung sucht ist mit Hardcore oder Wahnsinnig wesentlich besser bedient. Die etwa 10stündige Solo-Kampagne führt uns strikt linear durch fünf Akte mit jeweils drei bis sechs Kapiteln. Dabei sind wir stets in einem Team mit mehreren Gears unterweg und bekommen erstmals sogar weibliche Unterstützung. Befehligen dürfen wir unsere Jungs und Mädls zwar nicht, dafür machen sie aber auch eigenständig eine gute Figur.
Das Missionsdesign birgt keine großen Überraschungen und gestaltet sich genretypisch. Bereiche säubern, Vorrücken, Position halten, Verstärkung unterstützen, Objekte oder Nachschub bergen, Transportmittel beschaffen, Ziele zerstören, sichern oder verteidigen - das Übliche eben. Klingt nicht sonderlich kreativ, ist es im Prinzip auch nicht - macht dafür aber Laune ohne Ende! Dank der hervorragenden Inszenierung, beeindruckender Script-Sequenzen und dem fließenden Übergang zwischen Spiel und Cut-Scenes kommt die Abwechslung keinesfalls zu kurz.
An bestimmten Stellen im Spiel dürfen wir sogar in Fahrzeugen oder einem Verladeroboter Platz nehmen und heizen unseren Feinden mit einem bis an die Zähne bewaffneten Mech - dem Silverback - ein. Dazu gesellen sich ein paar Railgun-Sequenzen und ein Abschnitt in dem wir versuchen müssen unentdeckt durch die feindlichen Linien zu „schleichen“ und Locust-Wachen mit dem Scharfschützengewehr davon abzuhalten Alarm zu schlagen. Klar… vorrangig geht es darum alles was irgendwie nicht menschlich aussieht über den Haufen zu knallen, aber bei all diesem Bombast und Getöse auf dem Bildschirm verliert man gerne mal aus den Augen dass man eigentlich „nur“ einen Shooter spielt.
Maßgeblich verantwortlich für die dichte Atmosphäre ist natürlich die Präsentation des Ausnahme-Shooters. Schon das erste Gears of War sorgte 2006 für die ein oder andere herunterklappende Kinnlade, in Teil 2 wurde das Niveau noch einmal deutlich angehoben und Teil 3 sorgt nun endgültig für den optischen Overkill. Dabei ist der Grafik-Sprung seit Gears of War 2 auf den ersten Blick gar nicht so groß ausgefallen. Die Entwickler haben sich aber glücklicherweise dazu entschlossen endlich aus dem Untergrund Seras an die Oberfläche zu wechseln. "Fast" vorbei sind die Zeiten dunkler, graubrauner Höhlensysteme und düsterer, meist unterirdischer Forschungs- oder Fabrikanlagen.
Die Anzahl an Kanonenfutter ist enorm, das Charakter- und Gegner- und Monsterdesign ausgezeichnet. Es wurde merklich an Details wie Gesichtern, Ausrüstung, Outfits oder Waffen geschraubt. Die Weitsicht in machen Spielabschnitten ist beeindruckend und die Vielfalt und optische Abwechslung in den unterschiedlichen Arealen kann sich wahrlich sehen lassen. Die Zwischensequenzen und Effekte sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben, es ist schlichtweg atemberaubend was manchmal auf dem Bildschirm los ist.
Akustisch macht Gears of War 3 eine nicht minder hervorragende Figur. Druckvolle Explosionen, knatternde MG-Salven, röhrende Kettensägen, wildes Kampfgeschrei. Bei aufgedrehtem 5.1-System bricht im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los! Untermalt wird das Ganze von einem epischen Soundtrack der sich in den Kämpfen zwar dezent zurück hält, in genau den richtigen Momenten aber wieder voll da ist.
Während die perfekt abgestimmte, englische Original-Synchronisation absolut gelungen ist, gibt die deutsche Vertonung Anlass zur Kritik. Zwar passen speziell die Original-Synchronstimmen aus Gears & Gears 2 gut zu den Figuren, viele Text-Passagen wirken aber lustlos heruntergesagt. Außerdem ist die deutsche Sprachausgabe alles andere als lippensynchron und lässt beim Wortwitz, im Vergleich mit der Original-Sprachausgabe, ordentlich Federn. Lange Rede, kurzer Sinn: Wer des Englischen mächtig ist, sollte tunlichst zur Originaltonspur wechseln, die ebenfalls auf der Disc enthalten ist.
Das zweite Standbein der Gears of War-Reihe war schon immer der Multiplayer-Modus. Ehrensache dass der bei Teil 3 nochmal ordentlich aufgebohrt wurde. Epic gehört zu den wenigen Entwicklern die es tatsächlich jedem recht machen wollen und mit diesem Vorhaben - für gewöhnlich - sogar Erfolg haben. Ob man nun lieber on- oder offline an einem Bildschirm spielt, die Kampagne im Koop/Arcade mit bis zu vier Spielern in Angriff nimmt oder sich im runderneuerten Horde- und brandneuen Beast-Modus austobt, in Gears of War 3 ist echt für jeden Geschmack was dabei.
Gears of War 3 im Test
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Mit Gears of War 3 feiert Epic´s preisgekrönte Shooter-Reihe ihr offizielles Deutschland-Debut. Welche Neuerungen es - neben dem USK Siegel - noch ins Spiel geschafft haben und was wir von dem xbox360exklusiven Action-Kracher halten, lest ihr in den folgenden Zeilen…
Harry meint:
Daniel meint:
![Daniel Daniel](/media/cache/nexgam/images/NexgamBenutzer/8183.jpg)
Innerhalb einer Woche konnte Gears of War 3 höhere Einnahmen erzielen, als jedes andere Spiel dieses Jahr: Stolze drei Millionen Exemplare wanderten weltweit über die Ladentheken. Selbst in Deutschland weilt der Xbox 360-exklusive Titel - dank USK-Freigabe - momentan an der Spitzenposition. Die VPN-Geschichten, um an "verbotene" DLC-Inhalte für den beliebten Mehrspieler-Modus zu kommen, gehören endlich der Vergangenheit an. Wo wir gerade davon sprechen: Online ist die Kampagne eine Wucht. Jeder der vier Teilnehmer darf seine Schwierigkeit individuell einstellen, Fortschritte werden separat gespeichert. Darüber hinaus wird sowohl der System Link- als auch der klassische Splitscreen-Modus unterstützt. In Letzterem dürft ihr nur zu zweit in die Schlacht gegen die Locust ziehen. Originell ist das Gegenstück zum Horde-Modus: Der Beast-Modus. Trotz der kleinen Kritikpunkte (entschärfter Schwierigkeitsgrad, KI-Aussetzer) gehört der Titel zu den besten Spielen dieser Generation. Systemübergreifend. Egal ob alleine oder mit Freunden: Gears of War 3 liefert der Trilogie einen würdigen Abschluss.
Positiv
- Bombastisch inszenierte Kampagne
- Koop/MP-Modi für hohen Wiederspielwert
- Gameplay-Mechanik ausgezeichnet
Negativ
- Deutsche Sprachausgabe enttäuscht
- Vereinzelte KI-Macken
- „Normaler“ Schwierigkeitsgrad zu lasch
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von rocco4ever:
Aktuell gibt es zwei Kartenpakete kostenlos: Fenix Rising Forces of Nature...
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von khaos:
Hab mir jetzt auch mal das Review durchgelesen. Sehr schön ausführlich und leidenschaftlich geschrieben. Trifft meine Meinung zum Spiel sehr gut (und das ist ja das wichtigste ). Alle Daumen hoch ...
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von Azazel:
Teil 1 habe ich "damals" geliebt und mit nem coop in allen Schwierigkeitsgraden durchgezockt. Teil 2 habe ich lange nach Release alleine einmal durchgezockt. Fand es gut und die Story interessant. Bei Teil 3 war die Luft aber raus. Hab's nur ca. Bis zur Mitte gezockt. Judgment habe ich...
Die Gears of War-Reihe birgt unheimliches Potential, das von Spiel zu Spiel mehr genutzt wird. Es ist schön zu sehen, dass die Entwickler von Epic ihrer Linie treu bleiben und stetig an Verbesserungen feilen. Der Abschluss der Trilogie ist gleichzeitig der beste Ableger der Reihe und zeigt, wozu die mittlerweile doch etwas betagte Xbox 360 noch fähig ist. Die bombastisch inszenierte Einzelspielerkampagne in der perfekte Spielbarkeit mit abwechslungsreichem Level- und Figurendesign gekreuzt wurde macht sowohl solo, als auch im Koop mit Freunden unheimlich viel Laune. Die Story ist spannend, birgt einige überraschende Wendungen und schafft es über die gesamte, für einen Shooter doch recht üppige, Spielzeit hinweg zu begeistern. Der Effekt-Overkill auf dem Bildschirm ist ein wahrer Augenschmaus und sorgt in Verbindung mit der bombastischen Soundkulisse für beeindruckend atmosphärische Schlachten im heimischen Wohnzimmer. Auch die Multiplayer-Modi lassen keine Wünsche offen, zumal der geniale Horde-Modus um eine interessante Komponente erweitert wurde und wir als „Beast“ nun auch Jagd auf die Gears machen dürfen. Löblich ist außerdem dass alle Modi sowohl on- als auch offline spielbar sind und sogar Bots zugeschaltet werden dürfen. Heutzutage ist das leider alles andere als selbstverständlich. Natürlich ist auch Gears of War 3 nicht fehlerlos! Neben einigen kleineren optischen Mäkeln und KI-Aussetzern bleibt vor allem die deutsche Sprachausgabe hinter den Erwartungen zurück. Im Hinblick auf den enormen Umfang und die hervorragende Inszenierung ist das aber nicht weiter schlimm.