Zumba Fitness im Test

Die Spannung ist groß, denn das Game wird in einer großen Pappschachtel geliefert, was eigentlich immer ein Indiz für schicken Zusatzklüngel ist. Was kann es nur sein? Ein Gratis-Move-Controller? Ein Pulsmesser wie bei EA Sports Active 2? Die nette Dame vom Cover zum Aufpusten? Leider handelt es sich bei dem Bonus lediglich um einen Gürtel samt Tasche. Dieses modisch fragwürdige Accessoire dient dazu, den Controller in Hüfthöhe am Körper zu befestigen, denn Bewegungen der Körpermitte spielen bei Zumba eine besonders wichtige Rolle. Die Hardware, die Sony zur Erkennung von Bewegungen entwickelt hat, ist zweifellos gut. Aber ist sie tatsächlich dazu in der Lage, komplexe Tanzschritte, wie sie in Zumba Fitness an der Tagesordnung sind, nur anhand einer einzelnen leuchtenden Move-Kugel und den technischen Wunderwerken im Inneren des Controllers zu erfassen? Um diese Frage zu beantworten, starte ich einen beliebigen Modus und führe drei Tests durch:

Test 1: Rhythmische Handgelenk-Gymnastik

Natürlich lege ich den Gürtel, der trotz meiner gottgegebenen Mopsigkeit groß genug wäre, nicht an und stehe auch nicht vom Sofa auf. Während sich die Vortänzerin auf dem Bildschirm verausgabt, richte ich den Lichtball auf das Playstation Eye und bewege nur die Hand im Takt der Musik. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn auf Anhieb schaffe ich über 90 Prozent der Manöver mit perfekter Bewertung und bekomme meine erste Trophy für die virtuelle Vitrine.

Test 2: Zumba mit verdeckten Karten

Ich bekomme das ungute Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Kurzzeitig überlege ich, den vorherigen Test unter einer Decke zu wiederholen. Obwohl ich allein zu Hause bin, entscheide ich dann aber doch, dass so etwas einfach zu verdächtig aussieht. Darum halte ich einfach meine linke Hand vor das leuchtende Ende meines High-Tech-Spielzeugs und versuche erneut im Rhythmus zu bleiben. Das Resultat ist verblüffend. Obwohl die Kamera unmöglich etwas gesehen haben kann, erhalte ich erneut eine Spitzenbewertung. Offensichtlich verlässt sich Zumba Fitness also ausschließlich auf die nicht sichtbaren Controller-Komponenten, wie die elektronische Wasserwaage, den Beschleunigungssensor und den fest eingebauten japanischen Schlumpf, der ständigen Funkkontakt zur Konsole hält.

Test 3: Der Cocktail-Mixer

Es wäre doch gelacht, wenn ich dieses Game nicht dazu bringen könnte, mich für meine Faulheit zu bestrafen! Mit dem Rücken zum Fernseher schüttele ich zwei Minuten lang mein Sony-Zubehör ohne auf die Musik zu achten und endlich... ich bin nicht mehr super, sondern nur noch sehr gut.

Nach diesem Testmarathon dürfte klar sein, dass die Steuerung absolut mangelhaft ist. So lange irgendeine Bewegung ausgeführt wird, wirkt sich das fast immer positiv auf das Punktekonto aus und nur Stillstand wird bestraft. Die Silhouetten der Vortänzerinnen und des Zumba-Meisters Beto, der den Trend in den 90er Jahren gestartet hat, leuchten in verschiedenen Farben auf, was als Indikator für Präzision dienen soll. Doch selbst wenn der Gürtel angelegt ist und nur herum gezappelt wird statt ernsthaft zu trainieren, werden immer noch weit über die Hälfte der Bewegungen gelobt. Eventuell ist das alles für echte Fans dieser Art der Körperertüchtigung zu verschmerzen, für Zocker, die es gewohnt sind, faire Bewertungen für ihre Leistungen zu erhalten, ist es aber ein Schlag ins Gesicht.

Muss ich diesen Bericht weiter tippen? Könnt ihr euch nicht bereits denken, welches Urteil am Ende gefällt wird? Na gut, weil ihr es seid! Der Lerneffekt ist bei einem Fitnessprogramm, dass fast jedes Zucken als gute Aktion interpretiert, natürlich mäßig. Dennoch wäre es möglich gewesen, mit einem guten Tutorial dafür zu sorgen, dass die vielen Tanzschritte, die bei einer Zumba-Session zum Einsatz kommen, verinnerlicht werden. Dummerweise lassen sich die Anweisungen der Profis auf den Satz: “Mach einfach genau das, was ich mache!“ reduzieren. So werden Einsteiger ihre Fehler garantiert nicht bemerken und die oberflächlichen Lektionen sorgen dafür, dass Zumba Fitness höchstens für Menschen interessant ist, die bereits über Grundkenntnisse verfügen.

30 Übungen dürfen in unterschiedlichen Modi in Angriff genommen werden. Obwohl es Highscore-Attacken, 2-Spieler-Duelle, Online-Battles, kooperative Spielvarianten und Team-Kämpfe gibt, will keine echte Partystimmung aufkommen. Zumba Fitness ist und bleibt ein Workout-Programm und kein spaßiger Zeitvertreib der Marke Dance Central. Selbstverständlich stehen auch Downloads zur Verfügung, um das Repertoire zu erweitern. Diese kostenpflichtigen Extras dürften aber nur für echte Fans interessant sein.

Gibt es etwa gar nichts Gutes über dieses Produkt zu sagen? Glücklicherweise doch! Wer dazu in der Lage ist, großzügig über die vielen Macken hinweg zu sehen und sich viel Mühe gibt, den Einstieg zu schaffen, wird mit äußerst fordernden Trainings belohnt. Bereits eine 20-minütige Einheit auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade bringt Menschen mit durchschnittlicher Ausdauer an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wenn das Produkt also nüchtern als Werkzeug zur Verbesserung der Fitness betrachtet wird, erfüllt es tatsächlich seinen Zweck.

Es fällt schwer, die Grafik zu bewerten, da es sich bei dem Geschehen auf dem Bildschirm größtenteils um Videoaufnahmen handelt, die durch simple aber dennoch schicke Effekte aufgepeppt wurden. Da die beiden Damen und der Herr ihr Handwerk verstehen, sind die Bewegungsabläufe perfekt. Von guten Animationen darf aber aufgrund des angewendeten Tricks trotzdem nicht gesprochen werden. Die diversen Kulissen sind äußerst unspektakulär, was aber kaum stört, der der Blick automatisch auf die Vortänzerinnen bzw. den Vortänzer gerichtet ist.

Wer lateinamerikanische Musik mag, wird natürlich bestens bedient. Merengue, Salsa, Mambo, Rumba, Flamenco und Calypso sind nur einige der Stilrichtungen, die als Untermalung für die Workouts dienen. Etwas merkwürdig mutet hingegen die Sprachausgabe an. Immer wieder kommt es vor, dass sich englische Sätze in die deutsche Synchronisation einschleichen. Ob das ein Fehler ist oder cool wirken soll, bleibt ein Geheimnis.