FC Bayern München Club Football 2005 im Test

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Sportspiele scheinen ein Paradebeispiel dafür zu sein, wie man in aller Regel mit wenig Innovationen und teuren Lizenzen Jahr für Jahr viel Geld machen kann. Codemasters bietet mit seiner Club Football Reihe ein auf verschiedene europäische Spitzenteams zugeschnittenes Produkt an, wir hatten für dieses Review die Version FC Bayern München Club Football 2005 vorliegen. Diese Versionen bieten Vereinstypische Merkmale und Besonderheiten und unterscheiden sich auch untereinander. Inwieweit sich die Club Football Serie mit diesem Ansatz aus dem Einheitsbrei jährlich neuerscheinder Lizenzprodukte anheben kann, werden wir im folgenden untersuchen.

Einlauf ins Stadion, hier die Olympiahalle


Der Einstieg ins Spiel fällt relativ schwer, was allerdings weniger an der Qualität der Gegner als vielmehr an der Steuerung liegt. Sehr bedauerlich war die Tatsache, daß sich das Spiel nicht dazu bewegen ließ, ein einwandfrei funktionierendes und installiertes Microsoft Gamepad im Spiel zu erkennen. Somit blieb nur die wenig zufriedenstellende Möglichkeit, mit der Tastatur die Steuerung der virtuellen Starkicker zu übernehmen. Leider büßen Ballack, Elber und Co somit einiges ihrer virtuellen Kickerkünste ein. Eher eckige Bewegungen sind dank Tastatursteuerung an er Tagesordnung. Unangenehm ist weiterhin, dass man gerade in der Defensive oft die Steuerung von Sportlern übernimmt, die ohnehin keine Chance haben, in das Spielgeschehen einzugreifen. Die Distanz zum Ball scheint das einzige Auswahlkriterium zu sein, und da die Wechsel auch recht träge ablaufen, ist manchmal alles schon zu spät, bevor man den passenden Mann in der eigenen Abwehr gefunden hat.


Der virtuelle Ballzauber - durch Tastatur entzaubert




Auch die Torschüsse sind unnötig kompliziert und es dauert selbst auf einem der niedrigen Schwierigkeitsgrade lange, bis das Runde wirklich mal im Eckigen landet. Auch einem Michael Ballack kann es mal passieren, dass der Ball aus kurzer Distanz einen Meter über die Latte fliegt. Doch wenn man bei Club Football 2005 nicht wirklich exakt mit der Schusskraft arbeitet, wird diese Ausnahme zur Regel. Laut Codemasters wurde viel Zeit investiert, um die seltsame Ballphysik der Vorgänger zu verbessern. Gelungen ist dieses Unternehmen leider nur teilweise, denn immer wieder hat man das Gefühl, als würde jemand heimlich am versteckten Schwerkraft-Regler in der Schaltzentrale des Stadions drehen, um das Leder mal am Boden kleben zu lassen und mal zu einem langsam schwebenden Flugobjekt zu machen, oder die Kicker bolzen mit schier unendlicher Kraft den Ball übers Tor.


Schiessen oder beschossen werden, das ist hier die Frage


Neben den Macken der Steuerung und der teilweise merkwürdigen Ballphysik gibt es noch eine ganze Reihe weiterer kleiner Mankos, die teilweise negativ die Atmosphäre beeinflussen. Das Geschehen, traurig aber wahr, wirkt oft einfach nicht wie Fußball. Vor allem das Verhalten gegnerischer Spieler verrät häufig ihre reichlich beschränkte künstliche Intelligenz. Fouls oder gelungene Abseitsfallen sind absolute Mangelware und manchmal führt ein computergesteuerter Kicker einen skurrilen Tanz mit dem Ball auf oder rennt direkt ins Aus, obwohl der nächste Kontrahent 20 Meter vom Geschehen entfernt ist. Bei Standardsituationen gibt es sehr viel weniger Ausführungsvarianten und Kontrollmöglichkeiten als bei den bekannteren Fußball-Games, aber dank der neuen Precision Trigger Funktion, mit deren Hilfe auf ein alternatives Dribbling umgeschaltet werden kann, ist die diesjährige Version von Club Football wenigstens etwas abwechslungsreicher als ihre Ahnen.


Gleich fällt ein Tor... dank Precision Triggering




Natürlich gibt es nicht nur Schlechtes zu berichten. Die Art und Weise der Präsentation der Spiele ist durchaus konkurrenzfähig und in einigen Punkten sogar den großen Simulationen überlegen. Nach interessanten Szenen wird oft weit mehr gezeigt als eine simple Wiederholung in Zeitlupe. Bei Club Football 2005 schimpft der Keeper mit seiner Abwehr, Trainer jubeln nach Toren und verletzte Spieler humpeln gestützt von Helfern vom Platz. Ausführliche Statistiken und Einblendungen über den aktuellen Stand bei anderen wichtigen Liga-Begegnungen sorgen ebenfalls dafür, dass alles tatsächlich an eine Fernsehübertragung erinnert. Schade nur, dass diese Atmosphäre durch Schlampereien in anderen Bereichen wieder zunichte gemacht wird.


Wie in Dortmund ....


Die unnötig augenfeindliche Mini-Schrift und jede Menge Übersetzungsfehler in den Menüs sind noch das kleinste Übel. Wesentlich schlimmer ist die Tatsache, dass die Games nicht wirklich an die Vereine und Länder angepasst wurden. So kann ein Pokal-Spiel zwischen Dortmund und Bayern auch mal im Estadio Santiago Bernabeu stattfinden, wenn man nicht selbst die richtigen Einstellungen vornimmt. Auch viele weitere Mini-Mankos deuten darauf hin, dass hier einfach nur lieblos eine Vereinsversion zu einer anderen umfunktioniert wurde, statt jedes Game der Reihe wirklich exakt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Fans zuzuschneiden.


...so jubelt man auch im HSV oder woanders




In einer Liga-Saison, einem gesamteuropäischen Wettbewerb, Freundschaftsspielen, Training und eigenen Turnieren darf man an seinem Können feilen und sich mit insgesamt 250 anderen Mannschaften messen. Neu ist eine Karriere-Variante, die sich voll und ganz auf einen einzelnen Star konzentriert. In einem Editor, der tatsächlich so gut ist, dass es an ein Wunder grenzt, ausgerechnet in diesem Spiel darauf zu stoßen, darf man einen neuen Spieler kreieren. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt und von Segelohren über eine grellgrüne Fußballerfrisur bis hin zu einer gebrochenen Nase ist fast alles möglich. Während einer Partie Rasenschach steuert man ausschließlich den eigenen Schützling. Auch wenn diese Variante anfangs interessant ist, verliert man schnell den Spaß daran, da es tatsächlich etwas langweilig ist, minutenlang im Mittelfeld herumzulaufen und den Ball zu fordern.


Auch virtuelle Fussballer diskutieren mal


Das größte Verkaufsargument sind natürlich die vereinsspezifischen Features der einzelnen Club Football Versionen. Videos, Bilder und Informationen können mit Punkten, die durch Erfolge gesammelt werden, frei geschaltet werden. Doch obwohl Stadionbegehungen, besonders schöne Tore und ein virtuelles Sticker-Album sicherlich eine motivationssteigernde Wirkung haben, wäre auch hier wesentlich mehr möglich gewesen. Besonders die Tatsache, dass ein Großteil der Extras aus den letzten paar Jahren stammt, wird die Historiker unter den Fans der Traditionsvereine sicherlich ärgern. Es gibt die Möglichkeit, eine Handvoll verschiedene Szenarien zu spielen, aber zumindest bei den vorliegenden Testversionen ist das älteste Rasenduell dieser Art das Championsleague-Finale von 1997, wo man 23 Minuten vor Abpfiff einsteigt und versuchen muss, Dortmunds 2:1 Führung gegen Juventus Turin zu verteidigen. Geradezu peinlich ist, dass auch in solchen klassischen Begegnungen der aktuelle Kader der Vereine aufläuft.


Unten am Rasen sieht das Spiel dynamischer aus




Die Animationen sind eine der großen Schwächen der Grafik. Die Bewegungen auf dem Spielfeld wirken oft hölzern und wenig abwechslungsreich. Manchmal scheint auch die Geschwindigkeit einfach nicht zu passen. Da wirft sich der Torwart schon mal waghalsig in eine Ecke seines Tores und steht innerhalb vom Bruchteil einer Sekunde mit Hilfe einer holprigen Bewegung wieder auf den Beinen. In den Wiederholungen werden weitere Fehler deutlich. Hier bekommt man zum Beispiel in Zeitlupe zu sehen, dass einige der Kicker über telekinetische Fähigkeiten verfügen, denn sie sind in der Lage, die Richtung des Balls zu beeinflussen, ohne das Sportgerät wirklich zu berühren. Die Spieler der Vereine mit eigener Clubversion des Games haben einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Auch wenn die Modelle ein wenig glatter und dadurch fünf Jahre jünger wirken als ihre realen Vorbilder, muss man nicht erst aufs Trikot schauen, um zu sehen, wer da gerade gezeigt wird.



Eine Glanzparade des Keepers, leider sieht sie etwas hölzern aus

Bei anderen Vereinen kommt es allerdings doch oft dazu, dass man belustigt oder verwirrt ist, wenn man einzelne Sportler erblickt. Kaierslauterns Stürmer Carsten Jancker sieht beispielsweise nicht mal wie ein entfernter Verwandter von sich selbst aus. Der Tiefpunkt der Optik ist eindeutig das Publikum. Anscheinend hat Codemasters hier einen Praktikanten mit Digital-Kamera ins Stadion geschickt, um drei Bilder zu machen, die im fertigen Spiel in Sekundenintervallen wiederholt werden, um das kleine Wunder von bewegten Bildern zu erzeugen. Oft werden die Augen durch einen leichten Nebeleffekt vor dem schrecklichen Anblick bewahrt, aber ganz schlimm wird es, wenn die Fans in all ihrer Grobheit bei Wiederholungen oder Standardsituationen aus nächster Nähe gezeigt werden. Bei einer Ecke kann schon mal ein großer Klumpen wabernder Pixelbrei am unteren Bildschirmra
nd auftauchen, den wir nach langer Diskussion inzwischen für die Hand eines Zuschauers halten.


Das umfangreiche Replay entschädigt sogar für gegnerische Tore


Die Soundkulisse liegt qualitativ noch einmal ein gutes Stück unter der grafischen Darbietung. Einen Kommentar, der so holprig und gestückelt wirkt, hat man selbst in den frühen Versionen nur selten vorgesetzt bekommen, und auch der recht überschaubare Wortschatz der Sprecher ist hoffnungslos überholt. Noch liebloser klingen die virtuellen Fans. Vereinsspezifische Schlachtrufe und Gesänge, wie man sie von einem Spiel dieser Art wohl erwarten darf, sind leider nicht zu hören. Stattdessen dröhnt ein unverständliches und dumpfes Massengemurmel von den Rängen, was nicht gerade zu einer sonderlich authentischen Atmosphäre beiträgt.

Ein besonderes Manko stellt der Kopierschutz dar. Im DVD Laufwerk wurde die CD zwar anstandslos erkannt, auch die Installation lief klaglos ab. Allerdings schlug der Kopierschutz dann gnadenlos zu, es brauchte des öfteren mehrere Anläufe, um die CD als Original durchgehen zu lassen. Pro Anlauf waren im Testsystem ca. 10 Minuten zu veranschlagen, in denen das System 100 prozentig ausgelastet war und somit anderweitig nicht mehr genutzt werden konnte. Zum Glück lief das Spiel im zweiten Testsystem dann ohne Probleme, so dass die Schlussfolgerung nache liegt, dass es sich hierbei um ein Problem mit manchen DVD-Laufwerken handelt. Nichtsdestotrotz muss so etwas bemängelt werden, da es einem potenziellen Käufer somit den Zugang zum Spiel unnötig erschwert.

Benjamin meint:

Benjamin

Auch in diesem Jahr belegt die Club Football Reihe leider wieder einen der hinteren Plätze in der Rangliste der Fußball-Simulationen. Dass es kaum eine Chance gibt, EA Sports ernsthaft Konkurrenz zu machen, dürfte eigentlich jedem Zocker schon vorher klar gewesen sein. Die mittelmäßige Grafik und die ziemlich schlechte akustische Untermalung könnte man noch verschmerzen, wenn da nicht auch noch die deutlichen Macken im Gameplay wären. Echte Fans der jeweiligen Vereine dürften sich aufgrund des enthaltenen Bonus-Materials freuen, wenn Club Football 2005 unter dem diesjährigen Weihnachtsbaum liegt, aber im Grunde hätte auch in diesem Bereich sehr viel mehr getan werden müssen, um den Vollpreis der einzelnen Versionen zu rechtfertigen. Einige nette Ideen bei der Präsentation der virtuellen Spiele können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Probleme dieser Games nicht mit den jährlichen kleinen Veränderungen behoben werden können. Die technischen Mängel, die sich im Test ergaben, runden den eher unausgereiften Eindruck ab. 

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FC Bayern München Club Football 2005 Daten
Genre Sport
Spieleranzahl 1 - 4
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 13.10.2004
Vermarkter Codemasters
Wertung 5
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neXGam YouTube Channel
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