Kann sich Link nun trotz Nachzüglerrolle an die Spitze setzen?
Die Geschichte von Breath of the Wild ist schnell erzählt. Immer wieder in der Geschichte Hyrules wird das Land von der Verheerung Ganon heimgesucht; einem Angriff des monströsen Bösewichts, der hier eher einer dämonischen Naturgewalt gleicht. Als vor hundert Jahren Prinzessin Zelda und Link sich auf die Wiederkehr
Damit ist die Geschichte eigentlich auch schon erzählt. Nach dem Erwachen lernt der Elf in einem Startgebiet seine Fähigkeiten neu kennen (sprich: Tutorials für den Spieler), und danach ist bereits die ganze Welt offen. Ein Handlungsbogen wird nicht weiter gesponnen, wer möchte, kann sich sofort auf zum Schloss machen und Ganon konfrontieren. Das ist freilich zu diesem Zeitpunkt nicht ratsam, da Ausrüstung, Kondition und Lebensenergie nicht gerade üppig sind. Was die Story angeht, wird daher nur optional mehr erzählt. Man kann mehr darüber erfahren, was mit den Recken an Links Seite geschah und sich Vereinfachungen für den Showdown verdienen.
Dreh und Angelpunkt von Breath of the Wild ist aber keine Story, sondern der riesige Spielplatz, den Hyrule darstellt. Wie kein anderer Held ist Link kaum Grenzen unterworfen. Nahezu jede Mauer und jeder Berg ist erklimmbar, Distanzen lassen sich mit einem Paragleiter in Luftlinie zurücklegen, zu Pferde die Landschaft erkunden, und wer es nass mag, darf auch schwimmen. Einzige Hindernisse sind die Ausdauer des Helden, die vielleicht noch nicht ausreichend ausgebaut wurde, um die gewaltigsten Felswände zu erklimmen, oder mangelnder Schutz gegen Wind und Wetter.
Eine weitere Besonderheit ist die Interaktivität des Helden mit der Welt und der Elemente untereinander. So bietet sich das Bergsteigen bspw. nicht an, wenn es gerade in Strömen regnet und alles glitschig ist. Anstatt Brandpfeile zu kaufen, genügt es auch mit einem Holfzpfeil an ein Lagerfeuer zu treten, um das Projektil zu entzünden; gleichermaßen werden Nahrungsmittel bei Feuerkontakt gebraten. Und wenn ein Gegner durchs hohe Gras stapft, lohnt es sich, eben dieses mit einem solchen Pfeil anzuzünden, anstatt Auge in Auge zu kämpfen. Monster auf metallenen Böden können ebenso mit Hilfe eines Elektropfeils gegrillt werden.
Bei all solchen Details punktet Zelda klar. Aber es gibt auch Dinge, die die Konkurrenz besser handhabt. So sind leider die Siedlungen Hyrules relativ klein und spärlich bevölkert. Quests sind vorhanden, aber vergleichsweise simpel aufgebaut und wenig originell. »Bring mir X Exemplare von Item Y«, »Töte die Monster, die da in Sichtweite rumreiten«, »berge die Schatztruhe aus dem Wasser vor mir«. Komplexe, aufeinander aufbauende Questlines sind Fehlanzeige, ebenso wie selten eine interessante Geschichte durch die Nebenaufgaben erzählt wird. In dieser Hinsicht bieten Spiele wie Witcher 3 oder Skyrim erheblich mehr.
Wer Ubisoft-typische Sammelaufgaben liebt, der wird die Suche nach den 900 Krogs genießen oder sein Fotoalbum aller Items, Tiere und Gegner zu Vervollständigen versuchen.
Audiovisuell ist Breath of the Wild ein zweischneidiges Schwert. Primär für die Wii U entwickelt, gleichen sich beide Fassungen nahezu wie ein Ei dem anderen. Wii U User haben am TV eine Auflösung von 720p, Switch User begnügen sich im Handheld Modus mit derselben Pixelzahl, genießen aber am Fernseher einen Boost zu 900p. Texturen, Details und Effekte sind identisch. Die Charaktere sind schön mit Cel Shading in Szene gesetzt. Manche Szenerien können je nach Tageszeit und Wetter absolut herrlich aussehen. Wenn das Licht auf die einzelnen, hohen Grashalme strahlt, sieht das schon toll aus. Andererseits ist die Landschaft verglichen mit manch anderem Open World Spiel eher weit und leer. Die Flora und Fauna ist spärlich, aber nicht so dass es störend ist. Wer jedoch dichte Wälder sucht, wird enttäuscht. Hier wurden eindeutig gewisse Kompromisse eingegangen. Kein Wunder, wenn man sich die mangelhafte Performance so mancher detaillierten Open World Spiele auf PlayStation 3 und Xbox 360 anschaut. Mit der Wii U als Lead Plattform orientierten sich Nintendos Programmierer an solcher last-gen-Technologie.
Ganz neu ist die Synchronisation. 2017 erhält auch Legend of Zelda endlich Sprachausgabe ... bis auf Held Link, der nach wie vor stumm ist. Die deutschen Sprecher sind dabei ganz hervorragend gewählt. Hier wurde absolut makellose Arbeit geleistet. Allerdings tritt die Sprachausgabe nur in wichtigen Szenen auf, NPCs geben höchstens Grunzer von sich.
Für mich ist Breath of the Wild das erste 3D-Zelda, das mich in seinen Bann gezogen hat. Selbst das vielgerühmte Ocarina of Time ließ mich kalt, aber mit Link Hyrule zu erkunden ist schon ein Erlebnis, bei dem man die Zeit vergessen kann. Allerdings fehlen mir noch die lebendigen Welten mit Bewohnern, die eigene kleine Geschichten zu erzählen haben, die Quests und die lebhaften Straßen von Städten, um wirklich in die Welt zu versinken. So bleibt das neue Zelda für mich ein sehr gutes Spiel, aber keines, bei dem ich die Welt um mich herum vergesse, wie es bei manchen Konkurrenten der Fall ist. Wenn man aber schon so stark ins Open World Geschäft einsteigt, bin ich umso gespannter, wie sehr man sich noch verbessern kann, wenn die Zeit für den nächsten Teil ansteht.