The 7th Guest (PC) - User-Review

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    • The 7th Guest (PC) - User-Review

      Ungeladener Gast ist schwere Last

      Sechs geladene Gäste, die Spukhausvilla eines teuflischen Spielzeugmachers und ein geheimnisvoller siebter Gast, all das bildet den inhaltlichen Grundstock zu The 7th Guest. Ich habe mir das Retro-Adventure, welches 1993 als Grafikpracht-Adventure und Vorzeige-Produkt der damals gerade angebrochenen CD-ROM-Ära gehandelt wurde, zweieinhalb Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung noch einmal zur Brust genommen.

      Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin kein Retro-Experte. Als The 7th Guest 1993 erstmals erschien, war ich mit anderen Dingen beschäftigt und habe noch nicht gezockt. So war es eigentlich purer Zufall, der mich jüngst, also 25 Jahre später, mit The 7th Guest in Berührung brachte, als ich den Titel vor wenigen Monaten (preislich reduziert) im Steam-Shop entdeckte. Nebenbei: die altehrenwürdige Original-Verkaufsversion, die bei Verkaufsstart im Laden auf zwei CDs und im dekorativen Karton einschließlich dickem Handbuch & allem Pipapo ausgeliefert wurde und seinerzeit rund 180 DM (nach heutiger Währung: ca. 90 €) kostete, bekommt man auf neueren PCs ohnehin kaum bis gar nicht mehr zum Laufen.

      The 7th Guest ist ein FMV-Adventure (FMV = Full Motion Video), d.h. durch den Einsatz von Schauspielern kommen (teilweise) filmische Elemente zur Geltung, eine in den 1990er Jahren in Adventures häufiger angewandte Darstellungsform; sei es bei Tex Murphy, Phantasmagoria, The Beast Within: A Gabriel Knight Mystery (Gabriel Knight 2) oder eben The 7th Guest bzw. dessen Nachfolger The 11th Hour (1995), der vom selben Entwicklerstudio (Trilobyte) stammt und dem ähnliche Spielprinzipien zu Grunde lagen. Hinzu kommt: Mit ca. 1.000.000 Dollar Produktionskosten und rund zwei Millionen verkauften Exemplaren war The 7th Guest eines der teuersten und erfolgreichsten Videogames jener Zeit. Außerdem gab es ein gleichnamiges Buch. Und via Kickstarter-Kampagne wurde eine Fan-Fortsetzung mit dem Titel The 13th Doll (vor-)finanziert.

      Ein teuflischer Gastgeber

      Henry Stauf ist ein bemerkenswerter Mann. Durch ganz besondere, von ihm selbst handgefertigter Spielzeugpuppen hat er es vom Landstreicher und Tagedieb zu beträchtlichem Reichtum gebracht. Zu Beliebtheit und Ansehen weniger. Denn Kinder, die sein Spielzeug bekommen, werden krank und sterben. Unikum Stauf, eine Gestalt faustischen Zuschnitts, zieht sich daraufhin aus der Öffentlichkeit zurück, auf seine Villa abseits der Stadt. Dorthin lädt er eines Tages sechs Gäste ein, denen er die Erfüllung ihrer Wünsche verspricht. Natürlich nicht ohne Eigennutz und bösen Hintergedanke. Stauf hat nämlich eine ganz spezielle Aufgabe für seine Besucher: sie sollen für ihn ein Kind ausfindig machen. Besagtes Kind - praktisch der siebte Gast - versteckt sich irgendwo im Haus. Was die Gäste nicht wissen: Henry Stauf hatte einen Deal mit dem Teufel abgeschlossen: der bekam von Stauf die Seelen der Kinder und lieferte dem Spielzeug-Millionär als Gegenleistung die Inspirationen für seine Puppen.

      Aber es gibt noch einen weiteren Gast, der lange, sehr lange Zeit später eintrifft: Uns, den Spieler, das "Ego". Jahrzehnte nach den Ereignissen in der Spukhausvilla begeben wir uns persönlich dorthin. Auf der Suche nach Staufs ehemals bestellten Gästen. Und der Frage nachgehend, was es mit dem mysteriösen siebten Gast wirklich auf sich hatte. Denn keiner der geladenen Gäste, die damals das Haus betraten, wurden je wiedergesehen. Und auch was aus "the 7th guest" geworden ist, blieb seither ein Geheimnis.

      Rätseln in der Geistervilla

      Staufs Eigensinn treibt auch in dessen Villa bizarre Blüten. Das pompös ausgestattete Haus gliedert sich in Ober-/Untergeschoss, Keller und Dachboden - und in jedem der insgesamt über zwanzig Zimmer und Räume hat der seltsame Puppen-Schnitzer ein Rätsel platziert. Dem Spieler kommt nun die Aufgabe zu, jedes einzelne davon zu lösen. Ist er dabei erfolgreich, erfährt er anhand von kurzen Film-Sequenzen bzw. die Darstellung durch Schauspieler nach und nach mehr über die Hintergründe, die damaligen Geschehnisse im Haus und das Mysterium des siebten Gastes. Anfangs sind nur ganz bestimmte Abschnitte/Zimmer zugänglich, wodurch zunächst eine starke Linearität entsteht. Ab etwa der zweiten Spielhälfte erhält man dann aber auch schon mal Zutritt zu zwei oder drei der bis dahin noch unerforschten Räume, hat also die Wahl, durch welche Tür man als erstes geht. Von Vorteil ist dies nicht immer, denn: je nachdem, welchen Raum man sich vornimmt, werden die jeweiligen Vor-, Zwischen- und Nachsequenzen automatisch ausgelöst, die aber bezogen auf den eigentlichen Spielverlauf möglicherweise überhaupt keinen Sinn machen, weil sie der Chronologie bzw. dem eigentlichen Handlungsstrang und damit dem Verständnis der Story zuwiderlaufen. Beispielsweise wird einer der Gäste im Schlafzimmer erwürgt und taucht dann an einer späteren Stelle im Spiel plötzlich wieder auf.

      Per Mausklick bewegen wir uns aus der Ego-Perspektive via Kamera-Fahrt auf streng vorgegebenen Pfaden von A nach B. Ein animierter Knochenhand-Cursor zeigt an, wohin sich der Spieler begeben und ob er einen Raum betreten kann. Je nach Anwendungsmöglichkeit verändert sich der Mauszeiger in einen Totenkopf (Hinweis auf ein Rätsel), eine Theatermaske (eine Filmsequenz wird abgespielt oder kann wiederholt werden) oder ein Gebiss, mit dem wir psycho-kinetische Aktionen auslösen können (Besteck schwebt durch das Esszimmer, ein Gemälde an der Wand fängt an zu "leben" und ähnlicher Hokuspokus). Übers Hauptmenü lassen sich bis zu zehn Speicherstände anlegen. Dort kann man auch einen Grundriss der Villa abrufen. Verlassen wir das Spiel, wird dies von Stauf mit einem hysterischen "Come back!" kommentiert.

      Wirft man Rätseln in neueren Adventures häufig vor, sie seien zu einfach und deshalb zu wenig fordernd, so kann man das von denen in The 7th Guest so allgemein nicht behaupten. Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich zwischen ziemlich einfach bis bockschwer, wobei die anspruchsvollen Rätsel jedoch klar in der Überzahl sind. Auffallend und aus meiner Sicht eher nachteilig ist, dass die Kopfnüsse zumeist in keinem direkten Zusammenhang mit der eigentlichen Handlung stehen. Vielmehr hat man die meiste Zeit den Eindruck, ein virtuelles Rätselheft abzuarbeiten. Und in der Tat: über weite Strecken ist The 7th Guest eigentlich nichts anderes als eine Aneinanderreihung typischer Intelligenz-, Geschicklichkeits- und Geduldsspiele. So müssen wir beispielweise Damen auf einem Schachbrett so anordnen, dass sie sich weder horizontal, noch vertikal oder diagonal gegenseitig bedrohen, in einem Blutkreislauf Klappen so schließen bzw. öffnen, dass das Blut vom Herz zum Ausgang fließen kann, ein Gitter richtig verschieben, damit ein Durchgang entsteht, Karten in einer bestimmten Reihenfolge aufdecken, ein Labyrinth durchqueren oder in der Art eines Mini-Puzzles ein Bild wieder herstellen.

      Nur wenige Aufgaben und Szenen lassen darauf schließen, dass wir es bei The 7th Guest mit einem Grusel-Adventure zu tun haben sollten, denn gruselig ist der Titel zu keiner Zeit. In einer Gruft gilt es alle Särge zu schließen, und zwar so, dass ein Sarg die umliegenden geschlossen öffnet und umgekehrt. Dann gibt es noch ein recht haariges Rätsel in Staufs düsterem Musikzimmer, wo man auf dem Klavier des Hausherrn eine bestimmte Melodie nachklimpern soll (ein falscher Ton reicht und man muss das komplette Rätsel wieder von vorne beginnen, was von Stauf mit einem gehässigen Kichern auf dem Off honoriert wird) - all diese Dinge verlangen dem Spieler etwas Konzentration und ein gewisses Denkvermögen ab, wirklich spannend sind sie aber nicht. So gerät die eigentliche Handlung denn auch schnell zur Nebensache. Da The 7th Guest komplett in Englisch ist und über keine deutschen Untertitel verfügt (Anmerkung: Es gab mal eine Fassung für CD-i, die auch über eine deutsche Synchro verfügt), sollte man des Englischen einigermaßen mächtig sein, wenn man Texte und Akteure verstehen will. Wobei Alltagsenglisch nicht unbedingt ausreicht; so muss man auf altenglische Formulierungen und Wortzusammensetzungen wie "Shy Gypsy Slyly Spryly Tryst By My Crypt" erst mal kommen. Dankenswerter Weise findet sich in der Bibliothek der Stauf-Villa ein Buch, das Hinweise zu den einzelnen Aufgaben enthält (natürlich ebenfalls in englischer Sprache). Schummler seien aber grundsätzlich gewarnt: da einige Rätsel Zufalls-generiert sind, helfen Komplettlösungen und vergleichbare Hilfsmittel nicht immer weiter.

      Zwischen (Retro-)Kult und Trash

      Technisch war The 7th Guest für die damalige Zeit ohne Zweifel ein beeindruckendes Spiel, obgleich die Grafik aus heutiger Sicht nur noch rudimentär erscheint, was man einem inzwischen 25 Jahre alten Titel aber nicht vorwerfen darf, und es zweieinhalb Jahrzehnte später völlig albern aussieht, wenn z.B. ein Skelett in einer Kapelle an der Orgel sitzt und dort musiziert. Eben jene Grafikpracht war es dann wohl auch, die diesem Adventure zu CD-ROM-Zeiten so viel Aufmerksamkeit bescherte. Denn rein spielerisch ist der Titel relativ schwach und ein weiterer Beweis dafür, dass reine Äußerlichkeiten und ein guter Sound noch lange kein super Spiel machen. Auf mich wirkt The 7th Guest im Grunde genommen gar nicht wie ein Grusel-Adventure, sondern fast schon wie eine Parodie darauf. Die Szenen mit den Schauspielern, die im Vergleich zu anderen FMV-Games sehr selten vorkommen und vielleicht gerade mal 5 % ausmachen, weil der Rest in Spiele-Grafik gehalten ist, erinnern mehr an diverse US-TV-Serien oder einen B-Movie, als an Genre-Vertreter wie Tex Murphy oder Gabriel Knight 2, die solche filmischen Elemente für meine Begriffe weitaus besser umgesetzt haben und dabei zum Teil sogar auf weltbekannte Darsteller (z.B. Hollywood-Star Michael York in Tex Murphy: Overseer) zurückgreifen konnten.

      Fazit

      "Story: Hui! - Gameplay: Pfui!", so würde ich The 7th Guest in Kurzform beschreiben wollen. Gegruselt haben mich an dem Retro-Adventure eigentlich nur einige extrem schwere Rätsel und die zweitklassigen Schauspieler. So ganz verfluchen will ich das einstige Grafikpracht-Adventure von Trilobyte dennoch nicht. Das Lösen der Rätsel hat - trotz Frustmomente - überwiegend Spaß gemacht und mich über viele Stunden, verteilt auf mehrere Abende, unterhalten. Dennoch bezweifle ich, dass heutige Spieler noch viel Freude mit dem Titel haben werden. Denn dafür ist der Schwierigkeitsgrad dann doch wieder eine Nummer zu knackig und die Optik zu antiquiert. Empfehlen kann man das Teil sicherlich historisch interessierten Gamern und Retro-Fans, die sich nochmal daran erinnern wollen, was man in der ersten Hälfte der 90er so an Adventures gespielt hat. Auch wenn diejenigen, die The 7th Guest damals als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene spielten, inzwischen genauso in die Jahre gekommen sind, wie The 7th Guest selbst.


      PRO:
      - größtenteils fordernde Rätsel
      - sehr gute Grafik (für damalige Verhältnisse)
      - guter Sound (Stimmen, Musik)
      - Retro-Charme

      CONTRA:
      - nicht gruselig
      - teilweise sauschwere Rätsel (für heutige Verhältnisse)
      - Story gerät zur Nebensache
      - teilweise falscher chronologischer Ablauf



    • Ich habe es letztes Jahr gespielt und fand es überraschend unterhaltsam. Habe auch einige Rätsel gelöst, aber dann irgendwann aufgehört als ich durch ein Labyrinth musste glaube ich. Hatte nicht vor aufzuhören, ist nur einfach eingeschlafen. Muß mich da noch mal ran wagen.

      Ich mochte die FMV Schnipsel, den verrückten Spielzeugmacher... Aber das war halt gefühlt relativ wenig im Vergleich zum Rest des Spiels.
      Bluntman3000: "bin in mpnchtennünchrn"