(PC) Dracula: Origin

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    • (PC) Dracula: Origin

      Die legendäre Romanvorlage von Bram Stoker (1847-1912) zum Vampirgrafen "Dracula" bot nicht nur Schriftstellern und Filmemachern, sondern auch Entwicklern von Videospielen immer wieder Stoff für ihre Werke. Als besonders erfolgreich gilt die PC-Dracula-Serie der französischen Kheops Studios. Allein von den ersten beiden Teilen (Dracula: Resurrection sowie Dracula 2: Die letzte Zufluchtsstätte) gingen über 1 Million Exemplare über die Ladentheke. Für das sonst eher vernachlässigte Adventure-Genre ungewöhnlich viel. Auch der vorerst letzte Teil der Trilogie, Dracula 3: The Path of the Dragon aus dem Jahre 2008, fand unter Fans und Kritikern positive Beachtung. Das hier behandelte Dracula: Origin stammt aus einer anderen Spieleschmiede, nämlich vom ukrainischen Entwicklerstudio Frogwares, welches sich vor allem durch seine Sherlock Holmes-Reihe einen Namen gemacht hat, auf dem Gebiet der Point & Click-Adventures also über umfassende Erfahrung verfügt.

      In Dracula: Origin übernehmen die Rolle des Vampir-Jägers Professor van Helsing, der an der medizinischen Fakultät in London lehrt. In der britischen Hauptstadt häufen sich unheimlichen Ereignisse: Junge Frauen werden tot aufgefunden, ein Diener futtert plötzlich Käfer & Fliegen und Jonathan Harker, Assistent des Professors und ebenfalls Vampir-Jäger, scheint wie vom Erdboden verschluckt. Und schließlich taucht wie aus heiterem Himmel auch noch Graf Dracula auf, der in Mina, das ist Harkers Geliebte, ein Abbild seiner verstorbenen Frau zu erkennen meint und um deren Seele ringt. Außerdem sucht der Graf offenbar "verbissen" nach einem alten Testament, das mit gespenstischen Ritualen in Verbindung steht. In London kommt es in Minas Schlafgemach zu einer Begegnung zwischen van Helsing und Dracula. Doch der Dämonen-Fürst kann entkommen, nachdem er sich kurzerhand in eine Fledermaus verwandelt hat, um vom geöffneten Schlafzimmerfenster aus in letzter Sekunde flatternd zu entfliehen. Professor van Helsing macht sich an die Verfolgung Draculas. Er will dem Grafen endlich das Handwerk legen, bevor der Blutsauger noch mehr Angst und Schrecken, noch größeres Unheil verbreiten kann, und zugleich herausfinden, was es mit Nina, ihrem verschollenen Gatten Harker sowie den geheimnisvollen Texten auf sich hat.



      Dracula: Origin ist ein typisches 3rd-Person-Adventure, welches in vier umfangreiche Kapitel gegliedert ist, wobei jedes davon einem bestimmten Schauplatz gewidmet ist. So führen seine Nachforschungen van Helsing nach London, Kairo, Wien und Transsilvanien. Ohne zu viel zu verraten, darf an dieser Stelle gesagt werden, dass wir Graf Dracula nur wenige Augenblicke - und auch hier nur im Rahmen von Zwischensequenzen - zu Gesicht bekommen. Dracula sieht dabei auffällig anders aus, als man ihn aus dem Roman und diversen Verfilmungen her kennt. Der Vampir-Graf in Dracula: Origin ähnelt mehr einem jugendlichen Zigeuner und hat rein optisch nur wenig mit dem Gentleman-Dracula vorgerückten Alters im schwarzen Umhang zu tun. Offensichtlich waren die Entwickler bemüht, einen weniger antiquierten Dracula darzustellen. Was nicht hätte sein müssen. Denn immerhin spielt das Geschehen im 19. Jahrhundert. Und da hätte ein Dracula klassischen Zuschnitts vortrefflich gepasst.

      Natürlich kreuzen im weiteren, etwa 8-10stündigen Spielverlauf noch andere ominöse Gestalten unseren Weg. Neben dem bereits erwähnten (fliegenfressenden) Diener beispielsweise ein Totengräber, Draculas Kutscher Igor, ein in Kairo ansässiger Priester und die Vampir-Dame Jada, eine (Liebes-)Gespielin des Grafen Dracula. Obwohl an sich gute Synchronstimmen gewählt wurden, lassen es die Sprecher mitunter an der richtigen Betonung fehlen. Wenn eine Herzogin, die van Helsing während seiner Reise aufsucht, zum Beispiel eine Melodie ziemlich schräg anstimmt, dann wirkt das unfreiwillig komisch und wertet den akustischen Gesamteindruck unnötig ab. Glücklicherweise bleiben dies Ausnahmen, und da die dezent-stimmungsvolle Musik und der Sound insgesamt gelungen sind, sehen wir über solche einzelnen Ausrutscher hinweg.



      Bereits aus den offiziellen Herstellerangaben im Vorfeld der Veröffentlichung von Dracula: Origin ging hervor, dass sich das Spiel mehr als kriminalistisches Point & Click-Adventure denn als Grusel-Thriller versteht. Tatsächlich verzichtet der Titel komplett auf Schock-Momente o.ä., sondern legt den Schwerpunkt ganz klar auf das Lösen von Rätseln. So müssen wir auf einem Friedhof das Zahlenschloss eines Schuppens knacken (die Zahlenkombination ergibt sich aus der Inschrift eines Grabsteins), ein Gedicht entschlüsseln, um uns Zutritt zu einer Gruft zu verschaffen, im Ägyptischen Museum Gegenstände begutachten, einen Tresor öffnen (dazu müssen wir vorher einen passenden Schlüssel anfertigen), eine Karte aus mehreren Schnipseln zusammenfügen, an Rädern drehen (mechanische Rätsel), chemische Kenntnisse anwenden, Schieberätsel lösen, oder eine Kobra ausschalten, die es sich in einer Vase gemütlich gemacht hat, was ungünstig ist, da in dem Gefäß ein Schlüssel versteckt ist, den wir unbedingt in unseren Besitz bringen müssen. Die uns gestellten Knobelaufgaben sind meist logisch. Aber gelegentlich auch etwas verzwickt, wobei routiniertere Spieler eigentlich keine nennenswerten Probleme haben dürften. Als überaus hilfreich erweist sich das recht übersichtliche Inventar, in welches sich nicht nur Objekte, sondern auch wichtige Informationen aufnehmen bzw. ablegen lassen. Die Aufnahme/Speicherung der für den Spieler unverzichtbaren Texten geschieht dabei sogar automatisch, so dass man eigentlich wenig übersehen kann.

      Aufgrund der zum Teil sehr unterschiedlichen Lokalitäten und Rätsel bietet Dracula: Origin vergleichsweise viel Abwechslung (wenn man von der manchmal nervigen Schlüsselsucherei einmal absieht). Ab und an geht es darum, aus einer ungünstigen Situation herauszukommen. So besuchen wir beispielsweise einen alten Grabtempel, der von den Einheimischen auch "Blutfelsen" genannt wird, und werden inmitten des Tempels urplötzlich verschüttet, müssen also einen Ausgang finden. Weitere Schauplätze sind unter anderem ein altes Wirtshaus und natürlich Draculas Schloss in Transsilvanien. Zwischendurch sind immer wieder Gespräche zu führen, wobei es mehrere Frage- bzw. Antwortmöglichkeiten gibt und sich die Dialoge per Mausklick verkürzen lassen.



      Die grafische Darstellung in Dracula: Origin kann insgesamt als gelungen angesehen werden. Spielwelt und Personen sind ansprechend gestaltet, die Animationen (z.B. Nebel oder ein Kamel, Feuer im Kamin) fielen zwar eher sparsam aus, sind aber absolut ausreichend. Ein Manko: Trotz der soliden Technik bleibt das Grusel-Feeling etwas auf der Strecke. Eine Ursache hierfür liegt sicher in der hohen Rätseldichte, aber auch darin, dass sich ganze Abschnitte (z.B. fast das komplette Kairo-Kapitel) im Hellen bzw. bei Tageslicht abspielen. Gänsehaut-Stimmung will da nicht so recht aufkommen. Nur relativ wenige Orte (z.B. der Friedhof zu Beginn des Spiels oder - im späteren Verlauf - eine versteckte Gruft mit etlichen Särgen) wirken auf den Betrachter unheimlich. Gewalt wird bestenfalls ganz kurz angedeutet; beispielsweise wenn ein Mönch in Flammen aufgeht, eine Szene, die in Form einer Zwischensequenz zu sehen ist. Etwas enttäuschend ist auch das überraschende, aber für meine Begriffe wenig gelungene Ende von Dracula: Origin. Ungeachtet dieser Schwächen kann man dieses Spiel allen Dracula-Fans unter den Adventure-Spielern empfehlen, zumal Dracula: Origin mittlerweile kaum noch mehr als 10 Euro kostet.

      Pro:
      + ansprechende Grafik / + abwechslungsreiche Schauplätze / + fordernde Rätsel.
      Contra:
      - Graf Dracula tritt leider nur äußerst selten in Erscheinung / - nur mäßige Grusel-Atmosphäre.

      Grafik: 80 % / Sound: 70 % / Bedienung: 80 % / Gameplay (Spielspaß): 70 %
      Gesamtwertung: 75 % (= "noch gut", 2-)