(PC) Turning Point: Fall of Liberty

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    • (PC) Turning Point: Fall of Liberty

      Der englische Politiker und Regierungschef Winston Churchill (1874 - 1965) gilt als einer der bedeutendsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Er war auch so ziemlich der Einzige, der sich während des Zweiten Weltkrieges von Anfang an erfolgreich Hitlers Aggressionspolitik widersetzen konnte. 1940 entschied er die Luftschlacht von England zu Gunsten seines Landes. Der deutschen Luftwaffe gelangt es trotz zahlenmäßiger Überlegenheit nicht, England in die Knie zu bomben. Ab da war jedem klar, dass Hitlers Armeen nicht unbesiegbar sind. Churchill selbst konnte auf eine stolze Karriere zurückblicken. Acht Jahre vor Ausbruch des Krieges arbeitete er als britischer Diplomat in New York. Im Dezember 1931 wurde er von einem Taxi angefahren. Seither musste Churchill für den Rest seines Lebens einen Gehstock benutzen. Aber immerhin hatte er den Unfall überlebt. Der Ego-Shooter "Turning Point: Fall of Liberty" geht von anderen Voraussetzungen aus und stellt die Frage: Was wäre geschehen, wenn der Brite seinerzeit nicht überlebt hätte und England womöglich doch von den Nationalsozialisten erobert worden wäre?

      In "Turning Point" schreiben wir das Jahr 1953. Hitler hat mittlerweile fast ganz Europa besetzt und strebt in seinem Siegeswahn nach Höherem: Die USA soll unterworfen werden. Hier beginnt das Spiel. Dabei schlüpfen wir in die Rolle des Bauarbeiters Dan Carson. Der werkelt eines schönen Tages friedlich auf einem Stahlgerüst vor sich hin, als Görings Luftwaffe den Angriff auf New York startet. Gleich die ersten deutschen Bomben treffen die Freiheitsstatue, das Symbol amerikanischer Unabhängigkeit und Stärke. Atmosphärisch wird dies relativ gut in Szene gesetzt. Der Himmel wimmelt von angreifenden Fliegern und gigantischen Zeppelinen. Eine ungewohnte Situation für die USA, die bisher (von gezielten Terror-Anschlägen der jüngeren Geschichte einmal abgesehen) noch nie angegriffen wurden. Auch der Spieler kommt in den ersten Minuten aus dem Staunen nicht mehr raus. Als Dan Carson versuchen wir, dem Inferno zu entkommen. Denn um uns herum ist die Hölle los. Die deutschen Flieger nehmen Carson mit ihren Bord-MGs unter Beschuss. Mehrere Wolkenkratzer werden schwer getroffen, gehen in Flammen auf oder brechen gleich in sich zusammen. Es gelingt uns, die Baugerüste hinunter zu steigen, den schwindelerregenden Höhen zu entkommen. Einen luftgelandeten deutschen Fallschirmjäger schmeißen wir bei der Gelegenheit gleich vom Stahlträger. Natürlich nicht ohne ihm zuvor seine Maschinenpistole abzunehmen. Denn immerhin ist "Turning Point: Fall of Liberty" ein Ego-Shooter.




      Doch was sehr vielversprechend anfängt, mündet schon nach spätestens 30 Minuten in durchschnittliche und routinierte Action-Kost. In den nächsten 4-5 Spielstunden lustwandeln wir in den Straßen- und Gebäudeschluchten von New York City, Washington DC und zuletzt in London, wo der eingangs erwähnte britische Premier seinen (Regierungs-)Sitz hat. Dan Carson kämpft dabei die meiste Zeit allein. Mitunter stehen uns auch befreundete Widerstandskämpfer zur Seite, die jedoch auf eigene Rechnung operieren. Denn steuern bzw. rumkommandieren lassen sich die Figuren nicht. Um das Geschehen etwas aufzulockern, haben die Entwickler stellenweise kleinere Zwischensequenzen eingebaut, z.B. wenn wir mit den anderen Rebellen unser weiteres Vorgehen absprechen, deutsche Truppen die Straßen durchqueren, Räume durchsuchen oder wir Zeuge einer Erschießung von wehrlosen Zivilisten durch Hitlers Soldaten werden. Etwas später müssen wir sogar noch den amerikanischen Präsidenten Stevenson umlegen, nachdem sich herausgestellt hat, dass dieser mit den Deutschen sympathisiert bzw. von diesen eingesetzt wurde.

      In "Turning Point: Fall of Liberty" wird geschossen. Bis zum Abwinken. Und obwohl die optische Präsentation sehr grau gehalten ist und praktisch keinerlei Abwechslung bietet, sind die Missionen/Aufgaben etwas vielschichtiger. So müssen wir einen US-General namens Donnely aus dem Gefängnis befreien, ein Luftschiff (später auch ein Boot) mit dem Raketenwerfer zerstören, einen Zeppelin infiltrieren und zuletzt sogar den Abwurf einer Atombombe verhindern. Meist geht es aber darum, Straßenabschnitte zu halten, zu nehmen oder einfach nur von Punkt A nach B zu gelangen. Auch ein U-Bahn-Schacht gehört zu den Schauplätzen des Spiels. Dann gibt es noch einen dieser berühmt-berüchtigten Scharfschützen-Level (töte mit deinem Scharfschützen-Gewehr eine ganze Abteilung feindlicher Heckenschützen, bevor sie dich töten), das Eindringen in ein deutsches Versuchslabor und eine Szene, in der wir eine Panzerbrücke rechtzeitig hochheben müssen. Das war so oder so ähnlich eigentlich alles schon mal da. Einzig das ungewöhnliche Szenario und die deutschen Zeppeline, die gelegentlich über den Straßen schweben, bringen ein wenig Atmosphäre in die Sache. Mit zunehmendem Spielfortschritt - "Turning Point: Fall of Liberty" gliedert sich in drei Kapitel und enthält insgesamt 8 Einzelspieler-Missionen - lassen sich übrigens einige Extras (Bonuscodes, Artworks usw.) freischalten. Mitunter wird am Endes eines längeren Spielabschnittes auch eine Statistik eingeblendet. So erfahre ich beispielsweise, dass ich nach Abschluss des ersten Levels 112 Schüsse abgegeben, 41 Treffer erzielt und 21 Feinde getötet habe, was einer Treffergenauigkeit von 36 % entspricht.




      Manchmal wird der offensichtliche Versuch unternommen, die an sich sehr kurze Spielzeit (kaum mehr als fünf Stunden im Singleplayer) künstlich zu strecken. So können wir beispielsweise Sprengsätze mittels "Benutzen"-Taste nicht einfach aktivieren, sondern müssen recht umständlich drei Drähte in der richtigen Reihenfolge an der Ladung verbinden, bevor wir damit Panzer oder schwere Türen in die Luft jagen können. Ärgerlich ist auch, dass aufgrund einer fehlenden Anzeige Feind-Beschuss schwer zu orten ist und die Gegner bei jeder Gelegenheit Handgranaten nach uns werfen, was dem Spieler jedoch in Form eines Symbols angedeutet wird, so dass immer noch ausreichend Zeit bleibt, im richtigen Augenblick die Kurve zu kratzen. Der Verwisch-Effekt, der sich nach einer Explosion einstellt, gehört übrigens zum Besten an der ganzen Grafik. Denn die Optik insgesamt liegt deutlich unter dem, was man von einem Titel des Jahres 2008 (Erscheinungsjahr des Spiels) erwarten kann. Die schwammigen Texturen und die kantig wirkenden Gesichtszüge und Animationen der Spielfiguren fallen besonders störend auf. Vor über zehn Jahren hätte man mit so einer Grafik sicher gut leben können, aber heute? Unverständlich sind in diesem Zusammenhang die hohen Hardwareanforderungen. Trotz vergleichsweise niedriger Auflösungen kommen stellenweise selbst schnellere Rechner ins Ruckeln - und die Ladezeiten sind beachtlich. Bedauerlich ist ferner der Umstand, dass man nicht schnellspeichern kann. Reicht der Held also den Löffel - was zumindest auf den höheren Schwierigkeitsgraden häufiger passiert - werden wir automatisch zum Level-Anfang zurückgesetzt und müssen ab da alles noch mal komplett neu spielen.

      Wie bereits erwähnt, spielt "Turning Point" im Jahre 1953. Entsprechend sind einige Handfeuerwaffen jetzt etwas moderner. Beispielsweise steht für den Scharfschützenmodus ein Infrarotsichtgerät zur Verfügung. Auch der Raketenwerfer verfügt über eine bessere Zielvorrichtung, als dies bei Panzerfäusten des 2. Weltkrieges der Fall war. Sonst hält sich unsere Waffenausrüstung aber in Grenzen. Die Ausstattung beschränkt sich meist auf typische WW2-Objekte wie MP, Schnellfeuergewehr oder Stielhandgranate. Im Rahmen von Barrikadenkämpfen können wir uns auch mal hinter ein stationäres Maschinengewehr klemmen. Das war's aber auch schon. Per "Q"-Taste lässt sich übrigens eine Taschenlampe aktivieren.

      Rein bedientechnisch merkt man "Turning Point: Fall of Liberty" an, dass es auch für Konsole ausgelegt ist. Bereits im Optionsmenü kann man per Maus nichts anklicken, dazu bedarf es der Pfeiltasten. Notgedrungen gewöhnt man sich aber an die Steuerung. Dan Carsons Klettereinlagen - der Bauarbeiter ist naturgemäß sportlich und hangelt sich gern an Häuserwänden oder an Seilen entlang - klappen meist ohne größere Probleme. Zumal entsprechende Mauervorsprünge oder Stricke grafisch leicht hervorgehoben sind, so dass man immer weiß, wo man gerade klettern darf. Interessant - obschon nicht neu - sind die Nahkampfaktionen. Gegner lassen sich nicht einfach nur umhauen, in Öfen oder in Abgründe werfen, sondern auch nach einem gekonnten Handgriff als Schutzschild verwenden. Allerdings sind einige Spielszenen so hektisch, dass man davon für gewöhnlich keinen Gebrauch macht, sondern in den meisten Fällen lieber rohe Waffengewalt anwendet. Da die Gegner-KI nicht besonders helle ausgefallen ist, werden wir mit Hitlers Soldaten auch relativ leicht fertig. Und Fässer o.ä. Dinge, die sich zur Explosion bringen lassen, stehen überall herum.

      Das mit Abstand Beste an "Turning Point" ist der Sound. Alle Figuren sind gut synchronisiert, Waffen und Gerät (z.B. die Motoren der Zeppeline) klingen richtig satt und der orchestrale Soundtrack von Michael Giacchino untermalt das Szenario vortrefflich. Neben dem Singleplayerpart gibt es noch einen MP-Teil, der allerdings keiner Erwähnung lohnt. Die Server waren und sind nämlich wenig bis gar nicht besucht. Wohl aus gutem Grunde.

      Unterm Strich hinterlässt "Turning Point: Fall of Liberty" einen eher faden Nachgeschmack, was zum Teil natürlich auch mit den hohen Erwartungen zu tun hat, die viele Spieler ursprünglich mit diesem Titel verbunden haben. Aber technisch ist der Titel einfach zu schwach und vor allem viel zu kurz, um überzeugen zu können. Eine Fortsetzung darf als unwahrscheinlich angesehen werden. Denn zumindest für Dan Carson hält "Turning Point" kein Happy End bereit. Und gut verkauft hat sich der Ego-Shooter auch nicht.


      Pro:
      + ungewöhnliches Szenario/ + guter Sound.

      Contra:
      - maue Grafik/ - schwache KI/ - hohe Hardwareanforderungen/ - kurze Spielzeit.


      Grafik: 60 % / Sound: 80 % / Bedienung: 60 % / Gameplay (Spielspaß): 50 %

      Gesamtwertung: 62 % (= "ausreichend", Note: 4)



    • Auch ich fand Turning Point nicht ausgesprochen "übel". Daher auch die Gesamtwertung "ausreichend" (und nicht etwa "mangelhaft" oder "ungenügend"). Die Xbox 360-Version kenne ich nicht gut genug. Kann daher nix zu ihr sagen. Aber Du kennst ja ohnehin meine Einstellung: Ego-Shooter gehören auf den PC! :D

      Gute Nacht!

      :thumbup:

    • Darkshine schrieb:

      Das Spiel wurde seinerzeit dermaßen verrissen dass ich es mir nie gekauft habe, ähnlich wie Hour of Victory.


      Hour of Victory war ja auch übelst verbugt :D
      Turning Point dafür einfach nur ein unterdurchschnittl. FPS mit cooler Story. Hab ihn auch auf der Xbox360 gespielt, aber nie beendet, da ich schnell die Lust verlor. Ähnlich wie bei Legendary, dass ja auch von den selben Entwicklern war (glaub ich).

      Aber schöner Test, btw :)
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