(PC) Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen

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    • (PC) Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen

      Science Fiction-Fans unter den Comic-Lesern muss man Enki Bilals "Alexander Nikopol" wohl nicht großartig vorstellen. Und auch Filmkenner erinnern sich mit Sicherheit noch an den 2004 veröffentlichten Zukunftsthriller Immortal - News York 2095: Die Rückkehr der Götter. Das Point&Click-Adventure Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen, exklusiv für PC erhältlich, ist ebenfalls vom berühmten Comiczeichner inspiriert. Die Gemeinsamkeiten zwischen Spiel und Vorlage sind sofort erkennbar. Unterschiede bzw. Ab- und Veränderungen gibt es lediglich in einigen (Story-technischen) Details, so dass sich Anhänger der Comic-Trilogie sofort wie Zuhause fühlen dürften, ohne schon alles im Voraus wissen zu können.


      Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen spielt in nicht allzu ferner Zukunft, im Paris des Jahres 2023. Frankreich und seine ehemals imposante Hauptstadt sind mittlerweile ziemlich heruntergewirtschaftet und werden von einem Diktator regiert: Weißkohl. Mit dem Kerl ist nicht zu spaßen. Zwar gibt es offiziell Wahlen, doch sind deren Ergebnisse für Frankreichs Bürger in etwa so aufregend wie ein Sexdate mit Angela Merkel. Andere Parteien oder Gegenkandidaten gibt es praktisch nicht. Und wenn doch, werden sie von Weißkohls Polizei- uns Armeekräften ausgeschaltet. Außerdem besteht Wahlpflicht. Und wer Weißkohl nicht wählt, der lebt gefährlich. Paris ist 2023 in zwei Stadtbezirke getrennt: Der erste Bezirk liegt im gepflegten Zentrum der Weltstadt; dort wohnt und lebt die gesellschaftliche Elite, zu der auch Weißkohls Anhänger gehören. Der zweite, weitaus größere Bezirk, liegt außerhalb des Zentrums von Paris; dort haust der Pöbel in Dreck und Armut. Neben den Alten und Kranken tummeln sich hier vor allem Abenteurer, Künstler, Kriminelle und allerhand (fleischfressende) außerirdische Wesen. Auch der freischaffende Maler Alexander Nikopol lebt im Elendsbezirk, in einer ziemlich abgewrackten Wohnung, wo er seiner Arbeit nachgeht bzw. seine Bilder anfertigt. Bereits vor einiger Zeit hat sich Nikopol dem "Orden der Großen Evangelischen Wiederkehr" angeschlossen, einer religiösen Bruderschaft, die sich in Opposition zu Weißkohl befindet.




      Kurz vor Beginn der nächsten Wahlen, zu der Diktator Weißkohl in gewohnter Weise medienwirksam die Werbetrommeln rühren lässt, geschieht etwas Ungewöhnliches: Ein riesiges, bedrohliches Raumschiff in Pyramidenform macht im Luftraum über Paris Halt und verweilt dort über der Stadt. Nikopol hat ein ganz besonderes Interesse an diesem Ereignis. Denn kurz darauf wird er von "Ankömmling" Horus, der ägyptischen Mythologie nach eine Art königlicher Himmels-, Welten- und Lichtgott persönlich aufgesucht. Was die Gottheit da erzählt, erschließt sich uns zunächst nicht ganz. Fest steht: Horus hat offenbar Kontakt zu Nikopol Senior, also Alexanders Vater, welcher aus politischen Gründen bereits vor Jahrzehnten verschwand und jetzt mit dem Pyramiden-Raumschiff irgendwie in Verbindung zu stehen scheint. Zudem deutet alles darauf hin, dass Horus von Paris jede Menge Treibstoff für sein Pyramiden-Gefährt verlangt. Wird Weißkohl vom Himmelsgott erpresst? Nikopol geht der Sache auf den Grund. Auf der Suche nach seinem Vater und den genauen Hintergründen der plötzlichen Geschehnisse kommt er dabei schon bald einer gefährlichen Verschwörung auf die Schliche - und gerät hiermit unausweichlich an die Nahtstelle zwischen Anarchie und Unsterblichkeit.


      Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen ist ein 1st-Person-Adventure mit 360°-Rundumsicht, d.h. wir steuern den Titelhelden aus der Ego-Perspektive. Und die Spielwelt, die sich da vor unseren Augen auftut, kann sich durchaus sehen lassen. Zwar wirken die meisten Abschnitte irgendwie steril, fast menschenleer - Nebencharaktere treten übrigens äußerst selten in Erscheinung, entsprechend ist der Dialoganteil gering -, doch passt dies sehr gut zur futuristischen Szenerie und dient damit gleichzeitig der Darstellung eines kaltblütigen Überwachungsstaats Orwell'scher Prägung. Nikopol dürfte außerdem zu den relativ wenigen Point&Click-Adventures gehören, in denen richtig geschossen wird. Mehrmals gerät unser Mann in Situationen, in denen er sich bewaffnen muss, um beispielsweise Soldaten in Wachtürmen per Scharfschützengewehr aus sicherer Distanz auszuschalten. Wachpersonal, das sich nicht immer umschleichen, sondern manchmal wirklich nur "beseitigen" lässt, begegnet uns insbesondere ab der zweiten Spielhälfte. Sind gerade keine Waffen zur Hand, geht Nikopol eleganter vor, indem er z.B. einen Posten durch das offene Ende einer Starkstromleitung niederstreckt oder unter Einsatz von Putzmitteln eine chemische Substanz mischt, das dadurch hergestellte Gasgemenge durch einen Lüftungsschacht transferiert, um auf die Weise einen Wachmann am anderen Ende des Ganges zu betäuben.


      Das Science Fiction-Adventure beschränkt sich auf fünf Schauplätze: Nikopols Wohnung, einen Friedhof (einschl. Leichenhalle, mit hinter dickem Eis eingefrorenen Toten), einen Grenzübergang, den Motparnasse-Turm und das Elysée. Räumlich wird dem Spieler also nicht viel Abwechslung geboten (einen halbwegs guten Blick auf die Stadt hat man eigentlich nur im Hauptmenü, in dessen Hintergrund recht detailliert Häuser, Industriekomplexe, Fahrzeuge u.ä. zu erkennen sind), was zu einer gewissen Zügigkeit im Spielablauf führt, obschon man gern etwas mehr vom "Paris der Zukunft" gesehen hätte. Vermutlich könnte man Nikopol sogar in drei bis vier Stunden komplett durchspielen, wären einige Rätsel nicht so haarig schwer. Hinzu kommt: Da der Titel über keine Hotspot-Anzeige verfügt, lassen sich viele wichtige Objekte nicht auf Anhieb ausmachen.




      Mal abgesehen davon, dass man - mangels Hilfestellungen - stellenweise gar nicht weiß, was denn überhaupt zu tun ist. Ausreichend Platz für Überlegungen bleibt nicht immer, weil bestimmte Rätsel unter Zeitdruck zu erledigen sind. So muss Nikopol beispielsweise gleich zu Beginn des Spiels ein Monster ablenken. Dies kann in diesem Fall allerdings nur durch das Anzünden von Räucherstäbchen gelingen (das Ungeheuer kann schlecht sehen, ist dafür aber extrem geruchsempfindlich). Dummerweise gibt es darauf keinerlei Hinweise. Wir müssen also a) die Räucherstäbchen finden und b) mit dem Feuerzeug anzünden (und c) erst mal darauf kommen). Pech: denn bis dieser Vorgang rasch genug abgeschlossen ist, hat das Monster schon längst die Tür zertreten und unseren Helden am Wickel bzw. zwischen den Zähnen (das Ungeheuer ist hungrig und Nikopol sterblich). Auch später geraten wir immer wieder in solche Situationen, z.B. wenn es darum geht, sich blitzschnell in eine Besenkammer zu flüchten, weil uns sonst ein Wachmann entdeckt und erschießt, oder in Windeseile Kabel an den Wandleisten zu durchtrennen, um sich so vor anrückenden Sicherheitskräften Weißkohls von einem Fenster aus abzuseilen und anschließend in letzter Sekunde einen abfliegenden Raumgleiter erreichen zu können. Vorgenannte Situationen meistern wir für gewöhnlich nicht auf Anhieb. Ärgerlich, dass man ausgerechnet an solchen Spielabschnitten nicht schnellspeichern kann, sondern bei Misslingen jeweils an den Beginn der letzten Handlung zurückgeworfen wird, um das Ganze ab da erneut zu starten (Quicksave ist sonst jederzeit möglich).


      Auffallend: Eine (sich wiederholende) Knobelaufgabe macht im Prinzip keinen Sinn. So sollen wir an zwei Stellen des Spiels Gemäuer mit Hilfe eines Hammers o.ä. zerschlagen, müssen die Steine dabei aber in einer ganz bestimmten Reihenfolge rausschlagen, weil es sonst nicht weitergeht. Hier hilft nur pures Ausprobieren, also Zufall - oder Glück. Ein glatter "Durchbruch" hätte es sicher auch getan und den Spielfortschritt nicht unnötig gehemmt. Andere Aufgabenstellungen wiederum sind sehr interessant und anspruchsvoll; so müssen wir z.B. ein Alarmgerät außer Betrieb nehmen (Drähte in einer bestimmten Abfolge abtrennen), einen Zug durch Manipulation der Schienen per Computer umleiten oder einen Code mit Hilfe von Symbolen nachbilden, um danach weitere Sicherheitsabschnitte passieren zu können. Gerade die Programmierrätsel erfordern von uns Konzentration und logisches Denken, weshalb vor allem weniger erfahrene Adventure-Spieler an solchen Kopfnüssen einige Zeit zu knacken haben dürften und die Gesamtspielzeit - trotz der vergleichsweise geringen Zahl an Lokalitäten, Figuren und des im Grunde genommen linearen Leveldesigns - schon an die zehn Stunden (ohne Lösungshilfen) heranreichen kann.


      Wie eingangs angedeutet, wurde die düstere Welt der Zukunft auch von den Entwicklern des Spiels stimmungsvoll in Szene gesetzt. Die Grafik ist stilvoll, fängt die Atmosphäre trotz (oder gerade wegen) ihrer Schlichtheit vortrefflich ein, wozu insbesondere die ansprechenden Zwischensequenzen mit den sich überlagernden Split-Screens, die wohl nicht zuletzt auf die Verwandtschaft zu den Comics hinweisen sollen, beitragen. Die Steuerung reagiert insgesamt präzise, wobei der Cursor lediglich aus einem kleinen weißen Punkt besteht und das Fehlen der Hotspot-Anzeige bei einem Adventure neueren Datums (Nikopol erschien Anfang 2009) natürlich zu Abzügen in Sachen Bedienkomfort führt. Das Inventar lässt sich per Rechtsklick aufrufen. Da sich dort nie mehr als 6-8 Gegenstände gleichzeitig befinden, ist die Übersichtlichkeit nicht gefährdet. Überaus zufrieden sind wir auch mit der deutschen Synchronisation. Aufgrund der wenigen Charaktere im Spiel ist die Zahl der Sprecher nicht groß. Aber diese machen ihre Sache gut. Die Sounds (dezente Elektro-Musik, Computerstimmen, Geräusche von Raumgleitern usw.) wurden sparsam, aber passend ins Spiel integriert. Nikopol: Die Rückkehr der Unsterblichen liegt in zweifacher Ausführung vor, und zwar als reguläre Verkaufsausgabe und als limitierte Auflage. Letztere beinhaltet neben dem Videospiel noch den Spielfilm "Immortal: New York 2095 - Die Rückkehr der Götter".


      Pro:


      + schlichte, aber stilvolle Grafik


      + gute Synchronsprecher+ Atmosphäre/ (interessantes Szenario)


      + z.T. recht anspruchsvolle Rätsel.


      Contra:


      - zeitkritische Rätsel (keine Speichermöglichkeit)


      - geringe Zahl von Schauplätzen und Charakteren


      - für Genre-Anfänger stellenweise zu schwer


      Grafik: 80 %


      Sound: 80 %


      Steuerung: 70 %


      Gameplay/Spielspaß: 70 %


      Gesamtwertung: 75 % ("noch gut", 2 -)