Wertgefühl im digitalen Zeitalter: Code vs Artefakt
Mich interessiert in diesem Thema allerdings mehr die Frage nach Wertmaßstäben in Bezug auf alte, oft seltene Titel.
Ich persönlich bin nahezu kompletter Verweigerer von Download-Content, egal ob Musik oder Spiel. Was ich besitze, besitze ich in seiner physischen Form, nicht nur als Datei. Hin und wieder gönnt man sich als solch altmodischer Mensch ja auch einen selteneren und damit teureren Titel. Die Erwartungen und Maßstäbe an das ergatterte Stück Software ändern sich automatisch. Man hat lange danach gesucht und trotz bester Bemühungen um Geduld auf ebay letztlich viel Geld dafür ausgegeben. Man könnte meinen, dass die Erwartungen in den Himmel wachsen, doch ist auch das Gegenteil möglich: nachdem man so viel investiert hat, sieht man automatisch durch die rosarote Brille und verzeiht so manchen Fehler. Einfach, weil man es unterbewusst gerne gut finden will. Man nimmt sich aber auch mehr Zeit für das Spiel und versucht jedes Detail auszukosten.
Im krassen Gegenteil dazu steht der Download - sagen wir doch einfach des selben - Spiels. Zeit ist hier in der Gegenwart von DSL kein Faktor mehr, das begehrte Spiel ist praktisch sofort da. Kein ebay-Bangen, kein Warten auf den Postboten oder die Wegelagerer beim Zoll. Sofern es ein legaler Download war, bekam man das Spiel auch zu einem Bruchteil des Preises eines Originals (ansonsten kostenlos, aber nein, das geht nicht!! Vergesst das!). Ich argumentiere, dass das Spiel viel objektiver wahrgenommen wird, denn es ist ja nur das: es ist nur das Spiel, der Code. Keine gefertigte Kopie, die in einer begrenzten Zahl in der Welt herumschwirrt, sondern das pure und unbelastete Produkt.
Man könnte nun positiv argumentieren, dass eine objektive Sicht- oder Spielweise einer romantisch belasteten vorzuziehen sei. Andererseits: hat nicht diese im Download verlorene Dimension, die analoge Schwere, zum Status des Spiels beigetragen? Es erst begehrenswert gemacht, den Kultstatus begründet, das Cover in unsere Netzhaut geätzt? Ist der Download wirklich 'the real thing'? Und wenn nein, sind die Abstriche zu verschmerzen, sind sie gar positiv zu bewerten? Das ist die Frage, die mich interessiert.
Zum Abschluss noch ein Zitat aus einem Interview mit Brian Dettmer (macht tolle Buchskulpturen und so, homepage ) , das ich sehr mag und daher schon an anderer Stelle mal zitierte:
""If the content meant something to me then the object means something to me.
It's part of saving our history and if it all slips out of the physical
world and becomes digital we are more vulnerable, less tangible and it
feels unstable. (...) We gain space, use less natural materials and it
becomes more accessible but as that happens it becomes less stable, less
valuable and less important." (Interview in Lodown, Issue 62)
"He who dies with the most toys wins"