Atari TT030

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Mit einer MC68020 CPU sollte er daherkommen und Unix wäre das Betriebssystem. Zu diesem Zeitpunkt ein nahezu sensationeller Gedanke. Aus diesen anfänglichen Versuchen entwickelte sich schließlich der Atari TT. Doch Atari wäre eben nicht Atari, wenn nicht etwas schief laufen würde. Und beim TT ging eine Menge schief. Schon 1988 stellte Atari eine Prototyp Platine mit lauffähigem Unix auf der CeBit vor. Stolz verkündete man auch die Zusammenarbeit mit Unisoft. Als man zudem noch erklärte gleich mit einer MC68030 CPU zu starten, zitterte die Konkurrenz schon. Allerdings bekamen diese unerwartete Hilfe. Und das ausgerechnet von Atari Deutschland. Durch einen internen Fehler gab die deutsche Niederlassung nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Daten an die Presse weiter. Darunter auch die Spezifikationen das ATW und TT.

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Danach wurde es still um den TT, sehr still. Erst Ende 1989 gab es wieder neue Informationen. In Deutschland wurden die ersten 5 fertigen TT vorgestellt.  X Windows war endlich lauffähig und es sollte 2 Versionen geben. Ein TT nur mit TOS, die andere Version mit installierten Unix. Aber Atari hatte wirklich kein Glück, denn kurz darauf wurde Unix Release 4.0 vorgestellt. Also hieß es wieder mal zurück und von vorne anfangen. Man wollte ja nicht mit einem veralteten OS starten.

1990 war es dann soweit, die ersten TT mit TOS kamen in den Handel. Für stolze 8000 DM ( TT & Monitor ). Auf Unix durfte man noch bis 1991 warten. Die Finale Version erschien jedoch erst 1992. Aufgrund der schleppenden TT Verkäufe führte man das Unix Projekt aber nicht weiter. Atari hatte zu diesem Zeitpunkt eh größere Sorgen.
Also zurück zum TOS TT. Bei dem Design des TT ging man völlig neue Wege. Die „Butterdose“, wie der TT gerne genannt wird, ist ein sperriger Desktop Rechner mit abgesetzter Tastatur, welcher mit markanten Ecken und Kanten nicht gerade sparsam umgeht. Das Gehäuse unterteilt sich in zwei Bereiche, wobei unter dem einen der Rechner sitzt, während in der rechten ( abnehmbaren ) Hälfte eine SCSI Festplatte Platz findet. Der Dazugehörige Monitor wurde so designt, dass man ihn direkt auf die linke Gehäuse Seite stellen kann. Auch das ST Grau ist zugunsten eines Weiß verschwunden.

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Nicht veröffentlichter Vorgänger: Atari EST

Im inneren zeigen sich die Wirren der langen Entwicklung. Die ersten Prototypen liefen noch mit einem Takt von 8MHz. Auf diese Weise wollte man die Kompatibilität zum ST wahren. In der Endphase erhöhte man dann auf 16MHz. Doch wurde man von der Zeit eingeholt, weshalb Atari am Ende eine 32MHz Version anvisierte. Die ersten im Handel befindlichen TT Computer hatten daher die Atari typische Bastellösung. Man setzte auf den CPU Sockel einfach ein daughterboard, auf welchem dann ein 32MHz MC68030 ruht. Durch ein kompliziertes System kann die CPU so mit 32MHz laufen, während der restliche Rechner bei 16MHz Systembus bleibt. Erst spätere Modelle haben die CPU wieder direkt auf dem Motherboard. Trotz dieses Handycaps gilt der TT als der schnellste Atari Heimcomputer. Schon die 16MHz Variante war laut ersten Tests des ST Magazin bei manchen Anwendungen 4 mal so schnell wie ein normaler ST. Unterstützt wird die CPU noch durch einen optionalen  Fließkommaprozessor, dem Motorola MC68882.

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Formula PRO von 1995

Völlig neue Wege ging man auch beim Arbeitsspeicher. Ebenfalls aus Kompatibilitätsgründen zum ST gibt es 2 verschiedene Arten von Speicher. Den ST und den TT Ram. Ähnlichkeiten zum Amiga Chip/Fast Ram sind natürlich nur rein zufällig. Der ST Ram entspricht, wie der Name schon sagt, dem alten ST Speicher. Auf diesen können und müssen alle ST kompatiblen Bauteile zugreifen. Ohne ST Ram ist ein TT nicht lauffähig. Ausgeliefert wurde der TT mit 2, 4 oder selten auch mit 8MB ST Ram. Die maximale Grenze liegt bei Verwendung von 4MBit DRAM Bausteinen bei 26MB. Allerdings können nur maximal 16MB für den ST Adressraum reserviert werden. In der Praxis bleibt es daher meist bei 12MB. Neu war der TT Ram, der fast ausschließlich der CPU zur Verfügung steht und eine sehr hohe Geschwindigkeit bietet. Ausgeliefert wurde der TT meist mit 2 oder 4MB TT Ram, war aber (ursprünglich) aufrüstbar auf bis zu 256MB. Im Gegensatz zum ST Ram ist der TT Speicher rein optional und nicht zwingend notwendig.

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Texel statt Excel

Auch bei der Grafik gab es endlich Fortschritte und so mancher ST user mag sich gefragt haben  „Warum erst jetzt?“. Die 4096 Farben kannte man zwar schon vom STE, aber jetzt gab es endlich mehr als 3 Bildmodi. 6 um genau zu sein, 3 davon schon vom ST bekannt. Neu hinzugekommen sind 640*480 bei 16 Farben, 320*480 bei 256 Farben und letztlich 1280*960 im Monochrom Modus. Der alte DIN Stecker wurde über Board geworfen und von nun an durften Atari user die noch heute genutzten VGA Stecker verwenden. Dadurch hat man eine große Auswahl an Monitoren und ist nicht auf die Atari Produkte angewiesen. Nur für die höchste Auflösung benötigt man wieder einen speziellen ECL Monitor.

Da der TT aber für den professionellen Bereich gedacht war, wurde er zumeist mit noch stärkeren Grafikkarten betrieben. Diese kommen in den neuen VME Bus Slot, welcher den Megabus des alten Mega ST ersetzt und zur Abwechslung mal ein offizieller Industrie Standard ist. Auf diese Weise waren schon damals Auflösungen und Farbzahlen möglich, wie man sie heute an jedem PC nutzt. Doch ebenfalls wie beim Mega ST gilt, Spieler müssen draußen bleiben. Aber es hätte ja eh nichts gebracht, für diese Gruppe war der TT schlicht zu teuer. Von den Grafikkarten sollte man besser erst gar nicht anfangen. Der Blitter wurde übrigens gestrichen. Man dachte wohl die neue CPU Power würde diesen überflüssig machen.

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Signum 4 - Textverarbeitung

An der Audio Front gab es allerdings keine neuen Geheimwaffen. Der TT übernahm einfach die Technik des STE. Zu Ataris Verteidigung sollte man aber sagen, dass der typische TT Anwender wohl nicht mal Lautsprecher benötigte. Und wenn doch, gab es ja immer noch den VME Steckplatz für alternative Soundkarten.
Was den TT zu etwas besonderem macht sind seine Schnittstellen. Erstmals gab es neben dem bekannten DMA ACSI auch echtes SCSI. Und das gleich doppelt. Neben der internen SCSI Festplatte befindet sich ein weiterer Anschluss für externe Geräte an der Rückseite des TT. Vier Serielle Schnittstellen stehen zur Verfügung, wovon man aber zwei opfern muss, sobald der VME Port genutzt wird. So konnte man am TT bis zu 16 SCSI/ACSI Geräte verwenden, wobei der SCSI Port dank eines Military Chips in Sachen Geschwindigkeit punktet. Besonders interessant ist aber der seitlich platzierte LAN Anschluss mit  LocalTalk Unterstützung. Was wohl Apple dazu sagte? Kurioser weise wurde dieser LAN Port von TOS selbst aber nicht unterstützt. Hier war man also auf 3. Party Software angewiesen.
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Convector 2

Was die Datenträger angeht setzte man hingegen auf bewährtes. Die ersten Modelle kamen noch mit dem bekannten internen DD Floppy des ST und einer 3,5 Zoll Festplatte mit mickrigen 48 oder 80MB. Später wurde das betagte Floppy durch ein modernes HD Laufwerk mit 1,44MB ersetzt.

Ein großer Computer braucht ein großes OS. Das dachte sich wohl Atari und lieferte mit TOS 3.01 die erste wirkliche TOS Weiterentwicklung seit vielen Jahren. Mitsamt neuen, modularen, Kontrollfeld XControl. Endlich konnten Daten direkt auf den Desktop abgelegt oder Icons beliebig angepasst werden. Zuvor war dies nur mit extra Software möglich. Mit 512KByte ist die Version 3 dann auch mal gleich doppelt so groß wie das klassische ST TOS. Später folgten noch die Versionen 3.05 sowie 3.06.

Der TT war also eine starke Maschine. Aber er scheiterte. Die Gründe dafür sind zahlreich. Ein großes Manko war die schlechte Kompatibilität zu den alten ST Computern. Viele Entwickler nutzten undokumentierte Funktionen von TOS 1.XX was nun dem TT echte Probleme bereitete. Während zumindest noch einige GEM basierende Programme wie Calamus liefen, war an Spiele nicht mehr zu denken. Gut, das war nicht so schwerwiegend. Niemand kaufte einen TT um dann Defender of the Crown spielen zu wollen. Aber der bittere Beigeschmack war da. Und bei vielen Anwendungen musste man erstmal auf kompatible TT Versionen warten bevor es losgehen konnte. Entsprechend seiner Funktion als Workstation bestand diese Software allerdings fast durchgehend aus Anwendungen. Weshalb der TT auch heute für Spieler kaum geeignet ist.

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Doch die wahren Probleme lagen woanders. Der sehr hohe Preis und das schlechte Marketing schreckten viele ab. Der verbaute MC68030 war schon wieder veraltet und die IBM kompatiblen Rechner mit DOS und Windows waren so stark wie nie zuvor. Zudem machte gerade Multitasking die Runde, womit Ataris TOS nicht dienen konnte. Und Unix kam einfach zu spät. Letztlich bemühte sich Atari gar nicht mehr irgendwas zu verändern, da man sich später voll und ganz auf Videospiele konzentrieren wollte.

Heute ist der TT ein recht begehrtes Sammlerstück. Er stellt zusammen mit dem Falcon030 die Basis für die meisten Neuentwicklungen der kleinen Atari Szene. Aber auch einige Firmen haben noch immer vereinzelt TT Systeme in einer Ecke stehen. Viele Programme wie z.B. Calamus wurden bis heute weiterentwickelt und sind nach wie vor im Einsatz. Auch in dem ein oder anderen Tonstudio ist durchaus noch ein Atari TT anzutreffen.

Specs:

CPU:

- Motorola MC68030 @ 32MHz

- 256Byte Cache ( abschaltbar )

- MC68882 (optional )

- 16 MHz Systembus

RAM: 

- 1 - 16MB ST Ram

- 0 – 256MB TT Ram

(  zusätzlicher Ram über VME möglich )

Grafik:

Shifter

- 4096 Farben Insgesamt

- Hardware Scrolling

Auflösungen:

- 1280*960 Monochrom ( ECL )

- 640*480 bei 16 Farben

- 320*480 bei 256 Farben

- 640*400 Monochrom

- 320*200 bei 16 Farben

- 640*200 bei 4 Farben

Audio:

Yamaha YM-2149.

-3 Tonstimmen + 1 Rauschgenerator

- 30Hz bis 16KHz

- ADSR

 Zwei 8Bit PCM Kanäle

- 6,25KHz bis 50KHz

- National LMC 1992

- MIDI Schnittstellen zur Ansteuerung von Keyboards und dergleichen

Datenspeicher:

- internes 3,5 Zoll DD Diskettenlaufwerk mit 720KB

- 250 Kilobits/sek

- später mit 1,44MB HD Floppy

- optionale interne 3,5 Zoll SCSI Festplatte

Betriebssystem: 

- TOS 3.01, TOS 3.05 oder TOS 3.06

Besonderheiten:

- eingebaute Uhr

- NVRAM für Systemeinstellungen

- VME Bus

- erstmals Gehäuselüfter

- LAN

Schnittstellen:

- VGA Monitor

- Maus/Joystick (9polige D SUB )

- Tastatur

- Floppy ( 14 polig DIN )

- ACSI

- SCSI

- Parallel (25p. D SUB)

- 4 mal Seriell (9p. D SUB )

- LAN

- MIDI in/out,

- Extension Port (40 p.)

- VME

- Stereo Cinch

 

Übersicht: Atari TT030

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