Atari 7800 im Test

--- 1. Vorgeschichte ---
Nach dem großen Erfolg des Konsolenerstlings, dem Atari 2600, musste doch im Laufe der Zeit ein leistungsfähiger Nachfolger her. Vor allem da die Konkurrenten Mattel und Coleco bereits mit stärkerer Hardware auftrumpften und das im Jahre 1982 eingeführte Atari 5200 "SuperSystem" nicht den erwünschten Erfolg brachte. Trotz des großen Videospielecrashs kündigte Atari am 21. Mai 1984 das Atari 7800 "Pro System" an, das nicht nur verbesserte Technik, sondern auch eine vollkommene Abwärtskompatibilität zum Atari 2600 gewährleisten sollte.

Das Atari 7800 war als Allroundmaschine geplant. Durch den Expansionport, der nur bei den Geräten der ersten Generation von 1984 vorhanden ist, sollte man diverse Peripherie wie Drucker, Diskettenlaufwerke oder sogar eine Tastatur anschließen können. Diese Pläne wurden aber ziemlich schnell wieder verworfen, da man befürchtete dadurch zu stark mit der eigenen Computerlinie zu konkurrieren.


Das Gerät in seiner vollen Pracht!


Doch die Veröffentlichung des Geräts ließ noch eine lange Zeit auf sich warten, da Jack Tramiel (der die Firma im Juli 1984 übernahm) dem Videospielemarkt keine großen Chancen mehr einräumte und stattdessen voll auf den Homecomputermarkt setzte. Ganz nach dem Vorbild des früheren Arbeitgebers Commodore, der mit dem C64 den Markt aufmischte, wollte Tramiel die angeschlagene Firma mit einer neuen 16-Bit Computerlinie wieder zum Erfolg führen. So wurde trotz des einmonatigen Testverkaufs in Süd-Kalifornien das Projekt Atari 7800 zugunsten des späteren Atari STs auf Eis gelegt.

Nachdem aber im Jahre 1986 ein alteingesessener Spielkartenhersteller namens Nintendo eine eigene Konsole veröffentlichte und diese praktisch über Nacht zum Überraschungserfolg wurde, war auch dieser Markt für Tramiel plötzlich wieder interessant und man entschied sich doch noch das Atari 7800 zu veröffentlichen. Doch bis Atari das 7800er Modell veröffentlichen konnte hatte sich Nintendo mit dem NES bereits einen Marktanteil von knapp 90% gesichert und der Rest des Marktes wurde von SEGA mit dem Master System ausgefüllt. Somit war ein Scheitern praktisch nahezu vorprogrammiert.


Hier zwei Titel von der Markteinführung in Amerika im Jahre 1986


Trotz der mittlerweile drei Jahre alten und somit hoffnungslos veralteten Technik und nur wenigen Starttiteln, wurde die Konsole schließlich veröffentlicht. Obwohl man dank der Abwärtskompatiblität zum Atari 2600 eine schier grenzenlose Spieleauswahl hatte, war gegen die Konkurrenz in Form von Nintendo und SEGA kein Ankommen. Mangelndes Marketing, fehlende Promotion und zu viele leere Versprechungen gaben der Konsole somit frühzeitig den Todesstoß.

Viele angekündigte Titel wurden dadurch nie veröffentlicht, ebensowenig wie ein angekündigtes Highscoremodul, welches in den Expansionport gesteckt werden sollte. Auch mangelte es der Konsole an wirklichen Eigenentwicklungen - die meisten Games waren schlichtweg nur aufgebohrte Atari 2600 Titel, darunter allerdings Arcadeportierungen die mit dem Original nun nahezu identisch waren und somit damals ein recht authentisches Arcadegefühl für zu Hause entwickelten.


Selbst diverse Aktionen konnten das Schicksal nicht abwenden.


Das Atari 2600 genießt auch heutzutage noch große Beliebtheit und entwickeln viele Hobbyprogrammierern fleißig Spiele, für das Pro System gab es hingegen keine weiteren Veröffentlichungen. Das lag vor allem an der digitalen Signatur, die in den offiziell veröffentlichten Spielen vorhanden war und von der Konsole abgefragt wird, um eigene Produktionen (zu deutsch: billige Plagiate / Raubkopien) zu verhindern. Doch im Jahre 2006 änderte sich dieser Umstand, als mehr zufällig die Software für die digitale Verschlüsselung der Cartridges entdeckt wurde. Dies war der langersehnte Startschuss für alle Hobbyentwickler.

Neben dem Mitte des Jahres erschienenen Beef Drop, einem Burger Time Klon, erschien gegen Ende des Jahres mit der Pac Man Collection von Bob Decrezndo und Santa Simon ein Geschicklichkeitsspiel pünktlich zu Weihnachten. Auch für das Jahre 2007 sind schon einige Entwicklungen am laufen. So darf man sich unter anderem auf die Neuinterpretationen von Frogger und Q*Bert freuen. Gespannt kann man sein, was die Homebrewszene für uns in Zukunft noch bereithält, denn nun muss man ja nicht mehr befürchten, dass der Atari 7800 leer ausgehen wird.


--- 2. Gerät/Module ---


Das Gerät selbst ähnelt seinen Vorgängern. So befinden sich an der Front des rechteckigen Gehäuses die zwei Joystickports und auf dem Gehäuse sind bekannte Bedienelemente wie ein Powerknopf, ein Resetknopf und ein Selectknopf vorhanden. Neu hingegen ist die Pausetaste, die es ermöglicht Games für das Atari 7800 (nicht 2600!) während des Spiels zu pausieren. (purer Luxus!)

Beim Design wagte man auch keine großen Experimente. Ähnlich wie beim Atari 2600 jr. und dem Atari 5200 wurde ein schwarzes Kunststoffgehäuse mit einer Silberplatte verwendet, auf dem der Name der Konsole zu lesen ist. Hier ist auch der einzige augenscheinliche Unterschied zwischen einer PAL und einer NTSC Konsole zu sehen - während man auf der Silberplatte der PAL Konsole einen breiten Streifen in Regenbogenfarben vorfindet, wurde dieser beim US-Modell hingegen recht schmal gehalten.


Hier gut zu erkennen: Die vier Buttons auf dem Gehäuse


Diese Unterscheidung ist durch die vorhin besprochene digitale Signatur der Module nun extrem wichtig, da manche Spiele leider nur auf NTSC bzw. PAL Konsolen funktionieren. Die Abfrage der digitalen Signatur wird nur bei NTSC Geräten vorgenommen, unter anderem um zu erkennen, ob es ein Atari 2600 oder Atari 7800 Game ist. Die heimischen PAL Konsolen benutzen dagegen verschiedene Heuristiken um Module des Atari 2600 zu erkennen.

Vorsicht ist auch bei Spielen geboten, die den POKEY-Chip enthalten. Einige Spielehersteller verbauten diesen Chip in Module, um damit eine bessere Soundausgabe zu erzielen. Prominenteste Vertreter sind beispielsweise Ballblazer und Commando. Der in der Konsole enthaltene Soundchip ist der TIA, der bereits im Atari 2600 für Grafik und Sound sorgte und auch im Atari 7800 für das Spielen der alten Games benutzt wird. Somit ist für alle Spielefans mit Bezugsquellen in Übersicht Vorsicht geboten. Auch die Spielmodule selbst bieten wenig Überraschung. Diese verwenden nämlich exakt das selbe Gehäuse wie auch die Vertreter der Atari 2600er Zunft. Die Größe der Spiele variiert dabei zwischen 16 und 128 KByte.


Hier die Spielmodule zum Vergleich (von links nach rechts): Atari 2600, Atari 5200, Atari 7800)


Beim Controller entschied man sich für ein Gamepad mit zwei Buttons, was aber nur von wenigen Games wirklich genutzt wird, sowie ein digitales Steuerkreuz, auf dem ein Joystick mit Daumenmulde sitzt. Wer sich auf den ersten Blick erschrocken fragt, wie es wohl um die Ergonomie der Pads bestellt ist, kann beruhigt sein - es liegt nicht besser und nicht schlechter in der Hand als ein gewöhnliches NES Pad, obwohl der Joystick anfänglich wohl etwas gewöhnungsbedürftig sein mag. Insgesamt ist hier der ProLine Controller mit der Model Nr. CX-24 definitiv die bessere Wahl.

Dank an Forumsuser Nirwana für die freundliche Bereitstellung der Modulfotos


--- 3. Technische Details ---


Hier noch die technischen Details des Atari 7800:


Maße: 292 x 220 x 85 mm (Länge x Breite x Höhe)
CPU: Custom 6502C (Codename SALLY)
Taktfrequenz: 1.79 MHz, 1.19 MHz im 2600 Modus
RAM: 4 KB (2 6116 2Kx8 RAM ICs)
ROM: 4K BIOS ROM eingebaut, 48K Cartridge ROM Speicher ohne Bankswitching
Grafikchip: MARIA
Auflösung: 160x240 (PAL 160x288) oder 320x240/288
Taktung: 7.16 MHz
Ports: 2 Joystick Ports, 1 Modulschacht, 1 Expansion Port (nur erste Version), Power In, AV Out
Sound: TIA Video und Sound Chip

Anmerkungen:

Die Farbpalette des Atari 7800 besteht aus insgesamt 256 Farben, wovon bis zu 25 gleichzeitig dargestellt werden können. Die Anzahl der gleichzeitig darstellbaren Farben auf dem Bildschirm und pro Sprite variiert dabei je nach verwendetem Grafikmodus.

Der TIA Chip wird nur zur Soundausgabe bei den Atari 7800 Games benutzt. Bei den Atari 2600 Games wird er jedoch sowohl für Video, als auch für Sound benutzt. Fühlt sich also an wie ein echter 2600er. Optional wurde zudem wie bereits erwähnt gern ein POKEY Soundchip in die Modulen integriert, um eine bessere Geräuschkulisse zu gewährleisten.
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