Zugegeben, es gab schon seit den ersten Trails-Spielen PC-Versionen. Teils erschienen diese sogar einige Zeit vor den Handheld-Fassungen. Aber die Beschränkung auf von tragbaren Plattformen nutzbare Technik war von Anfang an offensichtlich, ebenso dass der Großteil des (japanischen) Zielpublikums eben dort zu finden sein würde, statt auf Windows-PCs. Erst auf PlayStation Portable, dann auf PlayStation Vita und mit zusätzlichen PlayStation-3-Ports einiger Games, hat sich Falcoms Unterserie der älteren Legend-of-Heroes-Reihe über die letzten anderthalb Jahrzehnte eine Nische zwischen den größeren RPGs geschaffen.
Trails konnte audiovisuell nie mit den Konsolen-Titeln von Square Enix mithalten. Während Final Fantasy auf stationären Systemen verblüffte war Falcoms Reihe in Sachen Production Values auf portablen Geräten, wo kleinere Kuchen gebacken wurden, immer ganz vorne mit dabei. Das betrifft nicht nur die Grafik, sondern auch den Umfang. Wo andere Hersteller für unterwegs auf “Streamlining” setzten, da bot Trails vollwertige, epische Rollenspiele ohne Kompromisse. Mit schicker Optik, lebendigen Städten voller redseliger Bewohner, umfangreichen Dungeons und anspruchsvollen Kämpfen stach man immer aus der Riege der Handheld-RPGs hervor. Tatsächlich wurde mitunter mehr Umfang und mehr Freiheit geboten als in den opulenten, modernen Millionensellern auf Heimkonsolen. Aber der Kern war immer der Umstand, dass das Dargebotene speziell für ein tragbares Gerät beeindruckte.
Trails of Cold Steel III beginnt 1 ½ Jahre nach dem Ende des Vorgängers. Der Bürgerkrieg ist beendet, und der aschene Ritter Rean Schwartzer, Protagonist der Reihe und Musterschüler der Klasse VII, ist nunmehr selbst Ausbilder an der Thors Militärakademie. Statt an der Hauptfakultät zu lehren, an der er selber seine Ausblildung genossen hatte, wird er allerdings einer neuen Zweigstelle zugeteilt. Diese ist unterbesetzt und beherbergt zunächst nur eine geringe Anzahl von Schülern. Jedoch soll hier die neue Klasse VII ausgebildet werden. Jene, die mit ihrer Spezialausbildung den Ausschlag im Bürgerkrieg gegeben hatte. Eine verantwortungsvolle Aufgabe für Rean, erschwert dadurch, dass die neue Klasse VII nicht unbedingt aus den begabtesten Elitekadetten besteht, sondern die Zweigstelle generell eher für die Problemfälle gedacht zu sein scheint. Und natürlich bleibt es nicht beim drögen Schulalltag, sondern die neue Klasse VII wird bald in Konflikte verwickelt, die das Schicksal des Landes so kurz nach der letzten Krise abermals ins Wanken geraten lassen könnten.
Trails in the Sky zu kennen ist förderlich, aber nicht zwingend erforderlich. Gleiches gilt für die bisher nur in Japan erschienenen Teile Zero no Kiseki und Ao no Kiseki. Doch Trails of Cold Steel I und II, welche unmittelbar mit diesem Titel zusammenhängen, was Charaktere, Setting und Handlung angeht, sollten zuerst gespielt werden. Selbst wer die Vorgänger spielte, als sie neu waren, wird das eine oder andere Mal auf dem Schlauch stehen, was die zahlreichen Anspielungen und Namen angeht, mit denen man regelmäßig konfrontiert wird.
Die Gesprächigkeit der Charaktere kann je nach Vorliebe des Spielers Segen oder Fluch sein. Und das gilt nicht nur für wichtige Figuren. Falcom-typisch hat jeder noch so kleine Bewohner einer Stadt etwas zu sagen, und natürlich ändert sich sein Text bei jedem neuen Besuch, so dass selbst die unbedeutendsten Statisten bis zum Ende klare Persönlichkeiten entwickelt haben. In meinen Augen ist das einer der größten Anreize der Reihe, eine vorbildliche Art die Immersion zu fördern. Aber für manch einen Spieler, der nicht so lesefreudig ist, mag es etwas zu viel des Guten sein. Kann man doch locker eine Stunde in einer Stadt oder auf dem Campus verbringen und mit Leuten plaudern (und ihre Habseligkeiten aus den Häusern klauen), bevor man alles gesehen hat und guten Gewissens das nächste Missionsziel ins Auge fasst. Das ist natürlich optional, aber der Großteil des World Building findet auf diese Weise statt.
Auf Exkursionen in andere Gebiete des Landes steht das Lösen der regionalen Probleme an. Also Quests der örtlichen Bevölkerung, die einen normalerweise in Konfrontationen mit Monster bringen und langsam den Plot voranbringen.
Das Kampfsystem ist das gewohnte runden- und positionsbasierte System der Serie. Nach wie vor ist an einer Leiste am Rand des Bildschirms erkennbar, in welcher Reihenfolge Helden und Gegner am Zug sein werden, und je nach gewählter Aktion kann sich diese Aktionsfolge verschieben. Man bewegt sich relativ frei innerhalb eines gewissen Radius in der Arena, um gekonnt mit den Auswirkungen von Flächeneffekten (positiv oder negativ) umzugehen.
Neu ist, dass in diesen Konfrontationen nicht mehr auf einen anderen Bildschirm umgeblendet wird, sondern dass die Kämpfe an Ort und Stelle stattfinden. Das bedeutet natürlich, dass das Initiieren einer Schlacht auf einem engen Pfad weniger Raum zum Ausweichen bietet, als wenn man den Feind vorher auf eine offene Fläche lockt.
Brave Orders können genutzt werden, um der ganzen Party zeitlich begrenzte Boni zu verpassen.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Benutzerführung. Statt des klassischen kommandobasierten Ringmenüs wurden in Cold Steel III wichtige Aktionen direkt auf die Face Buttons des Controllers gelegt. Das ändert zwar spielerisch eigentlich nichts, aber wenn einem die Nutzung der Kommandos nach so vielen Spielen in Fleisch und Blut übergegangen ist, kommt es einem doch komisch vor.
Ob in Dungeons, Städten oder in der Wildnis: Für ungeduldige Naturen hält Trails of Cold Steel III eine Turbo-Funktion bereit, welche auf Knopfdruck das ganze Geschehen stark beschleunigt.
Soundtechnisch wird eine englische Sprachausgabe geboten, allerdings nur bei wichtigen Szenen. Der Großteil der optionalen Gespräche ist nicht vertont. Die Musik ist wie von Falcom gewohnt flott.
Leider sind die Dialoge erneut nur in englischer Sprache verfügbar. Scheinbar ist die Reihe für eine deutsche Lokalisierung doch zu sehr in der Nische beheimatet. Wer also mit der englischen Sprache zu kämpfen hat, für den dürfte ein besonders textlastiges JRPG wie dieses nicht das richtige sein.
Trails of Cold Steel III ist ein Muss für alle Fans der Reihe. Zwar kann die Grafik trotz einiger Verbesserungen auf den leistungsstärkeren Systemen nicht mehr so beeindrucken wie auf dem kleinen Vita-Screen, doch ist es technisch solide und inhaltlich erneut ein Top-RPG. Aber Vorsicht: Interessierte Spieler sollten unbedingt vorher zumindest die beiden direkten Vorgänger spielen, und im Optimalfall sogar die Schwesterreihe Trails in the Sky. Je mehr man die Welt und Charaktere zuvor kennenlernt, umso mehr kann man Cold Steel III genießen.