Homebrew Reviews Teil 4 - Ultima III: Exodus im Test

GameBoy Color

Ständige Diskettenwechsel und minutenlange Wartezeiten am C64. Alltag für Rollenspielfreunde der Achtziger Jahre. Was heute fast zwangsläufig zum Abbruch des Spiels führte, war einstmals Standard für alle, die in fremde Welten eintauchen wollten. Kaum ein Zocker hätte sich vorstellen können, dass eines Tages ein besonders populäres Mammut-RPG jener Zeit im Westentaschenformat und dabei ohne solche Spielspaßhemmer erscheinen würde ... umgesetzt von einem Hobbyentwickler.

u3titelUltima gilt als umfassendster Prototyp dessen, was wir heute unter einem digitalen Rollenspiel verstehen. Richard Garriott, auch bekannt als Lord British, veröffentlichte den ersten in BASIC programmierten Teil bereits 1981. Wo andere urzeitliche Genrevertreter lediglich eine Dungeonhatz aus der Egoperspektive boten, führte Garriotts Fantasy-Spektakel den Wechsel zwischen Oberwelt, Städten und Dungeons ein. Über die Jahre und 9 Spiele hinweg bot die Reihe immer wieder Innovationen, die das Genre bis heute beeinflussen. Detaillierte Geschichten, Charaktere mit Persönlichkeit, moralische Entscheidungen und eine offene Spielwelt seien hier besonders hervorgehoben; mit Ultima Online legte man gar den Grundstein für die Gattung der MMORPGs.

Der spätere Programmierer Sven Carlberg wurde wie viele Jugendliche der Heimcomputer-Ära von Ultima geprägt. So entschied er sich Ende der Neunziger Jahre, als der Gameboy Color in der Blüte stand, seinen Einstieg in die Welt der RPGs für Nintendos erfolgreichen Handheld umzusetzen. Dieser Titel war Ultima III auf dem Commodore 64 gewesen. Für Carlberg eine perfekte Wahl: Die C64-Vorlage gab sich grafisch bieder, und die tragbare Konsole galt technisch ohnehin als eingeschränkt. So würde sich der künstlerisch wenig begabte Entwickler nicht viel mit aufwändiger Grafik herumschlagen müssen. Nur eine Verkleinerung der Grafikbausteine von 16x16 auf 8x8 Pixel war vonnöten, um der niedrigeren Auflösung des GBC-Screens Rechnung zu tragen.

ult3_2Dabei stand leider kein Quellcode zur Verfügung. So mussten die Programmteile des Originals in verschiedenen Versionen unter die Lupe genommen werden, um den Klassiker zu rekreieren. Ein mühseliges Unterfangen, und selbst Lord British persönlich konnte nur moralischen Beistand leisten, lag seine Arbeit an Ultima III doch bereits 15 Jahre zurück. Immerhin zeigte er sich aber begeistert vom Projekt.

Letztlich gelang es Carlberg, die für eine akkurate Umsetzung unerlässlichen Details der Spiellogik zu durchschauen und Ultima III fertig zu stellen. Nicht nur das, er erstellte noch ein komplett neues Abenteuer in etwa derselben Größenordnung wie das Hauptspiel, dessen Story zwischen Ultima III und IV stattfindet!

Kein Interesse zeigte leider Rechteinhaber Electronic Arts. Das Angebot einer Modulveröffentlichung lehnte der Konzern dankend ab, da man das Spiel für die Zielgruppe der tragbaren Konsole als unattraktiv einstufte. So kam es, dass Ultima III: Exodus für den Gameboy Color im Februar 2001 als kostenloser Download im Netz landete.

ult3_4Die Umsetzung ist hervorragend gelungen, und dank der konsolengerechten Steuerung für jeden empfehlenswert, der mal in die Frühzeit der Computer-Rollenspiele hineinschnuppern möchte. Leicht lässt sie die offizielle und alles andere als gelungene NES-Fassung vergessen. Es muss einem jedoch bewusst sein, dass man hier 1983er Standards vorfindet: Hübschere Grafiken gibt es auf dem Gameboy haufenweise. Die Reise nach Sosaria hat einen denkbar zähen Einstieg und braucht Zeit, um ihren Charme zu entfalten. Auch der Schwierigkeitsgrad erscheint verglichen mit modernen Spielen hoch. Wer sich aber RPG-Fan schimpft, der sollte dieser liebevollen Konvertierung eine Chance geben. Gestandenen Ultima-Fans wird eh das Herz aufgehen, sobald sie »Rule, Britannia« aus den kleinen Lautsprechern piepen hören.

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Forum
  • von khaos:

    Ganz schön cool. Schon allein durch die wenigen Eingabemöglichkeiten sollte das Spiel schonmal deutlich einsteigerfreundlicher sein. Ein Repro wäre super ...

  • von 108 Sterne:

    Elemental Master schrieb: Die GB Ultimas habe ich leider noch nicht im Spieleschrank stehen. Die sind auch großer Käse. Die Runes of Virtue-Teile sind eher Action-Adventures, und ziemlich schlechte noch dazu....

  • von Elemental Master:

    Mir hat Ultima IV auf dem Master System sehr gut gefallen. Die GB Ultimas habe ich leider noch nicht im Spieleschrank stehen....

Insgesamt 15 Beiträge, diskutiere mit
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