Die ersten Schritte von Erotik und Sex in Games gab es bereits in grauer Pixelvorzeit. Skandalträchtige Titel wie „Custer‘s Revenge“ oder „Bachelor Party“ auf dem VCS thematisierten als Erste den virtuellen Akt. Auch auf Heimcomputern fühlte sich das schlüpfrige Gewerbe zu Hause. Billige Sexspielchen wie „Girls want to have fun“ oder „Sexgames“ auf dem C64, sowie hochklassige Adventures wie die Larry-Serie bedienten sich des Themas – mit Erfolg.
Mit dem Einzug der CD-Rom in heimische Wohn- und Arbeitszimmer wurde es erstmals möglich das nahezu ausschließlich männliche Publikum mit viel nackter Haut zu versorgen. So manifestierte sich der PC zur Bastion für Fummel-, Dating-, und Penetrationssimulatoren. Die Spielkonsolen gaben sich von jeher braver – kein Wunder, unterlagen sie ja einem Lizenzierungsprozess durch den Plattformhalter. Trotzdem gibt es auf PC-Engine, Saturn und auch westlichen Geräten wie CD-i und 3DO eine stattliche Auswahl an Softerotik. Philips‘ CD-i genießt unter Gamern eine Sonderstellung. Obskure Interactive Movies und Edutainment Titel verschwammen mit schwachen Games und Video CDs.
Für den CD-i sammelte sich mit der Zeit eine Menge an Software oder Infotainment Titeln zusammen, die das Thema Sex recht unterschiedlich angingen. Titel wie Tatjana Uncovered sind nichts anderes als Sammlungen von Fotos und Clips einer in den 90ern semi-prominenten Person. Dazu gibt es bekannte Scheiben wie das bereits früher erfolgreiche Strip Poker, in dem sich Damen freizügig zeigen, sollten sie beim Poker verlieren - oder Vegas Girls, bei dem Gewinnertypen blanke Brüste zu sehen bekommen. Doch 6 Titel wollen wir hier exemplarisch etwas näher beleuchten, da sie das Thema Sex komplett unterschiedlich angehen. Die Titel lauten wie folgt:
Blitz Illu: Heiße Girls privat
Girls
The Joy of Sex
Playboy Complete Massage
Akt Ästhetik
Voyeur
Was diese Titel gemein haben: Sex und Erotik, jedoch auf unterschiedlichste Herangehensweise, bzw. Zielgruppen.
Seite 2: Hausfrauen, Kamasutra und Partnerberatung
Blitz Illu: Heiße Girls privat
Die Zielgruppe dieser billig produzierten Photo-CD für CD-i Player sollte klar sein: Der geneigte Konsument billiger Wochenendmagazine. Laut CD-Hülle zeigen willenlose Hausfrauen was sie zu bieten haben – und das natürlich in feinster 90er Jahre Ästhetik. Die 80er Jahre Dauerwelle scheint bei deutschen Hausfrauen auch Mitte der 90er noch schwer angesagt gewesen zu sein, ebenso standen schlechte Belichtung und dreckige Kameralinsen hoch im Kurs, anders lässt sich die schlechte Bildqualität mit milchiger Optik und Dreckspuren auf dem Objektiv nicht erklären.
Insgesamt gibt’s über 100 Fotos, welche einfach mit der Fernbedienung durchgescrollt werden. Nix besonderes, nicht viel zu tun und im Jahre 2011 auch nicht wirklich erotisch, solange man nicht auf 80er Jahre Ästetik abfährt. Kommen wir zum nächsten Game und lassen die Screenshots für sich sprechen...
Girls
Girls wiederrum „erweitert“ die Diashow von „Heiße Girls privat“ um eine Audiokomponente. Hier kann sich der Zuschauer gänzlich nackte Frauen anschauen, die „thematisch“ gegliedert sind. So gibt’s Themen wie „Fantasy“ oder „Lack und Leder“. Interessant, oder eher belustigend sind die erotischen Geschichten in denen leidlich begabte Sprecherinnen vor sinnlos aneinander gereihten Nacktbildern versuchen eine erotische Geschichte zu erzählen. Leider geht anhand des penetranten holländischen Akzents jede Stimmung flöten.
Noch peinlicher sind die „Dialoge“ in denen 2 Mädels ihre sexuellen Erfahrungen austauschen, dies meist so bieder und zum Fredschämen peinlich, dass es doch immerhin belustigend wirkt. Wenn dabei bieder übers Kochen geredet wird und blumige Metaphern herhalten müssen um das in der Branche gängige Vokabular zu umgehen, wird’s schon witzig. Auch witzig ist das Themengebiet „Kamasutra“. Neben den Originalzeichnungen wird stets ein Foto mit Models in dieser Stellung gezeigt. Blöd nur, dass man offenbar keine männlichen Models hatte, denn so wird der Mann in jeder Stellung entweder weggelassen oder durch eine zweite Frau ersetzt, was teils wirklich skurrile Bilder entstehen lässt....
The Joy of Sex
Der Titel mag etwas in die Irre leiten. Möglicherweise erwartet der Käufer oder Interessent hier eine Videosammlung über den Spaß beim Akt. Nicht ganz, denn The Joy of Sex ist in interaktiver Beziehungsberater, der neben dem Sex auch andere Beziehungsthemen behandelt.
Wer also wissen will, warum Frauen im Alter weniger Lust am Sex haben, oder warum die eigene Beziehung „unbefriedigend“ ist, kann sich mit seiner besseren Hälfte vor den CD-i setzen, das Problemfeld auswählen und anhand einer Reihe von Fragen den CD-i Partnerschaftsberater die Situation analysieren und sich Lösungsvorschläge geben lassen.
Des Weiteren hat man ein Partnerquiz zum Thema Vertrauen und Sex eingebaut, in welchem gemessen wird, wie Vorstellungen und Wünsche auseinander gehen können – Stress ist hier vorprogrammiert. Neben diesen Interaktionsmöglichkeiten erläutern mehrere Briten in verschiedenen Videos ihre Bettprobleme und wie sie diese gelöst bekommen haben.
Alles in Allem ist The Joy of Sex ein reichlich skurriles Stück Software, deren Zielgruppe sich dem Nutzer nicht so recht erschließen will. Wer setzt sich mit dem Partner vor den CD-i um sich Sextips zu holen? Darüber hinaus werden Freunde nackter Haut enttäuscht. Ausser blanker Brüste von Frauen über 40 gibt es nur Zeichnungen zu sehen, die dann aber umso mehr ins Detail gehen.
Seite 3: Massagen, Kunst und Voyeurismus
Playboy Complete Massage
Playboy steht ja seit Dekaden für Fleischbeschau mit Niveau. Genauso ist es bei „Complete Massage“. Man leistete sich attraktive Models (diesmal sogar auch Männer) und schusterste diesen interaktiven Anleitungskatalog für erotische Massagen zusammen. Jede Massageform wird in Videos vorgestellt und ist mit Kommentar und Musik unterlegt, traurigerweise ein Novum in der CD-i Schmuddelecke.
Zu sehen gibt’s nur nackte Brüste, dafür aber ansehnliche. Erwischt einen die Frau damit kann man sich immer noch rausreden, dass man etwas für die Beziehung tun würde. Im Optimalfall versucht man am besten direkt zur Nachahmung zu motivieren.
Akt Ästehtik
Akt Ästhetik widmet sich dem Thema Erotik auf dem CD-i auf die gehobenere Art - die Kunst. Wie Sexy Girls Privat ist Akt Ästhetik ebenfalls "nur" eine Photo CD, jedoch sind die Artworks auf der Silberscheibe von gänzlich anderer Qualität.
Neben den knapp 70 Bildern von 3 verschiedenen Malern gibt es noch Texttafeln, die eine kurze Info über den Maler geben. Ein besonderer Hingucker ist der High-Res Modus bei Akt Ästhetik. Jedes Bild kann hier nochmal in der vollen PAL-Auflösung von 768x576 betrachtet werden - löblich!
Voyeur
Voyeur ist kein reiner Erotiktitel, aber zumindest der einzige Vertreter hier im Vergleich, der sowas wie Interaktion anbietet. In Voyeur schlüpft ihr in die Rolle eines Privatermittlers, der das Haus des US-Präsidentschaftskandidaten ein Wochenende mit der Kamera vom Haus gegenüber beobachtet. Der „Spieler“ hat nun die Aufgabe belastendes Material zu filmen.
Dazu fährt man die Fenster mit der Kamera ab und startet entweder Audiosequenzen, zoomt an Dokumente heran oder schaut teils mehr oder weniger bizarre Videos der Bewohner des Hauses. Nach ca 30 Spielminuten weiß man genau wer mit wem eine Affäre hat und wer auf welche abstrusen Sexpraktiken steht. Zu sehen gibt’s jedoch nichts, was nicht auch beim ZDF am Nachmittag zu sehen wäre, blanke Brüste sucht der Berufsvoyeur hier vergeblich.
Schöner Artikel, das dürfte dann wohl das angekündigte Feature sein.^^
Wirklich merkwürdig, dass das CD-i kein großer Hit war....
Titel wie Tatjana Uncovered sind nichts anderes als Sammlungen von Fotos und Clips einer in den 90ern semi-prominenten Person.
Auf das...
von Slainte:
Sehr schöner Artikel.So ein paar Perlen muss ich mir auch noch in die Sammlung holen ...