Retro-Konsolen an HDTV - Der Deinterlacing Guide im Test

Die vorliegende Infosammlung beruht auf dem englischen Originalartikel, der an dieser Stelle zu finden ist. Die englische Version bietet erheblich mehr technische Details, geht aber auch weit über das nötige Wissen hinaus. Ich habe versucht die deutsche Fassung an dieser Stelle einfach und verständlich zu halten.

Warum nicht einfach den Nippel durch die Lasche zieh'n?

 

... oder warum nicht einfach anstöpseln und losspielen? Ganz einfach - weil's meist wirklich schlecht aussieht. Wer seine alten Konsolen einfach über das gelbe Cinchkabel (Composite Video) am Röhren TV hatte, der wird sich über die Qualität am neuen Flachmann wohl kaum beschweren. Schlimmer wird's kaum werden. Wer aber früher Wert auf eine gewisse Qualität gelegte, sich um RGB Kabel bemühte oder gar Dreamcast via VGA am Luxus Röhren TV angeschlossen war, der kann meist nur schaudernd auf einen LCD umziehen.

 


LCD, Plasma oder PC Monitor?

 

Vor wenigen Jahren galten Plasma TVs noch als einbrenngefährdet, hatten niedrigere Auflösung als gleich große LCDs und flimmerten gerne wie die alten Röhren. Das alles hat sich heute weitestgehend erledigt. LCDs und Plasmas eignen sich heute hervorragend als TV - zum Filme schauen ebenso wie zum Zocken. Wer heute was größeres als 32 Zoll kauft, bekommt Full HD (1920x1080) und ist damit für PS3, Xbox 360 und Blu-Ray bestens gerüstet. Sachen wie 100/120Hz sind im Endeffekt Geschmackssache, vor allem da sie zum Zocken meist wenig taugen. Worauf man bei LCDs achten sollte, ist der Inputlag, also die Verzögerung zwischen Videoeingang und Display, die durch die Verarbeitung des Signals im Gerät entsteht. Gut ist ein Frame Delay (16ms), OK sind zwei Frames. Alles drüber (viele neue Samsung oder Philips LCDs) sollte man vermeiden, speziell wenn man Timing-kritische Spiele wie Shoot 'em Ups oder Beat 'em Ups spielen möchte. Kinderkrankheiten gibt's nach wie vor bei beiden Technikvarianten, aber mit den meisten TVs wird man heute durchaus glücklich - sofern man zumindest für seine alten Konsolen gewisse Vorkehrungen trifft.

 

PC Monitore erreichen heute auch schon locker 27" und eigenen sich damit für kleinere Zimmer gut und gerne zum Zocken. Beim Kauf sollte man aber nebem dem Inputlag das Vorhandensein von HDMI und/oder YUV Eingang beachten - je nachdem was man anschliessen möchte. VGA dürfte immer vorhanden sein.

 

SD, ED, (Full) HD - interlaced & progressive

 

Die Videowelt definiert heute eine ganze Menge verschiedener Bildsignale. SD (Standard Definition) bezeichnet im allgemeinen 240p* (wie z.b. vom SNES oder dem Mega Drive geliefert) und 480i* (PlayStation 2 oder Dreamcast via RGB). ED (Enhanced Definition) verdoppelt die aktive Zeilenzahl von SD und liefert demnach 480p (576p in PAL). HD (High Definition) bezeichnet in der Regel 720p und 1080i. 1080p wird gerne als Full HD bezeichnet. LCD und Plasma Displays sind von Natur aus Vollbilddisplays, also progressive. Im Klartext heisst das: 480p, 720p und 1080p bieten sich als ideale Zuspielformate an. (* 240p und 480i sind NTSC Auflösungen, die PAL Varianten heissen 288p und 576i.)


480i muss vom Display vor dem Anzeigen nach 480p "deinterlaced" werden, d.h. von Halbbildern (interlaced) in Vollbilder (progressive) gewandelt und danach auf die Auflösung des Displays (1080p) skaliert werden - genau wie 1080i auch nicht direkt dargestellt werden kann. 240p - obwohl bereits progressive - wird von vielen Displays fehlinterpretiert und durchläuft daher wie auch 480i meist das gesamte Videoprocessing. Und genau darin liegt das Problem. Das Processing der heutigen TVs und Displays ist in erster Linie auf zwei Dinge ausgelegt:

 

a) möglichst nicht mehr als ein USD Produktionskosten auszumachen

b) Videobilder zu verarbeiten, was sich grundsätzlich von gutem Grafikprocessing unterscheidet.

 

 

Die Eingänge am TV vs. die Ausgänge an der Konsole

 

Jeder aktuelle TV bietet heute mindestens einen HDMI Eingang. HDMI ist ein volldigitaler Eingang, der prinzipiell in der Lage ist, wirklich gute Qualität zu liefern. Theoretisch ist eine SD Übertragung über HDMI möglich, leider spielen da aber etliche Hersteller nicht mit und eine Konsole mit SD HDMI Ausgang gibt es nicht. Die akzeptierten Eingangsauflösungen heissen also 480p, 576p, 720p, 1080i und zumeist 1080p. Wer sich zockmässig auf PS3 oder Xbox 360 beschränkt, liegt mit HDMI goldrichtig. HD-Ready User (Displays mit WXGA Auflösung) sollten darauf achten 720p statt 1080i zuzuspielen, da 1080i im Grunde nur 540p entsprechen und 720p damit die bessere Detailauflösung bietet. Gegenüber den Zockern in den USA und Japan hatten wir Europäer immer den Vorteil Scartbuchsen mit RGB Tauglichkeit an den TVs zu haben. An den CRTs (Röhren TVs) war das oftmals die beste Anschlussart. LCDs und Plasmas haben damit aber zwei Probleme. Erstens muss das Signal vom schlechten verbauten Prozessor wieder in Vollbilder gewandelt und skaliert werden. Zweitens wird das Signal an der Scartbuchse oftmals nur als Composite Video behandelt (bei Samsung LCDs) und ist damit kaum zu gebrauchen. Vergessen wir diese Anschlussart also schnellstmöglich.


Neben der klassischen Scartbuchse finden sich an LCDs und Plasmas heute immer Farbkomponentenanschlüsse (Component oder auch YUV, technisch korrekt YPbPr). Diese verarbeiten in der Regel alles von SD (480i), über ED (480p) bis hin zu HD (1080i). 1080p werden meist nur via HDMI akzeptiert. Auch wenn die Zuspielung via YUV in der Regel besser aussieht als die via Scart RGB, sollte man SD via YUV dennoch vermeiden. Wer ED zuspielen kann (z. B. vom Wii oder der alten XBox) der kann Glück haben. Manche TVs (Sony LCD & Panasonic Plasma) liefern von progressiven Analogquellen ganz ordentliche Qualität. Viele TVs bieten zuguterletzt eine VGA Buchse. In der Regel sind die Bildparameter (Schärferegelung, Farbsättigung) bei diesem Anschluss eingeschränkt, auf der anderen Seite hält sich der Videoprozessor zurück und erlaubt meistens eine wunderbar natürliche Darstellung - eine Quelle mit VGA vorausgesetzt. VGA bietet außerdem (meistens) den Vorteil, dass der Inputlag soweit wie möglich reduziert wird. Stellt man dieser Anschlussvielfalt die geliebten Konsolen gegenüber, passt es wie die Faust auf's Auge (PS3 via HDMI) oder man steht mit den damals teuer erkaufen RGB Kabeln da und kann nur mitansehen, wie das Bild vom TV zunichte gemacht wird.

 

Die Lösung liegt darin, das analoge RGB Signal (oder YUV z. B. bei PS2) nach VGA oder HDMI zu wandeln, bevor man es dem TV zuspielt. Zu diesem Zweck gibt's eine ganze Reihe von hilfreichen Geräten, von ein paar Euro bis zu Preisen im vierstelligen Eurobereich. Der zweite Teil des Artikels soll ein paar Beispiele geben und die erzielbaren Ergebnisse gegenüberstellen.


Was hab ich eigentlich Konsolenmässig zuhause?

 

Inwieweit sich eine externe Videoprocessing Lösung rentiert, muss jeder für sich selbst entscheiden. Man sollte sich aber in jedem Fall erstmal eine Übersicht darüber verschaffen, welche Konsolen man denn überhaupt noch am neuen TV betreiben will. Dazu eine kurze Auflisting der gängigen Systeme mit dem bestmöglichen Videosignal, dass die Systeme hergeben.

 

 

- RGB (Scart): PlayStation 1, Saturn, N64 (mit Umbau), Mega Drive, SNES, PC Engine (mit Umbau)...
 

- SD YUV (Component): PlayStation 2 (auch mit PS1 Games)
 

- ED YUV (Component): XBox (95% der NTSC Spiele), PlayStation 2 (nur wenige Games)
 

- HD YUV (Component): XBox 360 (ältere Geräte)
 

- HDMI (bis 1080p): PlayStation 3, Xbox 360 (neuere Geräte)
 

- VGA (480p): Dreamcast (bei 95% der NTSC Spiele)


HDMI, VGA, HD YUV können bedenkenlos direkt am LCD oder Plasma betrieben werden. ED Component sieht auf etlichen TVs recht ordentlich aus, kann aber je nach Bedarf relativ kostengünstig nach VGA "transkodiert" werden (Farbraumwandlung). Das Signal bleibt qualitativ dasselbe, aber die VGA Eingänge an den TVs bieten einfach oft die bessere Qualität als die Component Eingänge.

SD YUV und RGB Scart sehen wie angesprochen in der Regel bescheiden aus, so dass man hier über einen externen Videoprozessor nachdenken sollte.

 

Deinterlacing, Upscaling, VGA Boxen u. a.

 

Deinterlacing bezeichnet die Wandlung von 480i Material nach 480p (oder 1080i nach 1080p). Upscaling dagegen bezeichnet die Umrechnung der Auflösung (z.b. von 480p nach 1080p). Liest man sich ein bisschen ins Thema ein, werden die ganzen Begriffe ziemlich synonym verwendet. Im Grunde gilt: RGB oder YUV geht vorne rein, VGA oder was anderes progressive kommt hinten raus. Den Anfang haben hier vor vielen Jahren die sogenannten VGA Boxen gemacht. Mit der PS2 kamen 2001 die ersten günstigen Wandler-Lösungen auf den Markt (Die Dreamcast bot 1999 schon echtes VGA ohne Wandlung). Man konnte vorne mit 240p oder 480i Component reingehen und bekam hinten VGA raus, womit man die PS2 an seinen PC Monitor hängen konnte.

 

Eine Alternative, die sich speziell für PSone und/oder PS2 Fans anbietet, ist die Anschaffung einer kompatiblen PS3. Jedoch sind nur die 60 GB Varianten abwärtskompatibel. Die Qualität dieser ist wirklich gut, die Darstellung bekommt allerdings aufgrund der übermässigen Schärfe den typischen Emulationslook und ist damit nicht Jedermans Sache. Durch die rein digitale Anschlusskette via HDMI ist die Bildqualität bei PS2 recht gut, aber auch nicht perfekt, da die Skalierung recht soft aussieht. Gimmicks wie die Scanline Emulation bei den XRGB Geräten sind damit natürlich auch nicht möglich und der Inputlag durch das Processing in der PS3 liegt bei zwei Frames.

Da der Markt für Deinterlacer, Linedoubler und anderen Kram nicht gerade groß ist, aber doch einige Jahre alt, haben sich über die Zeit etliche Lösungen etabliert, die preiswert (nicht billig) das Bild alter Konsolen aufzubessern. Da eine Gesamtübersicht den Rahmen sprengen würde, kommen an dieser Stelle ein paar Lösungen der verschiedensten Preiskategorien.

 

Video_Standards

- HD Box Pro (um die 50 Euro)

- Vigatec FX2 (um die 180 Euro)

- Micomsoft XRGB-2plus (um die 180 Euro)

- DVDO iScan HD(+) (um die 300 Euro)

- DVDO Edge (um die 700 Euro)

 

 

 

 

HD Box Pro

 

Die HD Box Pro ist eine recht aktuelle VGA Box, die sich qualitativ erheblich von den bisherigen HongKong Adapterlösung abhebt. Gegenüber einer 1000 Euro Videoprozessorlösung kann sie natürlich nicht bestehen, aber sie schlägt sich verhältnismässig gut und lässt die günstigen LCDs qualitativ durchaus hinter sich. Die 50 Euro teure Lösung bietet nur einen einzigen Component (YUV) Eingang, der SD, ED und HD Signale schluckt. Ausgegeben wird VGA, wahlweise unskaliert oder hochskaliert auf bis zu 1920x1200 Bildpunkte.

Wer die HD Box Pro für RGB Geräte benutzen will, braucht zusätzlich einen RGB auf YUV Wandler, der nochmal mit rund 50 Euro zu Buche schlägt. Insgesamt ist die HD Box Pro daher in erster Linie für PS2 oder XBox Benutzer interessant. Auch für den Wii kommt die Lösung in Frage. Zu beziehen ist die Box derzeit ausschliesslich beim Hersteller in HK (die Lieferung dauert ca. 10-14 Tage).


Vigatec FX2

 

Der Vigatec FX2 ist ein Deinterlacer bzw. Linedoubler (kein Scaler), der bereits einige Jahre auf dem Buckel hat (2002 erschienen). Damals für runde 1300 Euro zu haben, ist das gute Stück heute mit etwas Glück auf eBay & Co für unter 200 Euro zu finden. Der Vigatec bietet neben einer handvoll Video und S-Video Eingängen einen YUV und einen RGB Eingang, die aber beide ausschliesslich SD verarbeiten. Für klassiche 8-, 16- und 32-bitter ist das aber überhaupt kein Problem. Die Bildverarbeitung des verbauten Faroudja FLI2200 ist heute wie damals als sehr gut zu bezeichnen, so dass man vor dem Alter des Gerätes nicht zurückzuschrecken braucht. Speziell für 240p Spiele (also klassische Bitmap 2D Games) gibt's eine an- und abschaltbare Kantenglättung (DCDi), die je nach Geschmack einen erheblich Zugewinn an Bildqualität bietet. Der Ausgang ist von VGA nach Progressive Component umschaltbar.

 

Micomsoft XRGB-2plus

Micomsoft ist ein japanischer Hersteller von Videospielaccessoires. Zu Mega Drive Zeiten gab's z. B. einen Analogstick für Afterburner II von Micomsoft. Ein paar Jahre später gab's dann den XRGB, später den XRGB-2. Mit dem XRGB-2plus gab's vor einigen Jahren das erste Upscaler Modell von Micomsoft, das RGB (Scart) und YUV (Component) Eingänge zu bieten hatte. Die Micomsoft Upscaler setzen weniger auf perfekte Vollbildwandlung, als vielmehr als auf die perfekte Emulation eines CRT-Looks, d.h. 240p Spiele können mit deutlichen Scanlines, 480i Games mit merkbarem Zeilenflimmern dargestellt werden.


Wem es um eine 100%ig korrekte Wiedergabe der alten Games und Konsolen geht, der kommt um einen XRGB Uspcaler kaum herum. Die Scanline Emulation ist einmalig im Bereich der Deinterlacer und auch timing-kritische Beat 'em Ups sind auf einem XRGB besser spielbar als auf anderen Lösungen. Wer lieber RPGs als Action Games zockt, sollte vielleicht lieber auf einen anderen Prozessor setzen. Die unruhige CRT-typische Darstellung ist hierfür nicht ideal.

 

DVDO iScan HD(+)

Der DVDO iScan HD bzw. HD ist ein vollwertiger Videoprozessor mit Deinterlacing und Skalierung auf 1080p. Mit 1500 Euro damals auch richtig teuer und heute auf eBay für 250-300 Euro zu bekommen. Vorteil einer vollwertigen Lösung wie dieser sind eindeutig die mannigfaltigen Eingänge (Video, S-Video, YUV und RGB in jeweils doppelter Ausführung), die Ausgabemöglichkeiten in VGA, Component oder auch HDMI/DVI und die umfangreichen Einstellmöglichkeiten (z. B. die Möglichkeit das Bild einer PSP auf Vollbild hochzuzoomen). Die Bildqualität eines iScan HD kann sich heute absolut noch sehen lassen. Als reine Videospiellösung vielleicht ein bisschen Overkill, aber wer viele Retrosysteme zuhause hat, kann sich sowas durchaus gönnen.

 

DVDO Edge

 

Absolutes state-of-the-art Videoprocessing bietet ein Videoprozessor wie der DVDO Edge. Das Geräte wurde gerade vorgestellt und in den USA ausgeliefert. Erste deutsche Geräte gibt's ab 700 Euro. Der Edge bietet Deinterlacing und Skalierung wie es selbst ein High-End Pioneer Plasma nicht liefert, 5 HDMI Eingänge, diverse analoge Eingänge, als erster echter Videoprozessor eine funktionierende Unterscheidung zwischen 240p und 480i Zuspielung und auch sonst so ziemlich alles, was man sich wünschen kann.

Der Edge bietet für SD und HD Material dasselbe Processing wie der fast 4000 Euro teure VP50Pro vom selben Hersteller und bietet damit trotz des "hohen" Preises von 700 Euro ein einzigartig gutes Preisleistungsverhältnis. Wer also neben Konsolen auch eine große DVD Sammlung zuhause hat, sollte durchaus darüber nachdenken sein Weihnachtsgeld in die hübsche kleine Box zu investieren. Spass macht's außerdem. :-)

 

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