Der Kampf lief katastrophal für Ayumi. Schwer verletzt sah sie sich einem baumhohen, grimmig dreinblickenden Ritter gegenüber. Dieser holte mit seiner übergroßen Klinge aus - und lies sie kurze Zeit später auf sein Ziel niedergehen. Nur eine letzte Chance blieb der blonden, leicht bekleideten Schatzjägerin. Zeitsprung! Begleitet von einem roten Lichtblitz werden aus einer Ayumi ganze Drei, während der gigantische Raufbold mehrere Schritte zurückstolpert - und unter dem Stakkato dreier Jagdgewehre schließlich dahinscheidet.
Situationen wie diese sind es, in denen Blades of Time glänzt. Trotz, vor allem im direkten Vergleich mit der Konkurrenz, abwechslungsarmen Kämpfen, wissen jene zu unterhalten. Das ist nicht zuletzt der Dynamik geschuldet, welche den Spieler unweigerlich mitreißt, während Ayumi über den Bildschirm wirbelt. Komplexe Combos sucht man hier freilich vergebens - gerade ein Schlag- sowie ein Tritt-Button stehen dem geneigten Buttonmasher zur Verfügung. Ersterem könnt ihr dabei insgesamt 2 unterschiedliche Kombinationen entlocken; letzterer befördert den Gegner in die Luft und verschafft der blonden Versuchung etwas Zeit zum Durchatmen.
Zusätzlich zu den bewährten Doppelklingen, welche, wie der Rest ihres spärlichen Outfits, im Laufe des Spiels durch mächtigere Varianten ersetzt werden können, versteht sich Ayumi ebenfalls auf die Benutzung von Schießeisen. Leider gestaltet sich diese nicht so dynamisch wie der Nahkampf. Im Gegensatz zu diversen Genrekollegen und sogar ihrem comichaften Selbst im inoffiziellen Prequel, nimmt die Schatzjägerin ihre Opponenten nämlich nicht automatisch ins Visier. Trotz vorhandener Zielhilfe, die ein echtes »Aufschalten« jedoch nicht ersetzen kann, werden die Kämpfe deshalb zäh, steif und langweilig, sobald unsere Freundin die Knarre auspackt. Apropos Ballereien: Blades bietet keine Option, um die Y-Achse zu invertieren! Zwar gibt es mittlerweile nur noch wenige Zocker, die eine umgekehrte vertikale Kamera bevorzugen, aber um ein deutliches Defizit handelt es sich dennoch. Wäre da nicht die Möglichkeit, jene Einstellung in der Konsolenkonfiguration zu erzwingen, hätte ich Blades of Time schwerlich testen können.
Während unser blondes Gift durch die wilden Dschungel und heruntergekommenen Ruinen Dragon Lands streift, trifft sie auf allerlei Kreaturen, die ihr ans attraktive Leder wollen. Klassische Fantasy-Monster, wie Riesenspinnen, aber auch humanoide Gegner und verschiedene Konstrukte dürfen von euch vermöbelt werden. Zudem begegnet sie dem einen oder anderen freundlich gesinnten Charakter, wie der schnuckligen Piratin Michelle. Die ist mitsamt ihrer Mannschaft auf der Dracheninsel gestrandet und versucht seitdem, das Eiland hinter sich zu lassen. Ferner ist da noch euer Partner, der Haudegen Zero, welcher scheinbar ebenfalls auf Dragon Land herumstreift. Und der, bereits aus dem Intro bekannte, Gildenmeister taucht gleichermaßen in regelmäßigen Abständen auf, um euch mit »nützlichen« Ratschlägen zu beglücken.
Leider werden diese, prinzipiell durchaus interessanten Charaktere, in keiner Weise vertieft. Ebenso wenig wie die undurchsichtige Story. Einige Puzzleteile kann sich der geneigte Zocker zusammenreimen, aber insgesamt bleiben zu viele Fragen offen. Was ist der Orden? Wieso gehört Ayumi diesem nicht länger an? Worum genau handelt es sich bei Dragon Land eigentlich? Und warum überfallen die Schatzjägerin und ihr Partner im Rahmen des Intros eine Kapelle? Weder während des Spiels noch im Abspann werdet ihr erleuchtet. Schade, denn Potenzial für eine spannende Hintergrundgeschichte ist zweifellos vorhanden. Neben jenen storyrelevanten Figuren begegnet ihr, bereits in den ersten Spielstunden, einem ungleich wichtigeren Helfer: dem Geist der Schreine. Dieser verleiht Ayumi bereitwillig die Fähigkeit, Seelen ihrer besiegten Feinde aufzunehmen. Die kann sie wiederum eben dieser Erscheinung an unregelmäßig verteilten Schreinen kredenzen - und im Gegenzug neue Fertigkeiten erhalten. Hier wird weitestgehend Hack 'n Slay-Standard geboten - unsere Heldin erlernt diverse Schadenszauber, weitere Kampftechniken oder wenige Spezialmanöver, wie die Möglichkeit, sich an fliegende Bösewichte zu klammern. Absolut kein Genrestandard ist die Tatsache, dass beinahe alle gekauften Techniken auch zwingend eingesetzt werden müssen, um auf Dragon Land zu überleben. Erfrischend!
Leider gestaltet sich dies nicht so einfach, wie es sollte. Während meiner Testsession versenkte ich meine Zähne des Öfteren in einer nahe gelegenen Tischplatte, weil Ayumi meinen Eingaben partout nicht folgen wollte. Jenes Problem tritt unregelmäßig, meist aber in den unpassendsten Momenten auf. Etwa, sobald ein übergroßes Konstrukt im Begriff ist, euren Kiefer mit einem nicht minder riesigen Hammer neu auszurichten. Oder wenn sich euer ausgesprochen labiler Lebensbalken kontinuierlich leert, sich die Schatzjägerin jedoch beharrlich weigert, eine rettende Health-Ladung zu benutzen. Nicht selten kommt es in diesen Augenblicken auch vor, dass man panisch auf den zuständigen Button hämmert und unnötigerweise zwei der wertvollen Ladungen am Stück einwirft. Murphys Gesetz lässt grüßen.
Nachdem ihr den, vorwiegend aus linearen, jedoch abwechslungsreichen Levels bestehenden, Story Mode beendet und sämtliche Tagebücher (die einzigen Sammelgegenstände) gefunden habt, versucht Blades, euch mit einem spartanischen Multiplayer-Modus bei der Stange zu halten. Dort könnt ihr einzelne Karten des Storymode (nicht aber die komplette Kampagne) mit einem geneigten Mitspieler nochmals bewältigen. Spieler 2 schlüpft dabei in die Rolle von Großschwertschwinger Zero. Alternativ besteht außerdem die Möglichkeit, diese Maps im PvP-Modus zu erleben. Neben Ayumi und ihrem Partner steht hier obendrein Michelle bereit, um euren menschlichen oder KI-gesteuerten Kontrahenten auf die Mütze zu geben. Macht insgesamt Spaß, bietet allerdings keinerlei Langzeitmotivation.
Technisch liegt Blades of Time im gehobenen Mittelfeld; gegen Genreperlen wie Bayonetta oder Castlevania: Lords of Shadow sieht es in dieser Hinsicht keinen Stich. Verwaschene Texturen, künstlich wirkende Gesichtsanimationen (inklusive grottenschlechter Lippensynchro) und quasi nicht vorhandene Physik-Engine sind schlicht nicht mehr zeitgemäß. Zumindest teilweise versöhnt wird der geneigte Spieler durch ansehnliche Effekte und eine stimmige Levelgestaltung. Im Soundbereich bietet Blades ebenfalls absoluten Standard. Einlullende Fantasyklänge in ruhigen Abschnitten, anpeitschende, etwas härtere Stücke, sobald sich unsere Heldin mit garstigen Kreaturen herumplagt. Stets zum Level und zur Situation passend, aber nichts, was einem Spieleveteranen die Freudentränen in die Augen treibt. Als zum Heulen offenbart sich allerdings die deutsche Synchronisation. Spielt möglichst mit englischer Sprachausgabe.
Blades of Time präsentiert sich in beinahe jeder Hinsicht als gehobenes Mittelmaß. Könnt ihr all die Bayonettas, Castlevanias oder Devil May Crys nicht mehr sehen und hungert nach frischer Hack 'n Slay-Kost, dürft ihr hier bedenkenlos zugreifen. Selbiges gilt für Fans des Vorgängers, die sich mit dem realistischen Grafikstil abfinden können. Erwartet aber kein durchdachtes, perfekt spielbares Meisterwerk. Dieser Titel spiegelt den Budgetpreis, zu dem ihn Konami auf den Markt wirft, deutlich wider.