„Heute war ein merkwürdiger Tag. Nach dem Frühstück erteilte mir der Geist meines Urahnen stundenlang schlaue Ratschläge zum Thema Monarchie. Anschließend brachte mir mein Onkel den Umgang mit dem Schwert und dem Bogen bei. Abends tauchte eine gruselige Gestalt mit rotem Umhang auf, die sich Morgrimm nannte. Der Fiesling klaute allerlei magischen Schnickschnack aus unserem Schloss. Dann wurde ich ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam war ich ein Skelett aber trotzdem nicht tot. Mein zukünftiges Königreich wurde erobert und alle Untertanen sind ebenfalls in knochige Monster verwandelt worden. Jetzt muss ich mich wohl bis in den Thronsaal durchkämpfen, Morgrimm killen und anschließend meine Menschlichkeit wieder herstellen. Ich hasse Montage!“ So oder ähnlich würde der Tagebucheintrag des jungen Prinzen Edmund klingen, der die Ereignisse der Intro-Sequenz und des Tutorials von Medieval Moves zusammenfasst.

Das Gameplay dürfte auf Move-Fans sehr vertraut wirken. Die Erklärung für dieses Phänomens ist einfach. Vor Medieval Moves arbeiteten die Programmierer des Softwarestudios Zindagi Games an Sports Champions. Die bewährten Steuermethoden aus den Disziplinen Bogenschießen und Schwertkampf wurden für das neue Produkt einfach recycled. Diese Sparmaßnahme erweist sich als Fluch und Segen zugleich. Gezielte Hiebe auszuführen ist kein Problem und auch das realitätsnahe Anvisieren sorgt anfangs für eine tolle Stimmung. Besitzer von zwei Motion-Controllern können sich freuen, denn sie dürfen Bewegungen ausführen, die echten Kampfhandlungen mit altertümlichen Vernichtungswerkzeugen erstaunlich ähnlich sind. Irgendwann fällt aber selbst diesen Hardwaresammlern auf, dass die beiden Waffen und ihre Handhabung deutlich besser zur Mini-Game-Struktur von Sports Champions passen. Bei Highscorejagden oder kurzweiligen Multiplayer-Duellen stört die Oberflächlichkeit kaum. In einem langen Abenteuer wie Medieval Moves wird es aber spätestens nach einer Stunde langweilig, die immer gleichen Bewegungen auszuführen.

Offensichtlich wussten die Game-Designer, dass etwas getan werden muss, um das endlose Skelettgemetzel aufzulockern. Einige gute Ideen haben ihren Weg ins fertige Produkt gefunden. Bosskämpfe, kurze Ziel-Spielchen unter Zeitdruck und natürlich der übliche freispielbare Krimskrams sollen dem Spiel etwas mehr Tiefgang verleihen. Leider ist keine dieser Maßnahmen originell genug, um darüber hinwegzutäuschen, dass es sich bei dem Spiel grundsätzlich um eine endlose Abfolge immer gleicher Schlachten handelt. Ein Gebiet wird betreten, Feinde die nie wirklich intelligent agieren, tauchen auf und werden abwechselnd aus der Distanz oder im Nahkampf niedergemacht.

Selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad werden die Duelle selten taktisch fordernd und das Schild kommt zur Verteidigung kaum zum Einsatz. Als ziemlich nervtötend erweisen sich die Passagen zwischen den Actionsequenzen. Hier läuft unser Protagonist nämlich ferngesteuert durch die Gegend und reagiert auf keinen Befehl. Nicht mal die Energie darf in dieser Zeit durch Einsatz des entsprechenden Extras regeneriert werden. Das ist einfach nur ärgerlich und stört den Spielfluss erheblich.

Die Multiplayer-Modi, die sowohl offline als auch über das Internet bestritten werden dürfen, bringen einige zusätzliche vergnügliche Stunden, nachdem der Story-Modus beendet wurde. Da sowohl kooperative Varianten als auch knallharte Wettbewerbe enthalten sind, werden unterschiedliche Geschmäcker bedient. Wenig nachvollziehbar ist, dass keine geradlinigen Schwertduelle, wie sie in Sports Champions zu finden sind, ausgefochten werden können. Stattdessen gibt es ausschließlich komplexere Herausforderungen, die den Einsatz der kompletten Ausrüstung voraussetzen. Bis zu drei Online-Gegnern oder einem körperlich anwesenden Zocker Skelette auf den Hals zu hetzen kann einen Abend vor der Konsole versüßen, danach greifen erfahrene PS3-Besitzer aber wieder zu direkteren Methoden um ihre Reaktionsfähigkeit oder ihr strategisches Geschick zu vergleichen.

Medieval Moves ist ein Game der untersten Preiskategorie und darum wäre es auch etwas dreist, ein grafisch aufwändiges Werk zu erwarten. Statt mit imposanten Effekten und detaillierten Charaktermodellen zu prahlen überzeugt das Spiel durch seinen ungewöhnlichen Comic-Stil. Die Mischung aus düsteren Kulissen und witzig animierten Gegnern weiß zu gefallen und auch die simplen handgezeichneten Zwischensequenzen sind sehr charmant. Lobenswert ist die Tatsache, dass Medieval Moves moderne 3D-Fernseher unterstützt. Wenn also Nachwuchs vorhanden ist, der noch nicht mit der Brutalität von Uncharted 3 oder Arkham City konfrontiert werden soll und trotzdem Interesse an plastischen interaktiven Welten hat, lohnt sich die Anschaffung.

Sowohl die deutsch- als auch die englischsprachigen Schauspieler, die den Figuren im Game ihre Stimmen geliehen haben, verdienen ein dickes Lob. Erwachsene werden zwar wenig Freude an den etwas langatmigen Dialogen haben, doch Kinder können durch den Einsatz professioneller Sprecher tiefer in die Fantasy-Welt eintauchen als in vielen vergleichbaren Games. Der Soundtrack, der größtenteils von Synthesizer-Orgeln bestritten wird, die unheilvoll und episch anmutende Melodien von sich geben, trägt viel zur interessanten Atmosphäre von Medieval Moves bei. Die Qualität der musikalischen Untermalung alter Castlevania-Teile oder eines düsteren Zelda-Dungeons wird nicht erreicht, aber manchmal erinnern die Klänge aus den Lautsprechern an diese legendären Titel.

Ich will hier nicht die hundertste Diskussion über Sinn und Unsinn von USK-Freigaben starten, aber im Fall von Medieval Moves ist das Ergebnis der Prüfung ein echtes Problem. Das grüne „ab 12“-Siegel auf dem Cover schränkt die Zielgruppe ganz erheblich ein. Offensichtlich ist das unblutige Skelettgemetzel für Kinder zu gewalttätig. Anspruchsvollere Jugendliche werden es allerdings als zu leicht empfinden und sich an den vielen Wiederholungen stören. Innerhalb eines Lebens bleibt also nur ein Zeitfenster von ungefähr zwei Jahren, um Medieval Moves genießen zu können.