Faszination 3DO: Geschichte, Hardware, Spiele

3DO

Seite 1: Die Geschichte der 3DO Company

3do_special_12William »Trip« Hawkins war bereits in den späten 70ern ein kluger Kopf der Branche. In der Marketingabteilung des noch jungen Unternehmens »Apple« lernte er das Handwerkszeug, um 1982 dem Beispiel von Activision zu folgen und einen unabhängigen Drittentwickler zu gründen - Electronic Arts. EA wurde zu einem der größten und bedeutendsten Publisher der Welt - bis heute. Nach einigen Jahren an der Spitze des mittlerweile weltweit erfolgreichen Unternehmens wandte sich Hawkins einer Vision zu, die ihn seit vielen Jahren begleitete - die Entwicklung einer eigenen Spielkonsole, welche einen einheitlichen Standard etablieren sollte.

Die Problematik der Entwicklung für viele verschiedene Plattformen plagen Entwickler nicht nur heutzutage, sondern bereits in den 80ern litt man unter unterschiedlichsten Heimkonsolen wie NES, Master System, Atari 7800 und einer Unmenge an erfolgreichen Heimcomputern. C64, Amiga, Atari ST, der IBM PC, Apple II, ZX Spectrum, CPC, die Liste war lang und EA auf nahezu jeder Plattform dabei. Die Portierungen der Spiele auf die verschiedenen Plattformen fraßen enorme Ressourcen, so dass Hawkins einen einheitlichen Standard als Chance begriff, um den Markt zu vereinheitlichen.

 
Aus diesem Grund verabschiedete sich Hawkins von EA und gründete 1991 die San Mateo Software Group (SMSG), welche kurz danach in den wohlklingenden Namen 3DO geändert wurde. 3DO stand dabei für »Three Dimensional Operation System« und deutete an, wohin die Richtung geht. Mit an Bord waren einige finanzkräftige Partner, welche Hawkins bereits aus seiner EA-Zeit kannte. LG, Matsushita/Panasonic, Time Warner, MAC, AT&T und nicht zuletzt EA selbst standen zum Start hinter dem Projekt 3DO.
 
Doch was ist der/die/das 3DO eigentlich? Der Erfinder beschreibt die Erfahrung 3DO folgendermaßen:
 
»It will be more stimulating to the human mind than any new technology since printing.«  - Trip Hawkins
 
3do_logoFassen wir es kurz: 3DO ist die Ansammlung von Spezifikationen für den Bau eines »3DO Interactive Multiplayer«. 3DO selbst plante nie eine eigene Hardware zu produzieren, sondern lizenzierte die Technologie an interessierte Hersteller wie Panasonic, Goldstar/LG, Creative Labs und Sanyo. Diese Hersteller stellten auf Basis der festgelegten Hardwaredaten eigene 3DO-Player her, auf denen alle 3DO-Spiele, Musik CDs, Photo CDs und mit Add-On Video CDs nach MPEG1 Standard abgespielt werden konnten. Hawkins Vision sollte so aussehen, dass die Industrie diesen Standard adaptiert und jede Hardware auf einheitlichen Daten basiert, ähnlich standardisierter Medien wie VHS oder Redbook Audio (CD).

Dabei waren die Hardware-Lizenznehmer nicht dazu verdammt eine Spielkonsole herzustellen. Creative Labs entwickelte einen PC-Steckkarte mit 3DO Hardwaredaten, den 3DO Blaster. Andere Lizenznehmer wie Atari Games planten Arcade-Automaten auf 3DO-Basis, Navi-Systeme (Toshiba) oder Kabelreceiver (Scientific-Atlanta). Letztendlich brachten lediglich Panasonic (FZ-1 und FZ-10), Goldstar und Sanyo stationäre 3DO-Systeme auf den Markt, Creative Labs blieben mit dem 3DO Blaster der einzige Hersteller, der etwas anderes als eine Spielkonsole veröffentlichte.
 
Eine andere - inoffizielle - Bezeichnung für 3DO existierte ebenfalls: »Three Dollars only«. Dieser Satz bezog sich auf die Lizenzgebühr für jedes verkaufte Spiel, was der Publisher eines 3DO Spiels an die 3DO Company abzuführen hatte. Die Lizenzgebühr war damit vergleichsweise gering, die Konkurrenz aus dem Hause Nintendo oder SEGA verlangten rund 10$ pro Spiel. So konnte man unentschlossene und kleine Entwickler mit geringen Kosten locken, was nicht zuletzt zu einer Menge schlechter Ports und fragwürdiger Billigentwicklungen wie z.B. »Plumbers don‘t wear ties« führte.

Die Etablierung des geplanten Standards sollte nicht gelingen, das war kein Geheimnis. Die 3DO-Technik hatte ein hausgemachtes Problem: Der Preis. Der erste 3DO Player von Panasonic erschien im Oktober 1993 in den USA für sagenhafte 600$. Ein SNES kostete zu diesem Zeitpunkt in den USA 149$, so dass der 3DO weit außerhalb der Finanzierbarkeit für die damals noch deutlich jüngere Gaming-Zielgruppe lag. Selbst der Konkurrent Atari verlangte für seine 64-Bit-Konsole Jaguar zum Start im November 1993 nur 249$. Doch warum war das Problem hausgemacht? Die Antwort liegt im Lizenz-System. Normalerweise verkauft ein Hersteller einer Plattform diese unter dem Herstellungspreis, er subventioniert die Hardware, um möglichst viele Käufer der Konsole anzulocken. Die Gewinne werden durch Lizenzgebühren bei der Software erwirtschaftet. Da die Hardware-Lizenznehmer von 3DO aber keine Lizenzerlöse aus Spielen erhielten, mussten sie ihre Hardware mit Gewinn verkaufen. Da die beeindruckende 32-Bit-Architektur des 3DOs mit Double-Speed-CD-Laufwerk aber teuer in der Herstellung war, konnten die Lizenznehmer die 3DO-Player nicht günstig anbieten. Zwar fielen auch die Preise für 3DO-Player recht schnell, doch blieb man stets über dem Preisniveau der Konkurrenzplattformen Playstation und SEGA Saturn, welche zudem mit modernerer Technologie und zugkräftigen Lizenzen aufwarten konnten. So fristete das 3DO ein Schattendasein neben PS1 und Saturn. Man schlug zwar den US-Konkurrenten Atari in Sachen Verkaufszahlen, blieb aber mit geschätzten 2 Millionen verkaufen Einheiten weit hinter den Erwartungen. Recht zeitig wandte man sich der Entwicklung eines Nachfolgers zu, dem M2 oder auch »Bulldog« genannt. Das M2 wurde auf der E3 1995 der Öffentlichkeit präsentiert und bot eine beeindruckende 64-Bit-Architektur. Mit vorgerenderten Demos wollte man dem Auditorium eine spektakuläre Show bieten, die Präsentation den M2 findet ihr hier im Video.
 

E3 1995 Pressekonferenz - Trip Hawkins zum 3DO Status
 
Durch die weiter stagnierenden 3DO-Verkäufe entschloss man sich 1996 das Hardwaregeschäft aufzugeben, verkaufte die Hardwarerechte am M2 an Matsushita und besann sich auf das Entwickeln von Spielen für die Konkurrenzplattformen und den PC. Matsushita verwendete die M2-Lizenz nicht mehr im Heimbereich. Das M2 wurde begraben, die Technik kam in Präsentationsgeräten von Autohäusern oder als Touchscreentechnik zum Einsatz. Prototypen und Vorführgeräte wie das FZ-35s des M2 sind immer noch ab und an bei Ebay zu finden.

Seite 2: Die 3DO-Player

Die 3DO-Player

 

Neben dem 3DO Blaster von Creative Labs, dem wir hier ein eigenes Special widmen, sind insgesamt fünf 3DO-Modelle erschienen, deren Besonderheiten wir hier ein wenig herausstellen wollen.
 
Alle 3DO Player haben die Gemeinsamkeit, dass sie nur einen Controllerport besitzen. Jeder Controller des 3DO hatte einen zusätzlichen Controller-Anschluss am Gehäuse, so dass bis zu 8 Controller hintereinander geschaltet werden konnten. Ein klasse Feature, welches Multitaps überflüssig machte, aber nie wieder bei einer Konsole verwendet wurde. Des Weiteren verfügt jeder 3DO Player über ein 32kb großes Backup-RAM, das Spielstände speichert. Speichererweiterungen sind erschienen, jedoch äußerst rar und nicht untereinander kompatibel.
 
Panasonic
 
FZ-1
 
3do_special_7Das FZ-1 Modell von Panasonic ist der erste weltweit veröffentlichte 3DO-Player. Das Gerät erschien im Oktober 1993 in den USA für 599$. 1994 folgten PAL- und Japan-Versionen. Das FZ-1 bietet ein Frontloader-Laufwerk und ein besonders attraktives Gehäusedesign, welches wie auf 4 Säulen thront. Leider bietet das FZ-1 noch keine Möglichkeit im System das Save-Ram zu verwalten, so dass auf die Demo CD, den Game Guru oder Spiele mit integrierten System-Ram Manager zurückgegriffen werden muss. Das FZ-1 wurde mit verschiedenen Spielen im Bundle verkauft und mit einem Controller ausgeliefert, der einen Kopfhöreranschluss bot. Das Panasonic FZ-1 wurde später vom FZ-10 abgelöst.
 
FZ-10
 
3do_special_8Der Panasonic FZ-10 ist die preisgünstigere Toploader-Variante des FZ-1. Der FZ-10 löste Ende 1994 das FZ-1 ab. Die technischen Daten sind identisch, lediglich an der Hardware wurde gespart. Erfreulicherweise wurde das Bios ebenfalls geupdated, so dass der FZ-10 nun einen Save-Ram-Manager an Bord hat, der die Verwaltung von Spielständen erweitert. Der FZ-10 ist in den USA, Europa und Asien erschienen. Der Controller wurde ebenfalls verschlankt. Das Steuergerät ist etwas geschrumpft, der Kopfhöreranschluss fiel der Schere zum Opfer. Trotzdem ist das FZ-10-Pad das wohl gelungenste aller 3DO-Controller.
 
Goldstar
 
GDO 202
 
Das Goldstar-Modell wurde im Jahre 1994 veröffentlicht, wenige Monate nach Panasonics FZ-1. Das Goldstar Modell kostete zum Start 399$ und war damit deutlich günstiger als der Panasonic-Konkurrent. Dafür sparte Goldstar ein wenig an Verarbeitung und Ausstattung. Zwar ist auch der GDO-202 ein Frontloader, doch neigte das Laufwerk zur Dejustierung. Einige Modelle waren auch nicht in der Lage CD-Rs zu erkennen. Genau wie der FZ-1 verfügt das Goldstar-Modell über keinen internen Save-RAM-Manager, so dass auch hier zum Game Guru oder In-Game-Manager gegriffen werden muss. Der Controller des GDO-202 besticht durch ein hakeliges, viel zu großes Steuerkreuz und einen Kopfhöreranschluss mitsamt Lautstärkeregler. 
 
Alive II
 
3do_special_1Der 3DO Alive II ist ausschließlich in Südkorea erschienen und wenig Details sind bekannt. Das Gerät ist ein Toploader in einem völlig neuen Gehäuse und in der westlichen Welt extrem schwer zu finden. Wer ein Alive II sucht, braucht entweder Geduld oder gute Kontakte nach Südkorea. Neben dem Alive II gibt es einige exklusive koreanische Games, wie Firewall, Armageddon und Battle Blues. Zwei Games können als Reproduktionen hier bestellt werden.
 

Sanyo:
 
3do_special_10Der Sanyo TRY ist ausschließlich in Japan erschienen und somit für westliche Gefilde deutlich teurer als die Panasonic- und Goldstar-Modelle. Auffällig ist neben der gewellten Gehäuseoberseite das Frontloader-Laufwerk. Dieses fährt sich komplett inklusive Leseeinheit aus dem Gehäuse, was das Laufwerk besonders anfällig macht. Warum sich die Designer für diesen ungewöhnlichen Schritt entschieden haben, ist nicht bekannt. Ansonsten bietet das Sanyo TRY keine Besonderheiten, der Controller ist identisch mit dem Panasonic FZ-1, lediglich ein Sanyo-Aufdruck wurde verwendet.
 
Zubehör:
 
3do_special_3Das Zubehörangebot für den 3DO ist vielfältig und auch etwas verwirrend, da unterschiedliche Modelle von unterschiedlichen Herstellern erschienen sind, sind verschiedene Zubehörteile wie MPEG-Karten nur für bestimmte Modelle kompatibel. So kann die MPEG-Karte für das Goldstar nicht an einem Panasonic verwendet werden, die 256kb Save-Ram-Erweiterung funktioniert hingegen an mehreren Geräten.

Neben diversen Controllern von Drittherstellern ist in Japan ein Arcade-Board erschienen, welches mit Mikroschaltern am Stick glänzt - ideal für Super Street Fighter II oder Samurai Shodown. Ansonsten versorgte American Laser Games die 3DOler mit vielen FMV-Shootern für die es natürlich den passenden Peacekeeper-Revolver gab. Wer mit den 3DO-Controllern nichts anfangen konnte, der hatte die Möglichkeit mittels 3DO-Zero-Adapter SNES Controller am 3DO zu verwenden. 

Seite 3: Spiele und Faszination 3DO

Das Spieleangebot auf dem 3DO

 
3do_special_15Die 3DO Hardware wurde auch aufgrund ihrer niedrigen Lizenzgebühren zur Sammelstelle obskurer Softwareexperimente. Neben obligatorischen Ports von Computerklassikern wie Syndicate oder Theme Park oder AAA-Titeln wie Super Street Fighter II oder FIFA Soccer schockte das 3DO die Spielerschaft mit vielen teils mehr oder weniger bizarren FMV-Adventures. Plumbers don‘t wear ties, Snow Job oder The Deadalous Encounter sind in dieser Form nur auf dem 3DO zu genießen.

Viele Games für das 3DO sind konsolenexklusiv und sonst nur auf dem PC erschienen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass viele PC-Developer die niedrigen 3DO Lizenzgebühren nutzten, um einen weiteren Absatzkanal zu generieren.

Doch nicht nur Softwareschund fand so den Weg auf die Konsole, sondern auch absolute PC-Klassiker wie Star Control II und den ersten Teil von Alone in the Dark, welche ansonsten nur auf dem PC spielbar sind. Wer auf 2D-Shooter steht, sollte das 3DO meiden, es gibt nicht ein einziges Shooting-Game auf der Konsole. Zumindest an der JRPG Front glänzt der 3DO mit zwei exklusiven Perlen: Luciennes Quest und Guardian War. Beide Spiele sind auf Englisch nur auf dem 3DO erhältlich, Luciennes Quest erschien als »Sword & Sorcery« auch auf japanisch auf dem Sega Saturn.
 
3do_special_6Ein weiteres Highlight der 3DO Bibliothek ist die Erwachsenenunterhaltung. Die Porno Industrie brachte etliche Softcore-Spielchen auf den 3DO, welche aber meist nur aus aneinandergereihte Videosequenzen auftreten. Interaktive Erotik-Film-Spiele wie Neurodancer oder das völlig kultige Plumbers don‘t wear ties runden das Angebot ab.
 
Da der 3DO auch in Japan erschienen ist, gibt es auch Software aus Asien. Neben obligatorischen Pferderenn-Sims sind auch einige Highlights wie WARPs exklusive Minispielsammlung Short WARP, der Survival Horror Shocker Dr. Hauzer oder Hideo Kojimas Policenauts erschienen.
 

Faszination 3DO?

 
3do_special_14Das 3DO genießt heutzutage unter Sammlern und Spielern ein stiefmütterliches Ansehen. Weder steht ein klangvoller Name wie »Commodore« oder »Atari« auf dem Gerät, noch verfügt der 3DO über exklusive Must-Have-IPs, mit denen man heute noch das Gerät verbindet.

Doch der Interactive Multiplayer hat einige interessante Dinge zu bieten, die den ein oder anderen Sammler interessieren könnten. Wer ein Faible für FMV-Games aus den 90ern hat, kommt am 3DO nicht vorbei. Adventures, Shooter, Racer - alles gibst bestückt mit realen Schauspielern.

Neben einigen Klassikern wie Need for Speed oder das grandiose Wing Commander III besticht der 3DO durch sein großes Portfolio an konsolenexklusiven Games, die es sonst nur auf PC gibt. Auch die exklusiven Ego-Shooter Killing Time und Escape from Monster Manor sind mehr als einen Blick wert. Eine skurrile Japan-Bibliothek rundet das Angebot ab. Wer als Sammler einen Forscherdrang hat, ist mit dem 3DO auch gut bedient. Viele Games sind im Web schlecht bis gar nicht dokumentiert, so dass man teils völlig unvorbereitet an Games herangehen kann und die ein oder andere interessante Entdeckung machen - etwas was beispielsweise auf dem SNES unmöglich ist.
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Forum
  • von snake085:

    Ja das Spieleangebot scheint wirklich sehr interssant und auch exotisch zu sein. Scheint ja besonders viele FMV Spiele für diese Konsole zu geben, und ich mag diese Art von Adventures irgendwie. Auch wenn von diesem Genre nur einen Titel gezockt, habe das Akte X FMV Spiel für den PC, was echt...

  • von CD-i:

    Danke für das Lob. Ist wirklich eine interessante Konsole mit stark alternativem Spieleangebot. Ich sammel immer noch gern für das Gerät.

  • von snake085:

    Sorry das ich den Thread ausgrabe. Möchte aber ein Lob dalassen da der Artikel ja wirklich sehr gut und interssant geschrieben worden ist. Der 3do ist ja damals völlig unter meinem Radar gefolgen.Als der rauskam, war ich noch ein reiner Gameboy Spieler. Meine erste Heimkonsole war ja das N64...

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