Das macht auch gerade die doch recht kurze Kampagne aus. Vanguard bietet eine Menge Abwechslung durch die verschiedenen Teammitglieder, die natürlich Serientypisch alle ein bisschen Over the Top geschrieben sind. Aber die unterschiedlichen Missionsarten machen die Abenteuer von Truppführer Arthur Kingsley und dessen Soldaten so kurzweilig, auch wenn das Missionsdesign zu jeder Zeit klassisch bleibt und keine Experimente wagt. Vom Absprung in der Normandie über einen Besuch in das verschneite Stalingrad bis hin zur Schlacht von El Alamein in der Wüste Afrikas ist alles dabei.
Jedes Mitglied des Trupps war dabei schon vor dem von außen betrachteten Himmelfahrtskommando ein Held, und in den Rückblenden soll deutlich werden warum. So nimmt es die Scharfschützin Polina etwa im Alleingang mit einer Übermacht in Stalingrad auf, nachdem sie ein Schicksalsschlag ereilt hat. Fliegerass Wade Jackson wirft hingegen entscheidende Bomben während der Schlacht von Midway ab und Lucas Briggs schafft es als Underdog ebenfalls quasi als One Action Hero, den Sieg der Alliierten in der Wüstenschlacht sicherzustellen.
Es sind eben diese bekannten und überspitzten Helden eines Call of Duty, und hätte man den einzelnen Figuren etwas mehr Zeit gegeben, hätte sich dieser Trupp auch in den Augen des Spielers als solches entwickeln können. Es ist nämlich ein bunter Haufen aus den Alliierten, die rollentypisch nicht unangenehmer für einen Nazibösewicht sein könnten. Eine russische Frau als beste und gefürchtetste Scharfschützin Russlands, ein Australier, der schon in seiner eigenen Kompanie als Außenseiter gehandelt wurde und ein afroamerikanischer Brite, der scheinbar das Kommando über sie alle hat.
Hier hätte es so viel mehr Zündstoff für damalige und teils auch heutige Gesellschaftskritik geben können. Vanguard bleibt aber in dieser Disziplin viel zu blass, greift die Themen immer nur kurzzeitig auf, nur um sie dann wieder links liegen zu lassen. Hier hätten die Entwickler wirklich mal einen drauf setzen können, zumal dies der erste Teil der Reihe ist, der in der Kampagne ungekürzt in Deutschland erscheint. Das bedeutet, man spielt wirklich gegen Nazis, mit aller Brutalität und den klassischen Nazi-Symbolen. Mit dieser Kulisse und den wirklich ansprechenden Ansätzen hätte ich hinten raus einfach noch einen Tick mehr Tiefgang erwartet.
Das Gunplay hingegen ist immer noch über jeden Zweifel erhaben, auch wenn ich finde, dass die Waffen aus Cold War etwas mehr Wumms hatten. Die Riesenauswahl gab es eben im Zweiten Weltkrieg nicht, so läuft man abgesehen von Polina eigentlich immer mit den immer gleichen Sturmgewehren herum. Erfreulich ist jedoch, dass die Mechaniken aus Modern Warfare zurückgekommen sind. Es ist also wieder möglich, hinter einer Deckung die Waffe aufzusetzen und über diese zu zielen. Darüber hinaus kann nur auch blind gefeuert werden, was jedoch auf dem normalen Schwierigkeitsgrad nicht unbedingt oft eingesetzt werden muss.
Trotzdem sind manche Missionen knackig und schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad wird man hier das eine oder andere Mal ins Gras beißen. Es war allerdings nie so frustrierend, dass ich das Pad gegen die Wand geschmissen hätte. Insgesamt ist die Kampagne wirklich atmosphärisch und kurzweilig, das Gameplay geht eben keine Risiken ein. Hier mal eine Schleich Mission, da mal die typischen geskripteten Szenen. Auch die respawnenden Gegner, bis man eine unsichtbare Linie überschritten hat, sind wieder mit von der Partie. Alles in allem eine Standard CoD Kost würde ich sagen.
Ähnliches lässt sich übrigens auch vom Multiplayer behaupten. Große Überraschungen sucht man auch vergebens. In klassischen Modi ballern wir uns gegenseitig über den Haufen. Vanguard wirkt dabei wieder ein klein bisschen schneller als Cold War. Die Time to Kill ist niedrig, so dass kleinere Waffen mit wenigen Schüssen ebenfalls das Ableben bedeuten. Auch wenn sich diese scheinbar durch die 3 Modi “Taktisch”, “Angriff” und “Blitz” einstellen lässt, wirken alle Kämpfe vor allem auf den engen Karten sehr hektisch. Vielleicht bessert Sledgehammer hier nochmal nach und macht den Taktischen Modus etwas taktischer.
Die Mapauswahl ist mit zum Start verfügbaren 16 Karten hingegen durchaus üppig. Und da auch hier durch Updates noch mehr dazukommen sollte, wird die Zeit zeigen, ob sich der Multiplayer von Vanguard behaupten kann, und neben Warzone Cold War und den immer noch gespielten Modern Warfare Multiplayer ablöst. Hier gilt Ähnliches wie bei der Kampagne. Vanguard geht wenig Experimente ein und macht das bekannte CoD-Multiplayer Gemetzel nur noch schneller. Wer mit den Vorgängern seinen Spaß hatte, wird auch hier auf seine Kosten kommen.
Insgesamt muss man sagen, dass die Call of Duty Reihe schon seit ein paar Jahren ein wenig stagniert. Interessant wird sicherlich zu schauen, wie sich der Multiplayer von Vanguard entwickelt und vor allem, wie die Integration in Warzone gedacht ist beziehungsweise was mit Warzone in den nächsten Jahren abseits der Hauptteile passiert. Hier gab es ja bereits Gerüchte zu einem neuen Modus, der wie der Hazard Zone Modus im neuen Battlefield eine Art PvPvE einführen könnte. Das wäre neben den Battle Royal Modi eine wirklich willkommene Abwechslung!
Call of Duty Vanguard ist ein durchaus unterhaltsamer Shooter geworden und bringt ein klassisches CoD Erlebnis, aber eben nicht mehr und nicht weniger. Das Rad erfindet es sowieso nicht neu, doch vielleicht ist es momentan genau das, was die Fans gerne hätten. Die Zukunft wird zeigen, wie es mit dem Franchise weiter gehen wird.